Vergütungsreform

Schweiz: Arzthonorar für Apotheker?

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Berlin -

In der Schweiz sollen Apotheken künftig unabhängig von der Abgabe eines Arzneimittels für Beratungsleistungen vergütet werden können. Das hat der Ständerat, das Pendant zum deutschen Bundesrat, in seiner Wintersitzung beschlossen. So sollen die Apotheken als erste Anlaufstellen bei Bagatellkrankheiten etabliert werden. Aus der Ärzteschaft kommt Unterstützung für den Vorstoß.

Nach dem Willen der zweiten Kammer des Schweizer Parlaments sollen „Finanzierungsanreize“ in Zukunft dafür sorgen, dass Patienten zukünftig bei leichten Krankheiten zuerst in die Apotheke, statt zum Hausarzt gehen. Ziel ist es, die Hausärzte dadurch zu entlasten. Dazu soll die Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) auch dann zahlen, wenn bei der Behandlung keine Arzneimittel abgegeben werden. Der Beschluss geht auf einen Antrag des Abgeordneten Erich Ettlin von der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) zurück. Seine Motion, so der schweizerische Begriff, wurde ohne Gegenstimmen angenommen.

„Meine Motion will die Rolle der Apothekerinnen und Apotheker stärken, ohne dass damit eine Mengenausweitung verbunden ist“ , heißt es in dem Antrag. „Jene Leistungen der Apotheker sollen tarifiert werden können, die Behandlungen mit ärztlich verschriebenen Arzneimitteln wirtschaftlicher und effizienter machen, ohne dass der Apotheker diese Arzneimittel zwingend selbst abgibt beziehungsweise verkauft hat.“ Außerdem könnten die Apotheker bei der Heimbetreuung eine größere Rolle spielen.

Damit verweist Ettlin auf das sogenannte Freiburger Modell: Dort haben sich mehrere Heime zusammengeschlossen, um beim Medikamentenkauf Geld zu sparen. In den Heimen gibt es einen Heimapotheker, der für die Arzneimittelabgabe zuständig ist und vor allem Originalpräparate durch Generika ersetzen soll. Zwar spart das System laut dem CVP-Abgeordneten Beat Volanthen (CVP) jährlich etwa 4 Millionen Franken (3,5 Millionen Euro) – war aber bisher illegal praktiziert worden. Das soll sich nun ändern.

Auch beim Impfen sollen die Apotheker demnach besser vergütet werden. Bisher ist die Schweiz beim Impfrecht ein Flickenteppich: In manchen Kantonen dürfen Apotheker impfen, in manchen nicht, in wieder anderen dürfen sie es unter bestimmten Umständen. Einheitlich ist hingegen die Bezahlung: Die OKP zahlt nur, wenn die Impfung von einem Arzt verschrieben wurde. Das soll sich nun ändern. Jedermann kann sich dann auf Kosten der Kasse in der Apotheke impfen lassen.

Aus der Apothekerschaft kommt Zustimmung für die Initiative. Apotheken seien „für die Bevölkerung die ideale erste Anlaufstelle für präventive Angebote, die Behandlung häufiger Gesundheitsstörungen und Anliegen rund um die Medikation“, wirbt Florian Sakar, Vorstandsmitglied des Apothekervereins des Kantons Solothurn (AVSO) und Präsident der Jungen Apotheker Schweiz (swissYPG), für den Beschluss. „Vor diesem Hintergrund ist es schon lange überfällig, Apothekerinnen und Apotheker für nicht produktbasierte Leistungen abzugelten.“

Und auch aus Ärztekreisen ist Zustimmung zu vernehmen. In Gegenden, in denen die Hausärzte überlastet sind, halte er die Ergänzung durch Apotheker für „sehr begrüßenswert“, zitiert die Solothurner Zeitung Florian Leupold, Co-Präsident der Gesellschaft der Ärztinnen und Ärzte des Kantons Solothurn (GAeSO). „Ob eine Grippeimpfung in der Apotheke am Ende kostengünstiger ist als in der Arztpraxis, müsste dann noch untersucht werden“, wendet er jedoch ein.

Dabei hat die Schweiz bereits Erfahrungen mit der Erstbehandlung durch Apotheken. So schickt dıe Krankenkasse Swica – mit 687.000 Versicherten einer der größeren Anbieter in der Schweiz – bereits seit 2016 einen Teil ihrer Kunden direkt in die Apotheke, wenn sie krank sind. Das Konzept sei vor allem bei jungen Menschen, Berufstätigen und Städtern beliebt. Der Schweizer Apothekenmonitor 2016 habe sogar gezeigt, dass der Gang in die Apotheke bei leichten Gesundheitsstörungen für einen größeren Bevölkerungsanteil erstmals naheliegender als der Besuch beim Arzt.

Auch gibt es bereits eine Apotheke, die das Konzept der Erstanalufstelle für einen Arzt praktisch umsetzt. In der „Walk-in-Praxis“ in Chur arbeiten seit Anfang 2017 Ärzte und Apotheker zusammen. Die Patienten werden dort zuerst in der Apotheke, die dem Behandlungszimmer des Arztes vorgelagert ist, empfangen und haben die Möglichkeit, sich dort beraten zu lassen. Grundsätzlich der Patient aber die freie Wahl, ob er sich vom Apotheker oder Arzt beraten lassen möchte.

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