PTA-Beruf wird 50

„Wir waren die zweite Charge“

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Berlin -

Happy Birthday PTA: Am 18. März feiert der Beruf seinen 50. Geburtstag. Karin Mikolajczak ist eine von etwa 66.000 PTA in deutschen Apotheken. Sie ist PTA der ersten Stunde und hat die zweite Klasse am Berliner Lette Verein besucht. Aufhören ist noch immer keine Option.

„Wir waren 1972 die zweite Charge am Lette Verein in Berlin und die wohl aufmüpfigste Klasse überhaupt. Die Lehrer hatten es schwer mit uns. Wir haben so manchen zur Weißglut getrieben“, erinnert sich Mikolajczak. Etwa 25 Schülerinnen und einen Schüler galt es für die Lehrer zu zähmen. Allesamt waren gestandene Persönlichkeiten mit viel Lebenserfahrung. „Wir waren fast alle Helferinnen, hatten Kinder und waren verheiratet oder schon geschieden. Nur etwa drei hatten gerade erst das Abitur gemacht.“

Die Ausbildung dauerte schon damals zwei Jahre, gefolgt von einem Praktikum. Bezahlen musste man für die Schule 1972 noch nichts, verdient wurde aber auch nichts. Bis etwa 17 Uhr wurde die Schulbank gedrückt, da war es schwer, Ausbildung und Familie unter einen Hut zu bringen. Mikolajczak hatte einen Mann und einen zehnjährigen Sohn zu versorgen und trug nebenher mit einer kleinen Stelle zum Lebensunterhalt der Familie bei. „Hätten wir nicht unsere Partner oder Eltern gehabt, wäre die Ausbildung nicht drin gewesen.“

Mikolajczak war auf die PTA-Ausbildung gut vorbereitet. In Essen hatte sie die Lehre zur Apothekenhelferin absolviert. Die Barbara-Apotheke war ihre Wirk- und Ausbildungsstätte. „Wir wurden wie die Vorexaminierten ausgebildet und arbeiteten in Handverkauf und Labor.“ Dennoch musste Mikolajczak sich in der PTA-Ausbildung auf den Hosenboden setzen. „Ich war lange aus der Schule raus und musste das Lernen lernen. Aber wir waren eine tolle Klasse mit viel Zusammenhalt und haben uns zusammen durchgekämpft.“ Zu den Mitschülern hat sie noch heute Kontakt. Gemeinsame Treffen finden regelmäßig statt, wobei Mikolajczak die Einzige ist, die noch aus der Praxis erzählen kann, denn noch immer mischt sie den Apothekenalltag auf.

An die Schulzeit erinnert sich die PTA gerne zurück. Galenik, Botanik, Arzneimittel-, Gefahrstoff- und Gesetzeskunde, Diätetik, Analytik oder Deutsch standen schon vor 50 Jahren auf dem Stundenplan. Damals unterrichtete der Berliner Kammerpräsident noch selbst das Fach Gesetzeskunde. Mikolajczak erinnert sich an einen Satz aus dem Fach Diätetik, der sich durch den Unterricht wie ein roter Faden zog: „Eskimos sind aufgrund des Verzehrs von Eisbärenleber besonders gefährdet, eine Vitamin A-Vergiftung zu erleiden.“ Alle Schüler mussten schon schmunzeln, wenn sie den Lehrer nur sahen.

Da die Schüler ein pharmazeutisches Vorleben hatten, war es für die Lehrer mitunter schwer. „Im Deutschunterricht war Stachelparty“, erinnert sich Mikolajczak. „Wir haben unter der Bank Stachelbeerwein durchgereicht und der Lehrer wunderte sich, warum wir so fröhlich waren.“ Einmal hat die PTA sogar den Chemie-Unterricht „gesprengt“. „Ich stand mit dem Rücken zu allen Schaltern im Labor und habe beim Anlehnen die Sprinkleranlage ausgelöst, als der Lehrer gerade die Analyse verteilen wollte. Das ganze Labor stand unter Wasser. Den pitschnassen Lehrer habe ich dann mit dem Auto nach Hause gefahren. Das werde ich nie vergessen.“

Mit dem Abschluss in der Tasche änderte sich im Berufsleben für die PTA nicht viel. „Der Apotheker musste jedoch mehr bezahlen.“ Die Aufgaben waren wie zuvor – Handverkauf und Rezeptur. Damals wie heute spielte die Herstellung eine große Rolle, Zäpfchen gießen und Pillen drehen bestimmten den Alltag. „Wir haben fast alles selbst hergestellt, von Blutdrucktabletten bis Hustensaft. Da waren Pharmazeuten noch Pharmazeuten, heute sind Apotheker akademische Schubladenzieher.“

In Essen geboren und aufgewachsen, wollte Mikolajczak eigentlich Bibliothekarin werden. Aber die Stellen fehlten. So kam sie „wie die Jungfrau zum Kind“ zur Lehre als Apothekenhelferin. Auch wenn sie die ersten sechs Wochen der Ausbildung nur Staub wischte, war auch diese Zeit lehrreich: „So wusste ich wenigstens, wo alles steht, das Lager war ja anders als heute. Tabletten, Tropfen, Granulate – alles war nach Darreichungsform geordnet.“

Mikolajczak hat viel erlebt, viel gesehen und viel gearbeitet. Die PTA kennt die Apotheke wie ihre Westentasche, liebt ihren Beruf und hat Spaß an der Arbeit. Ans Aufhören denkt sie noch lange nicht. Sie hat ihrem Chef erklärt, sie werde die Apotheke „in der braunen Kiste“ verlassen. „Ich habe keine Sekunde aufgehört zu arbeiten, ein Leben ohne Arbeit kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin ein Kriegskind, ich habe immer gearbeitet.“

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