Rückenschmerzen

Fünf Tipps bei Kreuzschmerzen

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Berlin -

Sie sind akut oder ständige Begleiter beim Sitzen, Stehen und Gehen – „Kreuzschmerzen“. Etwa 85 Prozent der Deutschen hatten bereits einmal im Leben eine Erfahrung mit dem Volksleiden. Die Schmerzen liegen unterhalb der Rippen und oberhalb des Gesäßes, können akut oder chronisch und sehr unterschiedlicher Genese sein. Klar ist – sie gelten als Frühwarnsignal. Der Körper gibt Warnzeichen für Verspannungen, Unfälle oder Krankheiten. Im Extremfall ist der Dauerschmerz losgelöst von jeglicher Warnfunktion ständiger Begleiter der Betroffenen. Damit es nicht dazu kommt, dass winzige Reize bereits die erinnerte Schmerzkaskade auslösen: Fünf Tipps „gegen Rücken“.

Tipp eins: Wer rastet, der rostet. Gegen den Schmerz im unteren Rücken hilft primär Bewegung im Alltag. Dies empfiehlt aktuell die Patientenleitlinie 11/2017 der Bundesärztekammer (BÄK) und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Auch Reinhard Schneiderhan von der Deutschen Wirbelsäulenliga gibt Tipps. Als Beispiel: Betroffene können im Vierfüßlerstand einen Katzenbuckel machen. Beim Einatmen gehen sie anschließend leicht ins Hohlkreuz. Beim Ausatmen wechseln sie zurück in den Katzenbuckel. Das Ganze soll zwölf Mal wiederholt werden.

Dabei nicht übertreiben. Denn falscher oder übertriebener Sport kann die Kreuzschmerzen sogar fördern. Das Gegenteil von Sport, also die „schonende Bettruhe“ ist dagegen eher schädlich. Die Experten formulieren hierzu: „Viele aussagekräftige Studien belegen, dass Bettruhe Beschwerden nicht bessert, sondern eher verstärkt und die Heilung verzögert.“ Neben dem verlangsamten Heilungsprozess fördert Ruhe bei Kreuzschmerzen noch den Muskelabbau.

Als Sonderform der Bewegung gelten „wöchentliche Bewegungstherapien“. Krankengymnastik, Rehagruppen, Yoga oder die Alexandertechnik sind laut Studien nicht effektiver als Alltagsbewegung, doch eine Hilfe, damit der Schmerz nicht chronisch wird. Bei Chronikern sind sie wirksamer als Medikamente, körperliche Schonung oder allgemeine medizinische Versorgung. Welche Bewegungsform der anderen überlegen ist – also Yoga beispielsweise der Krankengymnastik – ist noch unzureichend erforscht. Es empfiehlt sich ein Abstimmen auf individuelle Vorlieben.

Tipp zwei: Medikamente einnehmen. Wenn Medikamente zum Einsatz kommen, dann vorzugsweise nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR). Sie gelten für die medikamentöse Therapie als Mittel erster Wahl. Allerdings sollen sie so niedrig und kurz wie möglich eingesetzt werden – und nicht als Spritze oder Infusion. Aktuell wird eine Tagesdosis von maximal 100 mg Diclofenac, 1200 mg Ibuprofen oder 750 mg Naproxen empfohlen. Sind diese schlecht wirksam, kann auf Metamizol oder Cox-2-Hemmer ausgewichen werden. Letztere sind nicht für die Indikation „Kreuzschmerz“ in Deutschland zugelassen. Sie können nur im „Off-Label-Use“ vom Arzt verordnet werden.

Zur Not – wenn all die erwähnten Mittel nicht helfen – raten die Experten zu Opioiden. Sie sollen für Akutfälle nicht als Pflaster angewendet werden. Eine Prüfung des Behandlungserfolgs soll nach maximal vier Wochen (akut) oder drei Monaten (chronisch) erfolgen. Von anderen Wirkstoffen wird streng abgeraten. Dazu gehören auch gängige OTC-Produkte wie Paracetamol. Ältere Studien halten es zwar für wirksam, aktuelle Studien zeigen aber, dass Paracetamol gegen Kreuzschmerzen nicht wirksamer ist als Placebo. Andere No-Go-Medikamente sind: Flupirtin, Muskelrelaxanzien, Antidepressiva, Gabapentin, Pregabalin, Topiramat, Carbamazepin und Uridinmonophosphat (Keltican forte). Sie sind laut Studien nicht effektiv und risikobehaftet.

Tipp drei: Entspannungsverfahren (nach Jacobsen). Die progressive Muskelentspannung (PMR) einzelner Körperpartien soll der Tiefenmuskelentspannung dienen. Dabei werden abwechselnd Muskeln angespannt und wieder gelockert. Dies löst laut der Experten Muskelverspannungen und indirekt somit den Schmerz. Besonders für chronischen Kreuzschmerz, aber auch für akut-subakute Schmerzlevel wird die Behandlungsmethode empfohlen. Dies gilt für Patienten, bei denen die Kombination aus Bewegung und Medikamente nicht greift.

Tipp vier: Manipulation/Mobilisation des Rückens: Bei „manuellen Therapien“ wirkt der Therapeut aktiv mit seinen Händen auf den Körperbereich ein. Für die „Manipulation“ führt der Therapeut aktiv eine kurze, schnelle und kleine Bewegung aus. Für die „Mobilisation“ wird das Gelenk vom Therapeuten bewegt. Dabei dürfen die Gelenke nicht über ihre natürliche Bewegung hinaus strapaziert werden. Laut Experten kann dies in Kombination mit den bereits erwähnten Tipps Kreuzschmerzen besser lindern als die Verfahren allein. Sie werden als Kombinationstherapie zusammen mit den bereits erwähnten ersten drei Tipps empfohlen. Ausschlusskriterien für diese Methoden sind anamnestische Warnhinweise: Wirbelbrüche, Entzündungen durch Krankheitserreger, Nervenschäden, Krebs und die axiale Spondyloarthritis als Sonderform von Rheuma. Symptome, die darauf hindeuten, muss der Arzt vorab genau abtasten und ausschließen.

Tipp fünf: Soll-nicht-Empfehlungen einhalten. Nicht alle Therapieformen, die gegen Kreuzschmerzen helfen sollen, sind ratsam. Wärmecremes und NSAR-haltige Schmerzsalben sind nicht zu empfehlen – weil hier die Studien keinerlei Effekte nachweisen konnten. Einzige Ausnahme: Capsaicin-haltige Salben sollen laut einiger weniger Studien Kreuzschmerzen für kurze Zeit gelindert haben. Experten raten aber auch von „Exotentherapien“ ab. Gemeint sind etwa die Elektrotherapie-Formen: Interferenzstrom, elektrische Akkupunkturnadeln (PENS) oder aufgeklebte Elektroden (TENS). Auch Kinesio-Taping, Magnetfeldtherapie, Lasertherapie, Kurzwellendiathermie und Ergotherapie sollen keine Effektivität zeigen. Außerdem verleiten sie nach Ansicht der Autoren zu kontraproduktiver Passivitiät. Einzige Ausnahme sei das Kinesio-Taping. Es zeigt zwar kein nachweislicher Effekt, doch urteilen die Leitlinien-Experten: „Wer also meint, die Tapes könnten ihn dabei unterstützen, etwas aktiver zu werden, dem schaden sie nicht.“

Für Ergotherapie und Akupunktur machen die Experten eine „Eventuell-Ausnahme“. Ergotherapie kann bei Chronikern unterstützend eingesetzt werden. Akupunktur kann als Reserve eingesetzt werden, wenn andere Behandlungsformen keinen Erfolg zeigten. Jedoch gilt hier „kürzer ist besser“. Für längere Sitzungen zeigte sich im Vergleich zu Placebo kein lindernder Effekt mehr.

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