Analgetika

Paracetamol: Negativer Effekt auf Fertilität?

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Berlin -

Paracetamol gilt als Mittel der Wahl in allen Stadien der Schwangerschaft. Obwohl der Erfahrungswert bei diesem Wirkstoff hoch ist, diskutieren kürzlich publizierte präklinische Studien die Auswirkungen auf das Ungeborene: An Labortieren beobachteten Forscher, dass die Fertilität der weiblichen Feten abnimmt, wenn die Mutter das Schmerzmittel in der Schwangerschaft verabreicht bekommen hatte.

Die Plazentaschranke besteht aus mehreren Schichten und ist funktionell gesehen eine Membran. Sie dient dazu, den mütterlichen vom fetalen Blutkreislauf zu trennen. Als Transportmechanismen werden unter anderem Diffusion, aktiver Transport und Makropinozytose genutzt. Körperfremde Substanzen wie Alkohol, Drogen und Medikamente gelangen per Diffusion in den Fötus – so wie auch Paracetamol. Daher wird auch das Ungeborene mit dem Stoff exponiert, wenn die Mutter während der Schwangerschaft das Mittel einnimmt.

Neuere Studien haben die Verwendung von Paracetamol während der Schwangerschaft mit Störungen in der Entwicklung des männlichen Fortpflanzungssystems in Verbindung gebracht, aber die Auswirkungen auf weibliche Nachkommen waren noch nicht untersucht worden. Derzeit wird diskutiert, ob sich die Folgen chemisch induzierter Störung der Oogenese während der pränatalen Entwicklung im späteren Erwachsenenalter zeigen. Oogenese beschreibt die Entwicklung der weiblichen Gameten (Oozyten), die bis zur Ausreifung der Vorstadien zur befruchtungsfähigen Eizelle andauert.

Dr. David Kristensen und Kollegen vom Kopenhagener Universitätskrankenhaus haben mit diesem Hintergrund in einem Review-Artikel drei zuvor veröffentlichte Studien an Ratten und Mäusen genauer unter die Lupe genommen. Die Tiere nahmen Dosen des Analgetikums ein, die vergleichbar mit den Dosen einer schwangeren Frau waren. Die Forscher fassen zusammen, dass die Exposition mit Paracetamol in einem Zeitfenster von 13,5 Tage nach der Paarung zu einem verminderten weiblichen Fruchtbarkeit des Embryos führen kann. Denn Ergebnissen zufolge hatten die weibliche Nachkommen weniger Eizellen, die dann im Erwachsenenalter für die Befruchtung zur Verfügung standen. Das verringert den Forschern zufolge ihre Chancen auf eine erfolgreiche Fortpflanzung, insbesondere wenn sie älter werden.

In den drei Studien wurde die Einnahme des Schmerzmittels in der Schwangerschaft mit der Reduktion der Oozytenreserve der weiblichen Feten in Verbindung gebracht. Die im Fachjournal „Endocrine Connections“ veröffentlichten kombinierten Daten zeigen, dass die Exposition zu einer Verringerung der Primordialfollikel führt, die der Körper bereits vor der Geburt anlegt. Zusätzlich kam es zu einer unregelmäßigen Follikelreifung und frühzeitigem Mangel am Gelbkörper. Diese Daten ergaben sich sowohl aus experimentellen als auch epidemiologischne Ansätzen.

Die Wissenschaftler vergleichen die reduzierte Fertilität der Tiere mit einer frühzeitigen Ovarialinsuffizienz beim Menschen, die mit vorzeitigen Menopause verbunden ist. „Dies könnte in der westlichen Welt, wo das Alter bei der Geburt ständig verzögert wird und Paracetamol während der Schwangerschaft bei Schmerzen und Fieber empfohlen wird, problematisch sein“ , schreiben die Wissenschaftler. Kristensen kommentiert: „Daten aus drei verschiedenen Labors belegen unabhängig davon, dass Paracetamol die reproduktive Entwicklung von Frauen auf diese Weise stört.“ Dies lege weitere Untersuchungen nahe, denn die Relevanz für menschliche Schwangerschaften sei unklar.

Er empfiehlt die Verfolgung eines interdisziplinären Ansatzes durch die Kombination epidemiologischer Daten aus Studien am Menschen mit experimentellerer Forschung an Tiermodellen. „Als Wissenschaftler sind wir nicht in der Lage, medizinische Empfehlungen zu geben, und wir würden schwangere Frauen, die Schmerzen haben, auffordern, sich mit ihrem Hausarzt, ihrer Hebamme oder ihrem Apotheker zu beraten“, so Kristensen.

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