Apotheker von morgen erfährt Tücken der Politik

„Kramp-Karrenbauers Verhalten ist ziemlich borniert“

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Berlin -

Der Pharmaziestudent Benedikt Bühler kämpft für die Umsetzung des Rx-Versandverbotes. Gemeinsam mit Kommilitonen hat er die Petition #MitUnsNicht gestartet. Dass sie derzeit erst 2787 statt der erhofften 50.000 Unterzeichner hat, entmutigt den engagierten Karlsruher nicht. Auch mit schweigenden Politikern kann er mittlerweile umgehen.

Tag für Tag lernt er ein bisschen mehr über die Tücken der Politik. Eigentlich sind Politiker ja geboren, um zu reden. Werden sie schweigsam, sollte das Volk aufmerksam werden. Bühler ist 19 Jahre alt und studiert an der Budapester Semmelweis-Universität Pharmazie. Er fordert von den Politikern von heute nichts weniger als ein Bekenntnis zur Offizin von morgen. Seine Familie betreibt in dritter Generation in Karlsruhe die Rathaus-Apotheke. Er möchte sie eines Tages übernehmen, ist angesichts der politischen Lage allerdings nicht sicher, ob das ein Plan ist, der ihm langfristig seinen Lebensunterhalt sichern wird.

Im Februar schrieb er deshalb an die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer und fragte sie in einem offenen Brief, ob sie hinter dem im Koalitionsvertrag versprochenen Rx-Versandverbot stehe. Dann begann das lange Warten. Anfangs war Bühler, der sich in der Jungen Union engagiert, zuversichtlich, dass sein Brief beantwortet werden würde.

Mittlerweile steht fest: AKK wird nicht persönlich antworten. Bühler sagt: „Ich habe in einem Telefonat mit dem Büro von Frau Kramp-Karrenbauer erfahren, dass man auf meinen offenen Brief wie auf alle offenen Briefe nicht antworten wird. Wenn ich Antwort von ihr haben möchte, muss ich privat als CDU-Mitglied an sie schreiben. Dann könnte ich mit einer Antwort rechnen, die dann allerdings nicht öffentlich gemacht werden dürfte. Statt Frau Kramp-Karrenbauer hat mir Generalsekretär Paul Ziemiak geantwortet. Dieser Brief darf ebenfalls nicht veröffentlicht werden.“ Das habe ihn „zornig und deprimiert“ gemacht, sagt Bühler. Für die Vorgehensweise der Politikerin hat der Pharmaziestudent wenig Verständnis: „Dieses Verhalten ist ziemlich borniert. In jeder wichtigen Rede hört man, wie wichtig die Basis und die Jungen sind, aber wenn man ein Anliegen hat, merkt man schnell, wie verfehlt diese großen Worte sind.“

Entmutigen lässt sich Bühler dadurch nicht. „Ich werde weiterhin für unsere Ziele kämpfen.“ Das kleine Team, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Sorgen der Apotheker von morgen auf die politische Tagesordnung zu bringen, besteht aus fünf Studenten. „Wir planen die Aktionen gemeinsam, ich bin das Gesicht der Aktionen“, sagt Bühler.

Dass nicht jede politische Aktion unverzüglich zum Erfolg führt, musste die kleine, engagierte Truppe schnell lernen. Hoffnungsfroh hatten sie am 21. Februar die Petition #MitUnsNicht gestartet, wollten innerhalb von drei Monaten 50.000 Mitstreiter gewinnen. Mittlerweile hat Bühler eingesehen, dass das illusorisch ist. Tapfer sagt er: „Die derzeit rund 2000 Unterschriften sind ein akzeptables Ergebnis. Die Petition ist noch nicht tot.“ Allerdings habe er die Unterstützungsfreude von Kammern und Verbänden überschätzt, so hat zum Beispiel der Bundesverband der Pharmaziestudierenden (BPhD), auf den er gehofft hatte, seine Unterstützung versagt.

Auch formal habe man Fehler begangen: „Diese Petition ist rein rechtlich nicht zulässig, weil man in einer Petition keine privaten Forderungen – wie die alten Freundschaftsbande zwischen Spahn und Müller – erwähnen darf. Das haben wir leider vorher nicht gewusst.“ Auszug aus der Petition: „Weshalb zögert Bundesgesundheitsminister Jens Spahn? Weil das Rx-Versandverbot seinem marktliberalen Verständnis und seiner Vorstellung einer vernetzten Gesundheitsversorgung widerspricht? Oder spielen alte Freundschaftsbande zu Max Müller eine Rolle? Mit Müller gründete Spahn 2006 eine Gesellschaft, die auch Kunden aus der Pharmabranche beriet, inzwischen ist Müller im Vorstand der Versandapotheke DocMorris.“

Bis zum Ablauf der Petition in rund sechs Wochen sollen noch Aktionen folgen, um Stimmen und Aufmerksamkeit zu sammeln. „Wir planen derzeit, geben aber noch nichts bekannt. Wir wollen nach wie vor die Politik wachrütteln“, erklärt Bühler. Die Aktionen sollen in den kommenden Wochen stattfinden.

„Am Tag der Europawahlen am 26. Mai finden auch in Baden-Württemberg Wahlen statt“, sagt Bühler. Die kommenden Wochen möchte er dazu nutzen, die Politiker vor Ort auf die Probleme der Apotheken vor Ort aufmerksam zu machen. „Am 16. April werde ich beim Jahresempfang der CDU in Karlsruhe sein. Dort wird Ralph Brinkhaus, der Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Gastredner sein. Bei diesen Veranstaltungen ergibt sich immer die Möglichkeit, mit solch wichtigen Politikern ins Gespräch zu kommen. Es ist mein festes Ziel, mit ihm über unsere Anliegen zu sprechen. Die Skepsis gegenüber dem Rx-Versandverbot der meisten Politikerinnen und Politiker basiert fast immer auf Unkenntnis. Das muss geändert werden.“

Nur wer wagt, gewinnt. Die angehenden Pharmazeuten könnten auch das Budapester Studentenleben genießen, stattdessen investieren sie viel Zeit und Energie, um sich politisch zu engagieren. Von Branchenkollegen bekommen sie derzeit viel Unterstützung in Form von Mails. Jedes Posting ist ein Stückchen Aufforderung, weiter zu machen. „Wir bekommen sehr viele Nachrichten, in denen Studenten , PTA und Apotheker schreiben, dass sie es wichtig finden, was wir machen. Das ist aufbauend. Dieser Rückhalt motiviert uns, weiterzumachen.“ Dass ABDA-Präsident Friedemann Schmidt auf Bühlers kritischen Brief zur aktuellen Situation der Apotheken bislang nicht geantwortet hat, tut da nur noch halb so weh.

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