Verbraucherschutz

Kaffeefahrt-Geschäfte in der Apotheke

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Berlin -

Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein warnt vor Verkaufsveranstaltungen in Apotheken, die „teilweise den Charakter von Kaffeefahrten“ hätten. Konkret kritisieren die Verbraucherschützer die „Aktionstage gegen Rückenschmerzen“ der Firma hhp, bei denen Massageliegen an Patienten verkauft werden.

Apotheken können sich bei hhp für die Aktion bewerben. Mitarbeiter des Karlsruher Unternehmens kommen dann für eine Woche in die Apotheke und stellen – ähnlich wie bei einer Verkostung – ihre Produkte vor. Im Vorfeld wird die Aktion mit Flyern angekündigt, die an rund 5000 Haushalte im Umkreis der Apotheke verschickt werden. Für die Apotheken sind die Rückentage kostenlos.

Der Bundesverband Deutscher Apotheker (BVDA) empfiehlt seinen Mitgliedern die Aktionstage als „hervorragendes Marketinginstrument, um Stammkunden zu binden und Neukunden zu gewinnen“. Der Verband bewirbt die Vorteile für die Apotheke: Kostenloses Mailing an alle Apothekenkunden und Neukunden in ausgewählten Postleitzahlgebieten sowie eine „attraktive Schaufenster-Dekoration“.

Die Verbraucherzentrale sieht die Aktion jedoch kritisch: Dem Patienten werde ein persönlicher Beratungstermin in der Apotheke angekündigt. Statt des Apothekers treffe er jedoch einen Verkäufer an, der Massageliegen für 4500 Euro an den Mann bringen wolle – „großzügig wird ein Apothekenrabatt von 700 Euro gewährt“.

Die Verbraucherschützer sind nach Angaben eines Sprechers auf die Verkaufsaktion aufmerksam geworden, weil sich ein Patient, der lediglich einen „Termin für Ihre persönliche Beratung“ vereinbart hatte, von der Verkaufsaktion überrumpelt fühlte und dann Probleme bei der Rückgabe der Liege hatte. Ohnehin sollten solche Produkte ohne ärztliche Beratung gekauft werden.

Den Trend zu Verkaufsveranstaltungen in Apotheken sieht die Verbraucherzentrale generell kritisch: „Gerade Apotheken genießen bei ihren Kunden eine besondere Vertrauensstellung.“ Es dränge sich der Eindruck auf, dass Firmen dies ausnutzten, um sich einen seriösen Anstrich zu geben.

Dr. Thomas Friedrich, Geschäftsführer des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, findet, dass die Verbraucherzentrale das Problem zu sehr verallgemeinert: Die Rückentage gebe es bereits seit vielen Jahren, und auch jetzt habe es nur eine Beschwerde aus einer Apotheke gegeben. Das Feedback der Patienten in den Apotheken sei sonst sehr positiv. Dass die Verbraucherzentrale nun den Eindruck erwecke, es gebe häufig Kaffeefahrten in Apotheken, sieht Friedrich kritisch.

Apothekenrechtlich problematisch sei aber die Tatsache, dass hhp in den Apothekenräumen auf eigenen Namen und eigene Rechnung handele, räumt Friedrich ein. Natürlich gebe es immer wieder Aktionen mit Industriepartnern, etwa Tauschaktionen für Blutzuckermessgeräte oder Beratungen zur Venenmessung. Diese fänden aber immer unter der Federführung des Apothekers und auf seine Verantwortung statt, betont Friedrich.

Bei hhp verteidigt man die Aktionstage: Dabei hätten Patienten die Möglichkeit, in ihrer Apotheke das Produkt und die „recht junge und innovative Therapieform“ kennenzulernen. „Interessenten waren von der Therapieform zumeist überzeugt, so dass diese im Anschluss an die Aktionstage das Andullationstherapie-System erworben haben“, so ein hhp-Sprecher.

Bei der Vorstellung der Liegen seien ausschließlich geprüfte Medizinprodukteberater im Einsatz, sodass der Patient eine fachkundige Einweisung erhalte und kompetent beraten werde. Von der Darstellung der Verbraucherzentrale, Unternehmen nutzten die Apotheken aus, „um sich einen 'seriösen Anstrich zu geben', fühlen wir uns keineswegs angesprochen“, so der Sprecher.

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