Liberalisierung

Italien: Banges Warten auf die Ketten

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Berlin -

In Italien sind die von Apothekern befürchteten Massenübernahmen bisher ausgeblieben. Trotz der Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbots im vergangenen Sommer sei der italienische Apothekenmarkt nach wie vor weitestgehend stabil, heißt es von Federfarma.

Allzu optimistisch will man sich in Rom dennoch nicht äußern: „Wir erwarten, dass bald große Ketten auf den italienischen Apothekenmarkt drängen“, so ein Sprecher. Hoffnung hingegen macht dem italienischen Verband die Größe der heimischen Branche. „Es dürfte nicht so einfach sein, auf einem so großen Markt schnell zu wachsen.“ Bisher seien rund 500 der ungefähr 18.500 Apotheken Italiens im Besitz von Ketten oder anderen Unternehmen, ungefähr 200 davon seien seit der Reform übernommen worden. Genaue Daten zu Übernahmen, Eigentümerstrukturen und ähnlichem gebe es aber noch nicht. Nach der Liberalisierung hatte die Branche auf ein neues Steuergesetz gewartet, um Gewinne aus dem Verkauf zunächst „parken“ zu können.

Eine gewisse Hoffnung setzt Federfarma in die schwierige Regierungsbildung in Italien. Diese zieht sich derzeit noch hin, das Ergebnis der Parlamentswahl vom 4. März hat keinem der drei politischen Blöcke eine Mehrheit beschert. Kommt ein Mitte/Rechts-Bündnis an die Macht, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich die Gesetzeslage wieder zugunsten der inhabergeführten Apotheken ändern könnte.

Nach jahrelangem politischen Ringen – kurz vor Unterzeichnung bremste ein politischer Skandal das Gesetz aus – fiel im August das Fremd- und Mehrbesitzverbot. Seitdem können nicht mehr nur Approbierte eine Apotheke eröffnen, sondern jede natürliche und juristische Person. Federfarma hatte sich dafür ausgesprochen, dass Approbierte die Mehrheit der Anteile und damit Stimmrechte halten müssen. Dies wurde jedoch nicht umgesetzt. Die gesetzlich vorgegebenen Öffnungszeiten für Apotheken fallen weg.

Ganz wurden die Apotheken dem freien Markt jedoch nicht unterworfen. So dürfen Hersteller – anders als Großhändler – keine Apotheken besitzen. Außerdem darf ein Eigentümer nicht mehr als 20 Prozent der Apotheken in einer Region besitzen. Für die Überwachung dieser Regeln sind die Kartellbehörden zuständig. Außerdem muss das Alltagsgeschäft in Apotheken weiterhin von einem Approbierten geführt werden.

Schließlich wurde die Bedarfsplanung, die sich nach der Bevölkerungszahl im jeweiligen Bezirk richtet, beibehalten. Für die bestehenden Apotheken war dies eine Erleichtung; für den Nachwuchs ist es dadurch allerdings fast unmöglich, eine neue Apotheke zu eröffnen oder sich im Bieterverfahren durchzusetzen. Die Inhaber hatten im vergangenen Jahr andere Sorgen: Zur Diskussion stand, die Liste C mit mehreren Hundert nicht erstattungsfähigen Medikamenten in die Parafarmacien zu entlassen. Dieses Vorhaben wurde verworfen.

Italien liegt bei der Dichte der Apotheken pro Einwohner im europäischen Mittelfeld, hinter Polen, Frankreich und Spanien, aber noch vor Deutschland. Zahlen von Eurostat zufolge hat das Land mit 115 Approbierten auf 100.000 Einwohner die vierthöchste Dichte an praktizierenden Apothekern in Europa. Deutschland liegt dagegen mit 64 abgeschlagen auf dem viertletzten Platz. 2006 wurden in Italien die Parafarmacien zugelassen, die hauptsächlich in Einkaufsstraßen oder Supermärkten zu finden sind. Sie dürfen OTC-Medikamente verkaufen, solange ein Apotheker anwesend ist. Aufgrund dieser Vorgabe drängen die Betreiber darauf, auch andere Sortimente abgeben zu dürfen.

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