Thermoinstabilität

Wegen NDMA: Kühlkette für Ranitidin?

, Uhr
Berlin -

Ist die Temperatur in den Großhandelsfahrzeugen des Rätsels Lösung? Das US-Labor Emery Pharma hat die Stabilität von Ranitidin und die Bildung von N-Nitrosodimethylamin (NDMA) untersucht. Die vorläufigen Ergebnisse weisen darauf hin, dass der Arzneistoff nicht hitzestabil ist und Temperaturerhöhungen signifikant für die Entstehung von NDMA verantwortlich sind. Emery Pharma fordert jetzt die US-Arzneimittelagentur FDA in einer Petition auf, Ranitidin-haltige Arzneimittel komplett zurückzurufen und empfiehlt die Kühlkette.

Im September entdeckte die US-Versandapotheke Valisure das potentiell krebserregende Nitrosamin im H2-Rezeptor-Antagonisten und informierte die FDA. Die Arzneimittelbehörde hatte für NDMA eine maximale tägliche Aufnahmegrenze von 96 ng festgelegt. Valisure konnte jedoch in einer Ranitidin-haltigen Tablette mehr als 3 mg NDMA nachweisen. Schon zum damaligen Zeitpunkt wurde vermutet, dass die Anwesenheit des Nitrosamins auf die Instabilität von Ranitidin bei hohen Temperaturen zurückzuführen ist.

Die FDA entwickelte daraufhin ein Analyseverfahren für den Arzneistoff, die LC-HRMS-Methode zum Nachweis von NDMA im Ranitidin. Denn die zuvor verwendete HS-GC-MS-Methode, die Temperaturen von etwa 130 Grad erfordert, wurde als ungeeignet betrachtet. Mit dem neuen Analyseverfahren wurden zwar geringere NDMA-Konzentrationen nachgewiesen – aber immer noch für einige Chargen inakzeptable Werte.

Emery Pharma untersuchte daraufhin die Hitzestabilität von Ranitidin. Verwendet wurde die von der FDA empfohlene LC-HRMS-Methode. Die vorläufigen Analyseergebnisse zeigen, dass der Wirkstoff bei Raumtemperatur scheinbar stabil ist und bei Temperaturen von etwa 70 Grad akkumuliert. Die Daten zeigen, dass bei 25 Grad kaum eine Veränderung der NDMA-Konzentration zu verzeichnen ist. Bei einer Temperatur von 70 Grad steigt der NDMA-Wert und erreicht nach 14 Tagen einen Wert von etwa 70 ng und bleibt damit unter dem empfohlenen Maximum. Dieses wird jedoch bei Temperaturen über 70 Grad bereits innerhalb von weniger als vier Tagen überschritten. Nach zwölf Tagen werden NDMA-Werte von etwa 140 ng erreicht.

NDMA könne demnach während des Transports entstehen, beispielswiese durch erhöhte Temperaturen in Fahrzeugen, während des Versands oder bei der Lagerung nach dem Kauf durch die Verbraucher. Laut Emery Pharma wäre es daher sinnvoll, die Arzneimittel nicht nur vom Hersteller, sondern auch vor der Abgabe – in der Apotheke, beim Großhandel – auf NDMA zu untersuchen. Das Labor gibt jedoch zu, dass das Vorgehen für die Einzelhändler unpraktisch ist. Um jedoch zu vermeiden, dass die Arzneimittel hohen Temperaturen ausgesetzt werden, empfiehlt Emery Pharma, die Präparate gekühlt zu transportieren und zu lagern, also der Kühlkette zu unterstellen. Das bedeutet, Ranitidin sollte in temperaturgesteuerten Transportfahrzeugen geliefert und kühl gelagert werden. Zudem sollte die Umverpackung mit entsprechenden Hinweisen zu den Lagerbedingungen versehen werden. Empfohlen wird außerdem ein Indikatoretikett, dass dem Verbraucher anzeigt, dass die Lagertemperatur überschritten wird.

In der Emery-Petition wird die FDA nun aufgefordert, alle Ranitidin-haltigen Arzneimittel zurückzurufen. Außerdem sollen die Verbraucher über die Instabilität des Arzneistoffs informiert werden. Die Behörde soll auch Anweisungen zur Entsorgung und Rücksendung geben. Denn wird das Arzneimittel über die Toilette oder das Waschbecken entsorgt, kann das Nitrosamin die öffentliche Wasserversorgung gefährden. Die Petition fordert zudem die Verschreibungspflicht für Ranitidin-haltiger Arzneimittel.

Die FDA hatte am 4. Dezember mitgeteilt: „Wir geben heute bekannt, dass wir die Hersteller von Ranitidin- und Nizatidin-Produkten gebeten haben, ihre NDMA-Tests zu erweitern, um alle Arzneimittelchargen einzuschließen, bevor sie den Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden. Wenn Tests ergeben, dass NDMA über der zulässigen täglichen Aufnahmegrenze liegt (96 ng pro Tag oder 0,32 ppm für Ranitidin), muss der Hersteller die Agentur informieren und sollte die Charge nicht in Umlauf bringen.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema

APOTHEKE ADHOC Debatte