Austauschbare Darreichungsformen

Eine Tablette ist eine Kapsel, aber kein Dragee

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Berlin -

Apotheken sind bei der Rezeptbelieferung zur Abgabe des preisgünstigsten Arzneimittels gemäß §129 Absatz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V verpflichtet. Es sei denn, der Arzt hat den Austausch ausgeschlossen, oder es besteht ein Rabattvertrag. Tauscht die Apotheke aus, muss jedoch auf mehr als nur auf Wirkstoff, Stärke und Packungsgröße geachtet werden.

Soll durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ersetzt werden, müssen die verordnete Wirkstärke und Packungsgröße identisch sein. Das Arzneimittel muss außerdem in mindestens einem Anwendungsgebiet mit dem verordneten Medikament übereinstimmen. Als weiteres Kriterium gilt die gleiche oder vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) als austauschbar eingestufte Darreichungsform.

Die Institution hat unter Berücksichtigung der therapeutischen Vergleichbarkeit in der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen festgelegt. Aufgeführt sind diese im Teil A der Anlage VII. Der G-BA hat den Austausch entsprechend geprüft und freigegeben. Als gleich gelten nach § 4 Rahmenvertrag zudem Darreichungsformen mit identischer Bezeichnung in den Preis- und Produktinformationen nach § 2.

So gelten für den Schleimlöser Acetylcystein Filmtabletten (dispers), Kapseln, Tabletten und Lutschtabletten als gegeneinander austauschbar. Brausetabletten können hingegen laut G-BA nur gegen ein Granulat im Beutel, Pulver im Beutel zur flüssige Anwendung oder Trinktabletten zur flüssigen Anwendung ausgetauscht werden. Trotz unterschiedlicher Freisetzung können Aripiprazol-Tabletten gegen Schmelztabletten ausgetauscht werden. Gleiches gilt für Zolmitriptan: hier gelten Film- und Schmelztabletten sowie Tabletten als gegeneinander austauschbar.

Für das Benzodiazepin Lorazepam heißt es ebenfalls: Tablette und Expidettäfelchen sind identisch und gegeneinander austauschbar. Jedoch zeigen sich zwei Probleme: Zum einen sind Fehler in der Anwendung möglich, denn die Tabletten müssen mit Wasser geschluckt werden, die Täfelchen hingegen werden in den Mund gelegt und zergehen augenblicklich. Die Resorptionsraten von Tabletten und Täfelchen bei oraler Gabe schwanken zwischen etwa 11 und 40 Minuten. Wobei die Täfelchen einen Wirkeintritt nach wenigen Minuten aufweisen und daher auch in Notfällen verabreicht werden können. Die Resorption findet hier bereits über die Mundschleimhaut statt, das Lorazepam aus den Tabletten wird jedoch über den Magen-Darm-Trakt resorbiert.

Auch bei Diclofenac können verschiedene Retardformulierungen trotz unterschiedlicher Freisetzung gegeneinander ausgetauscht werden: „Retarddragees, Retardkapseln, Retardkapseln schnell, SL-Retardkapseln, Retardtabletten und Retardtabletten, schnell“. Ein Beispiel zeigt den Unterschied: Diclo 75 mg SL von Ratiopharm enthält zwar 75 Diclofenac, jedoch nicht voll retardiert. In magensaftresistenter Form liegen 25 mg des Wirkstoffes vor, die verbleibenden 50 mg sind retardiert. Ein Teil des nichtsteroidalen Antirheumatikums (NSAR) flutet demnach schneller im Körper an. Das Präparat von 1A Pharma setzt 12,5 mg schnell frei und 62,5 mg verzögert. Kade und Microlabs haben Präparate ausschließlich mit verzögerter Freisetzung auf dem Markt – und doch sieht der G-BA sie als identisch an.

Tabletten und Kapseln gelten unter anderem bei Doxycyclin, Ibuprofen, Folsäure, Flunitrazepam oder Cefaclor als austauschbar. Strenger sieht es der G-BA beim Austausch von Filmtabletten und Dragees mit der Wirkstoffkombination Levonorgestrel und Ethinylestradiol. Hier darf nicht gegeneinander ersetzt werden.

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