Einrichtung

Apotheke kommt im Lkw

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Berlin -

Apotheker Dr. Stefan Spaniel hat ein Projekt Landapotheke. In dem bayerischen Dorf Dentlein am Forst hatte sich wieder ein Arzt niedergelassen, Spaniel plante im vergangenen Jahr nebenan eine Filiale. Angesichts der Abhängigkeit von einem einzigen Verordner und den eingeschränkten Öffnungszeiten wollte er nicht zu viel riskieren. Deshalb entschied er sich auch bei der Einrichtung für die sparsame Variante – und ist bis heute sehr zufrieden.

Auf der Expopharm 2014 in München war Spaniel auf die polnische Firma Apteka aufmerksam geworden. Die Vertreter hatten sich zwar nur einen kleinen Stand mit zwei anderen Firmen geteilt und waren auf deren Hilfe bei der Übersetzung angewiesen, machten aber einen seriösen Eindruck. Spaniel fragte Apteka für seine Filiale an, ein Architekt kam vorbei und vermaß die Innenräume.

Drei Entwürfe für die neue Einrichtung bekam der Apotheker kostenlos übermittelt, inklusive 3D-Animation. Andere Einrichter hätten dafür schon bis zu 7000 Euro verlangt, die nur im Falle einer Beauftragung verrechnet werden konnten, berichtet Spaniel.

Auch bei den Gesamtkosten für die Einrichtung war Apteka in diesem Fall nicht zu schlagen: Für die 120 Quadratmeter Apotheker verlangten die Polen etwas mehr als 50.000 Euro. Ein deutscher Konkurrent ließ sich nur von 100.000 auf 80.000 herunterhandeln – dann aber mit gebrauchten Schränken. Ein weiterer Anbieter aus Österreich verlangte 120.000 Euro.

Die Einrichtung des Labors war im Preis enthalten, nur den Abzug musste Spaniel extra kaufen. Zum Angebot zählten auch eine mit Glas abgetrennte Rezeptur und ein Klappbett für das Nachtdienstzimmer. Den Kühlschrank musste Spaniel selbst anschaffen. Gezahlt wurde in Raten: ein kleiner Betrag als Anzahlung, weitere Raten jeweils nach Produktion und Anlieferung. Die Schlussrechnung kam erst, als alles zur Zufriedenheit des Apothekers stand.

Was Spaniel besonders beeindruckt hat: Die Apotheke wurde in einem Lkw geliefert, inklusive Waschbecken und Bürostühlen. Die Teile waren gemäß Plan fertig zugeschnitten. Die Apteka-Mitarbeiter hatten aber Werkzeug dabei, um notfalls zu korrigieren. „Grundsätzlich gehen die aber davon aus, dass es passt“, so Spaniel.

Eine Woche benötigte das Team für den Aufbau, zwei weitere Tage für die Feinarbeit. Im Juli hat Spaniel die Filiale eröffnet. Der Standort laufe sehr gut, berichtet der Apotheker. Einen Schub an Neukunden habe es zum Jahreswechsel gegebenen. Spaniel vermutet, dass einige Kunden noch den Ausdruck über geleistete Zuzahlungen aus ihrer alten Apotheke mitnehmen wollten.

Auch mit der Einrichtung ist der Apotheker nach wie vor zufrieden: „Es sieht alles noch gut aus.“ Kleinere Reklamationen würden von Apteka kostenfrei erledigt. Das geht zwar nicht von heute auf morgen, aber die Polen kommen vorbei, wenn sie das nächste Mal in der Gegend sind.

Dentlein zählt 853 Einwohner, knapp 2500, wenn man die umliegenden Dörfer der Marktgemeinde dazu rechnet. Die nächstgrößere Stadt ist Feuchtwangen mit rund 12.000 Einwohnern. Der einzige Arzt im Ort hatte seine Praxis aus Altersgründen geschlossen. Einen Nachfolger hatte Dr. Wolfgang Winter nicht gefunden. Doch Bürgermeister Friedrich Wörrlein wollte sich damit nicht zufrieden geben und kümmerte sich selbst um die Sache. Der Gemeinderat beschloss 2011 den Bau einer eigenen Praxis.

Auch als es mit der ersten Medizinerin nicht klappte, ließ Wörrlein nicht locker und telefonierte so lange, bis er einen neuen Arzt gefunden hatte. Über einen Kontakt fand er den Allgemeinmediziner Jörg Pabst. „Ich habe ihm gleich die Baupläne der Praxis gemailt, damit er sich das Ganze angucken kann“, erzählt Wörrlein.

Der heute 41-Jährige aus Nürnberg willigte ein. Er hatte kein Problem damit, aufs Land zu ziehen – im Gegenteil. Er genießt den entspannten Lebensrhythmus und fühlt sich als Landarzt durch und durch. Die Gemeinde vermietet die Praxisräume zu günstigen Konditionen. Seit März 2012 führt Pabst die Praxis selbst. Und er hat gut zu tun: Zwei Vollzeit- und drei Teilzeitkräfte arbeiten in seiner Praxis am Ahornweg.

Doch jetzt wollte Wörrlein auch eine Apotheke in dem kleinen Ort ansiedeln. Er sprach Spaniel an, der im benachbarten Feuchtwangen die Löwen-Apotheke betreibt. Zunächst war der Apotheker skeptisch. Doch schließlich ließ er sich von Wörrlein, mit dem er auch persönlich verbunden ist, überzeugen und sagte zu. Wieder half die Gemeinde. Das Gebäude der Arztpraxis wurde erweitert, direkt nebenan wurden Räume für die Apotheke gebaut. Die „Freifläche für Apotheke“ hatte der Gemeinderat vorsorglich schon in den Bauplänen vermerkt.

Da die Gemeinde zu sehr fairen Preisen vermiete, könne sich die Offizin lohnen, meint Spaniel, dessen Frau ebenfalls Pharmazie studiert hat. Da der Arzt noch sehr jung, „vom Typ her ein idealer Landarzt“ und zudem mit einer Ortsansässigen verheiratet sei, glaubt Spaniel an einen Erfolg. Sollte der Betrieb der Filiale komplett unwirtschaftlich sein, hat die Gemeinde dem Apotheker eine Ausstiegsklausel aus dem Mietvertrag gewährt.

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