Fälschungsschutz

Ab Mai 2020: „Securpharm light“ für Medizinprodukte

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Berlin -

Ab nächstem Jahr wird schrittweise ein neues Kennzeichnungssystem für Medizinprodukte eingeführt. Nasensprays, Augentropfen, Lutschtabletten & Co. erhalten dann ähnlich wie bei Securpharm einen Code, der die Rückverfolgbarkeit ermöglichen soll. Bis die Produkte in den Apotheken ankommen, dauert es allerdings noch ein wenig. Bei den Herstellern verursachen die neuen Regeln Unmut.

Wie Securpharm wurde auch das neue System in Brüssel geboren: Bereits im Mai 2017 ist die europäische Medizinprodukteverordnung (MDR) in Kraft getreten, gefolgt von einer dreijährigen Übergangsfrist. Die endet kommenden Mai. Ab dann müssen die Hersteller eine Reihe neuer Anforderungen erfüllen, die nicht nur Fälschungsschutz und Produktrückverfolgbarkeit betreffen, sondern auch die Vigilanz, Sicherheitsnachweise und klinische Prüfungen.

Ziel sei es, einen „soliden, transparenten, berechenbaren und nachhaltigen Rechtsrahmen für Medizinprodukte zu schaffen, der ein hohes Niveau an Sicherheit und Gesundheitsschutz gewährleistet, gleichzeitig aber innovationsfördernd wirkt“, heißt es in der Verordnung. Die wichtigsten Informationen sollen dann in einer europäischen Datenbank namens Eudamed gespeichert werden. Dort können Behörden und Öffentlichkeit dann beispielsweise die Ergebnisse klinischer Studien einsehen.

Auf die Hersteller kommt vor allem mit dem System der eindeutigen Produkterkennung, der sogenannten Unique Device Identification (UDI), eine Herausforderung zu. Wie Securpharm bei Arzneimitteln soll sie Produktfälschungen bekämpfen und die Effektivität sicherheitsrelevanter Aktivitäten erhöhen. Während Securpharm jedoch auf einer End-to-End-Verschlüsselung basiert, bei der jede Packung einen einzigartigen QR-Code hat, die Hersteller die Daten auf einen Server überspielen, von dem jede Abgabestelle sie wiederum abrufen kann, verbleiben die Daten bei der UDI beim Hersteller. Er ist verpflichtet, eine Datenbank einzurichten und sie dort zu speichern, um im Falle von Problemen die notwendigen Informationen an die gesamte Lieferkette herauszugeben. Statt End to End also Track and Trace.

Entsprechend wird auch keine Ausbuchung nötig sein, wie es heute bei Arzneimitteln mit dem Data-Matrix-Code der Fall ist. Die Hersteller müssen auch nicht jedes einzelnen Produkt mit einem eindeutigen Code versehen. Stattdessen schreibt Artikel 27 der MDR für die UDI zwei Komponenten vor: eine Produktkennung, die dem Hersteller und dem Artikel eigen ist ist, den sogenannten UDI Device Identifier (UDI-DI), sowie eine Herstellungskennung, den UDI Production Identifier (UDI-PI), der die Produktionseinheit des Produkts und gegebenenfalls die abgepackten Produkte ausweist. „Bevor ein Hersteller ein Produkt, ausgenommen Sonderanfertigungen, in Verkehr bringt, teilt er diesem und gegebenenfalls allen höheren Verpackungsebenen eine UDI zu“, so die MDR.

Wie genau diese Codes aussehen werden, ist noch offen. Die Hersteller haben da gewisse Freiheiten. Beim Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) hat man aber eine Präferenz: „Wir halten das für vernünftig, wenn die Hersteller die UDI-DI auf Grundlage der PZN erstellen, insbesondere wenn das Medizinprodukt über die GKV erstattungsfähig ist“, sagt Dr. Ehrhard Anhalt, Leiter der Abteilung Pharmazeutische Technologie und Medizinprodukte.

In den Apotheken werden die Codes ohnehin wohl auch nächstes Jahr nicht ankommen. Denn sie werden stufenweise verpflichtend, beginnend mit Produkten der Risikoklasse III ab Mai 2021. Die allermeisten stofflichen Medizinprodukte, die in Apotheken verkauft werden – Lutschtabletten, Meersalz-Nasensprays, Heilerden, Produkte gegen Sodbrennen, Sättigungspräparate, Abführmittel oder Kopflaus-Präparate – gehören aber zu den Klassen IIa und IIb. Diese müssen erst ab 26. Mai 2023 codiert sein. Klasse I folgt gar erst im Mai 2025.

Ganz glücklich ist man beim BAH nicht mit der neuen EU-Verordnung, insbesondere weil dadurch ein zweites System neben Securpharm eingerichtet werden muss. Das verkompliziere einige Prozesse, heißt es vom Verband. So würden beispielsweise bei der Herstellung von Augentropfen oder Nasensprays oft in denselben Anlagen sowohl Produkte hergestellt, die als Arzneimittelanlagen klassifiziert sind, als auch solche, die als Medizinprodukte klassifiziert sind. Bei der Umstellung müssten nun zusätzliche Vorkehrungen getroffen werden, damit die Daten nicht in das jeweils falsche System eingespielt werden und es dadurch zu Fehlern kommt.

Außerdem kommt die Bürokratie ihren eigenen Anforderungen nicht hinterher. Denn die Umsetzung der Verordnung durch die Hersteller muss von einer Benannten Stelle überprüft und zertifiziert werden – und zwar für jedes Produkt. Bevor die EU-Kommission diese Stellen benennt, müssen nationale und europäische Behörden sie erst einmal einem sogenannten Neubewertungsverfahren unterziehen, das rund anderthalb Jahre in Anspruch nimmt.

Das Resultat ist, dass es bisher nur zwei Benannte Stellen gibt, die zertifizieren dürfen: den TÜV Süd und die British Standards Institution (BSI). Bis Jahresende soll die Zahl auf zehn steigen, bis Mai 2020 sollen es 20 sein. Selbst das scheint aber weit zu wenig, um einen reibungslosen Zertifizierungsprozess aller Produkte zu gewährleisten. Notwendig wären laut BAH mindestens 50.

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