Wenn der Bauch verrückt spielt

Dysmotilitäten im Verdauungstrakt

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Berlin -

Sämtliche Beschwerden rund um den Magen-Darm-Trakt hängen mit ihnen zusammen: Motilitätsstörungen im Bauchraum. Doch was genau steckt eigentlich dahinter und was macht diese Bauchbewegungen aus? Und in welchen Fällen ist die Motilität Auslöser für Bauchschmerzen, Übelkeit und Co?

Als Motilität werden die Vorgänge des rhythmischen Zusammenziehens und Entspannen der Muskelgewebe von Magen und Darm bezeichnet. Wichtig ist hier zwischen der viszeralen Motilität, also Darmmotilität oder Peristaltik und der zellulären Motilität wie Spermienmotilität oder Motilität von Makrophagen zu unterscheiden. Ist die viszerale Motilität eingeschränkt spricht man auch von gastrointestinalen Motilitätsstörungen. Dahinter kann sowohl eine zu starke Bewegung, zum Beispiel durch verkrampfende Muskeln, aber auch eine verringerte Beweglichkeit durch zu wenig Spannung der Muskeln stecken.

Koordiniert wird die Motilität vom enterischen Nervensystem (ENS), auch Darmnerven- oder intramutales System genannt. Es besteht aus mehr als 100 Millionen Nervenzellen und steuert die Motilität autonom, also unabhängig vom zentralen Nervensystem (ZNS). Das ENS besteht aus zwei Nervengeflechten, welche in die Darmwand eingebettet sind: Plexus myentericus, auch als „Auerbach-Plexus“ bekannt und Plexus submucosus alternativ auch als „Meissner-Plexus“ bezeichnet. Ersteres liegt zwischen Ring- und Längsmuskelschicht und reguliert neben der Darmmotilität auch Sekretion von Enzymen in das Darmlumen. Der Plexus submucosus liegt intramutal, wie der Name verrät in der Submukosa. Auch er kontrolliert die Peristaltik. Außerdem ist er auch an der Regulation immunologischer Vorgänge beteiligt.

Leichtere intestinale Motilitätsstörungen sind außerordentlich häufig und betreffen allein in Deutschland Millionen von Menschen. Die meisten Beschwerden liegen im Rahmen akuter gastrointestinaler Infekte vor. Aber auch die Anzahl von Chronikern, zum Beispiel im Rahmen eines Reizdarmsyndroms oder unterschiedlicher Nervenkrankheiten ist hoch. Eine typische Symptomatik gibt es nicht. Die Motilitätsstörungen äußern sich vielfältig: Meistens klagen Betroffene über Magenschmerzen, Bauchkrämpfe, Blähungen, Verstopfung, Durchfall oder Übelkeit und Erbrechen. Auch Sodbrennen ist nicht selten: Durch eine verminderte Bewegung der Magen-Muskulatur wird Speisebrei vermindert abtransportiert. Das Hohlorgan ist bis oben gefüllt und der saure Magensaft steigt eher in die Speiseröhre auf.

Viele Probleme mit der Motilität liegen aufgrund falscher Ernährung vor. Um herauszufinden, ob eine eventuelle Unverträglichkeit der Grund dafür ist, kann das Führen eines Ernährungsprotokolls über mehrere Tage bis Wochen aufschlussreich sein. Auch stressige Phasen können auf die Art dokumentiert werden und Auskunft geben. Generell sollte auf eine ausgewogene Ernährung geachtet werden und schwere, fettige Mahlzeiten vermieden werden. Auch langsames Kauen und viel Zeit für das Einnehmen der Speisen unterstützen Magen und Darm ungemein. Zusätzlich können pflanzliche Arzneimittel zum Beispiel mit der Bitteren Schleifblume oder Kamille die Bewegungen in Magen und Darm regulieren und gleichzeitig empfindliche Nerven beruhigen.

Bei anhaltenden oder besonders heftigen Beschwerden sollte immer ein Arzt aufgesucht und eine passende Behandlung in Anspruch genommen werden. Als Folge einer schweren Motilitätsstörung im Magen kann es sonst unter Umständen zu einer Magenlähmung (Gastroparese) kommen. Bei dieser Erkrankung besteht keine oder nur noch eine unzureichende Magenbewegung: Die Magenmuskulatur ist meist nicht ausreichend gespannt und kann daher ihrer Funktion nicht mehr nachkommen. Der Nahrungsbrei wird schlechter durchmischt und der Magen unvollständig oder gar nicht entleert. Betroffene fühlen sich schon nach kleinen Mengen Essen voll und müssen sich unter Umständen übergeben.

In äußerst seltenen Fällen kann es auch wegen einer Darmverengung oder einem Darmverschluss (Ileus) zu schweren Motilitätsstörungen im Darm kommen. Bei einem Darmverschluss ist die Darmpassage, also der Transport der Nahrung nicht mehr möglich. Gründe dafür sind zum Beispiel ein Fremdkörper wie ein Gallenstein, der im Darm feststeckt, oder schwere Probleme mit der Muskulatur wie eine Lähmung. Ein Verschluss äußert sich durch heftigste Bauchschmerzen und Erbrechen, welche als Alarmsignal wahrgenommen werden sollten und so schnell wie möglich im Krankenhaus behandelt werden müssen.

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