Dispensierrecht

Hausärzte wollen Medikamente verkaufen

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Berlin -

Das hat nicht lange gedauert: Mitten in der Debatte um Impfungen in der Apotheke dringen die Hausärzte bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente auf eine Gleichstellung mit Apotheken. Damit „könnten die Ressourcen besser genutzt werden, gerade auf dem Land“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und forderte eine Reform des Arzneimittelrechts.

Die Frage, welche Arzneimittel in Arztpraxen vorgehalten werden könnten, ließ Weigeldt demnach offen. Er sprach sich für einen Dialog mit den Apothekern aus. Ein komplettes Sortiment bereitzuhalten, sei jedenfalls nicht das Ziel, so Weigeldt. „Wir können und wollen die Apotheken nicht ersetzen.“ Er sei dagegen, die Sache „emotional zu sehen“. „Unser Ziel ist auch in Zukunft ein vernünftiges Miteinander mit den Apothekern.“

Beim Deutschen Apothekertag (DAT) hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Apothekern in Aussicht gestellt, ihnen neue Aufgaben zu überlassen. Apotheker hätten ein „wahnsinniges Wissen“, das er für Gesundheitsversorgung „noch besser verfügbar“ machen wolle. Konkret fragte Spahn mit Blick auf Alternativen für das Rx-Versandverbot: Passt der Nacht- und Notdienstfonds noch strukturell und finanziell? Wären andere Honorarbestandteile eine Option? Wie lässt sich die Arzneimitteltherapiesicherheit organisieren? Wären die Apotheker dabei, Pflegebedürftige zu begleiten oder Aufgaben in der Prävention zu übernehmen? „Wollen Sie impfen? Das müssen Sie mir sagen!“

Schon in der vergangenen Woche kam die Absage der Hausärzte: „Die Apotheker können beim Impfmanagement wichtige Aufgaben übernehmen, beispielsweise indem sie die Patienten auf bestehende Impflücken hinweisen“, sagte Weigeldt. Die Impfung selbst müsse jedoch ohne Wenn und Aber bei einem Arzt durchgeführt werden. Impfungen seien sehr sichere und wirkungsvolle Maßnahmen gegen eine Reihe schwerer Erkrankungen. In einzelnen Fällen könne es dabei aber, beispielsweise aufgrund bestimmter Allergien, zu Komplikationen kommen. Hier müsse ein Arzt unverzüglich eingreifen können.

Es sei der falsche Ansatz, die Verantwortung auf immer mehr Schultern zu verteilen, sagte Weigeldt weiter. Sinnvoller sei es, wenn Patienten auch beim Impfen einen eindeutigen Ansprechpartner hätten, der die Gesamtverantwortung trägt. „Statt aufgrund angeblicher Wartezeitenprobleme, die bei den Hausärzten sowieso die absolute Ausnahme sind, Schnellschüsse ins Auge zu fassen, sollte der Fokus darauf liegen, das teilweise chaotische Gesundheitssystem endlich vernünftig zu strukturieren“, so Weigeldt.

Schon im Zusammenhang mit dem ABDA/KBV-Modell, heute als ARMIN in Sachsen und Thüringen in der Erprobung, hatte Weigeldt zum Rundumschlag ausgeholt: „Unsere Ideen gehen in die entgegengesetzte Richtung und wir haben über das Dispensierrecht für Hausärzte, aber nicht unbedingt nur für Hausärzte, schon häufiger nachgedacht“, so Weigeldt. „Die konkrete Medikamentenverordnung gehört in ärztliche Hand und vor allem die Multimedikation braucht die patientengerechte Optimierung durch den Hausarzt“, so Weigeldt.

„Wir Hausärzte werden kein Modell passieren lassen, das der Zweiklassenmedizin Vorschub leistet, weil Privatversicherte die Medikamente vom Arzt verordnet bekommen, während Versicherte der Krankenkassen der Wirkstoffverordnung ausgesetzt sind.“ Ohnehin habe sich ein Großteil der verordnenden Ärzte gegen das Konzept ausgesprochen.

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