Widerrufsrecht

DocMorris muss Arzneimittel zurücknehmen

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Berlin -

Die Versandapotheke DocMorris darf den Widerruf nicht grundsätzlich ausschließen. Das hat das Berliner Kammergericht im Verfahren gegen den Verbraucherzentrale Bundesverband entschieden.

Der VZBV hatte DocMorris abgemahnt und gefordert, dass bei jeder Bestellung die Telefonnummer des Kunden abgefragt wird und dieser über das Recht auf einen Rückruf informiert wird. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Versandapotheke waren Medikamente vom Widerruf grundsätzlich ausgeschlossen.

Das Rückgaberecht bei Arzneimitteln ist im Versandhandel ein dauerhaftes Streitthema – neu entfacht mit Inkrafttreten der EU-Verbraucherrichtlinie im Juni 2014. Vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sind seitdem „Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde“ sowie „Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde“.

Noch ist nicht höchstrichterlich entschieden, ob dies auf den Versand von Arzneimitteln zutrifft. Andererseits stehen die Vorschriften von Apothekengesetz (ApoG), Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) und Arzneimittelhandelsverordnung (AM-HandelsV) dem Wiederinverkehrbringen retournierter Ware entgegen. Zuletzt hatte das Oberlandesgericht Naumburg (OLG) in einem Verfahren um Apotal entschieden, dass ein genereller Ausschluss des Widerrufsrechts bei apotheken- und verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unzulässig ist.

Auch DocMorris hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass eine Rückgabe aus Sicherheitsgründen nicht möglich ist, da Arzneimittel dann nicht mehr verkauft werden könnten und entsorgt werden müssten. Doch die Richter schlossen sich der Auffassung des VZBV an, dass die Klausel in den AGB unwirksam ist.

Bei DocMorris hieß es wörtlich: „Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, u.a. nicht bei folgenden Verträgen: Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde. Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.

Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Hierzu gehören auch Arzneimittel. Da wir nicht überprüfen können, ob nach der Lieferung ein sachgemäßer Umgang mit den Medikamenten gewährleistet war, kommen diese nicht mehr in den Handel und werden zu Ihrer Sicherheit entsorgt. Aus diesem Grund ist bei Arzneimitteln die Widerrufsmöglichkeit ausgeschlossen.

Des Weiteren hat das Gericht entschieden, dass Versandapotheken bei einer Bestellung immer eine Telefonnummer des Kunden erfragen müssen. Dies sei wichtig, um eine kostenlose Beratung durch pharmazeutisches Personal gewährleisten zu können. Das alleinige Angebot einer kostenlosen Telefon-Hotline sowie Video-Chats reiche nicht aus. „Die Abfrage der Telefonnummer ist eine eindeutige gesetzliche Vorgabe,“ sagt Heiko Dünkel Rechtsreferent bei dem VZBV. „Sie dient dazu, dass auch Online-Apotheken ihre Beratungs- und Aufklärungspflichten erfüllen können.“ Es reiche nicht aus, lediglich auf Fragen von Kunden zu reagieren.

Das Kammergericht stellte ebenfalls klar, dass sich das niederländische Unternehmen beim Vertrieb von Arzneimittel in Deutschland auch an die hiesigen Vorschriften halten muss: „Als in Deutschland tätige Versandapotheke unterliegt sie den deutschen Vorschriften unabhängig davon, was nach ihrem Heimatrecht gilt.“ Das Kammergericht hat eine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) nicht zugelassen.

Insgesamt 20 Versandapotheken hatte der VZBV im vergangenem Jahr unter die Lupe genommen. Geprüft wurde unter anderem die kostenfreie Beratungsmöglichkeit am Telefon, die gesetzlich vorgeschrieben ist. In den meisten Fällen hätten sich die abgemahnten Versender einsichtig gezeigt und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Doch in vier Fällen musste der VZBV erst vor Gericht ziehen.

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