Online-Umsätze

Amazon: Zahlen zum Fürchten

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Berlin -

Das rote A hat Angst vor dem großen A: Sollte Amazon in den deutschen Arzneimittelmarkt einsteigen, da sind sich alle einig, wird es schmerzhaft für die Apotheken. Wie groß die Macht des Versandriesen wirklich ist, belegen aktuelle Zahlen aus den USA. Nach Berechnungen der Marktforschungsfirma eMarketer vereint Amazon mittlerweile die Hälfte des gesamten Onlinehandels in den USA auf sich.

Der Online-Markt 2018 wird bis dato auf knapp 253 Milliarden US-Dollar (215 Milliarden Euro) geschätzt. Laut eMarketer hat Amazon im laufenden Jahr 49,1 Prozent davon eingefahren. Nummer 2 mit gewaltigem Abstand ist Ebay mit 6,6 Prozent Marktanteil. Auf dem dritten Platz folgt Apple mit 3,9 Prozent, kurz vor dem Einzelhandelsriesen Walmarkt mit 3,7 Prozent.

Das Ranking zeigt die stetig wachsende Übermacht Amazons. Die Top 10 der Branche haben zusammen gut 70 Prozent des Onlinemarktes unter sich verteilt, aber hinter Walmarkt kommt schon kein einziger Anbieter mehr über einen Marktanteil von 1,5 Prozent. Hier finden sich immerhin Onlinehändler wie The Home Depot, Best Buy, QVC, Macy’s, Costco und Wayfair – allesamt chancenlos gegen Amazon. Der Platzhirsch beherrscht den Zahlen von eMarketer zufolge inzwischen sogar 5 Prozent des gesamten US-Einzelhandels.

Und wirklich beunruhigend ist der Trend. Im Vergleich zum Vorjahr konnte Amazon die Verkäufe um 29 Prozent steigern und damit seinen Anteil von damals 43 Prozent erneut massiv ausbauen. Dabei hilft vor allem der Marketplace, auf dem Drittanbieter ihre Ware handeln und Amazon Provisionen kassiert. Etwa zwei Drittel der Verkäufe sollen über diesen Kanal stattfinden.

In die Schätzungen sind Analysen anderer Marktforschungsfirmen eingeflossen sowie veröffentliche Zahlen der Unternehmen und Trends aus der Konsumforschung. eMarkter wurde im Juni 2016 für umgerechnet 206 Millionen Euro von Axel Springer übernommen.

Der Siegeszug von Amazon ist bekanntermaßen kein US-Phänomen. Laut einer Studie des Handelsverbandes Deutschland (HDE) beherrscht der Konzern auch hierzulande schon fast die Hälfte des Onlinehandels. 46 Prozent der Umsätze entfielen demnach auf die deutsche Amazon-Tochter. Nach Hochrechnungen von t3n beträgt der Umsatzanteil in Deutschland sogar schon 53 Prozent.

Und was bedeutet das für den deutschen Arzneimittelmarkt? Zwar wird der Handel mit apothekenpflichtiger Ware über den Amazon-Marketplace derzeit gerichtlich angegriffen. Es ist aber fraglich, ob sich der Konzern davon dauerhaft abhalten lassen wird. Nach Zahlen der Marketingagentur Dr. Kaske liegt Amazon beim reinen OTC-Umsatz inklusive Nahrungsergänzungsmittel immerhin schon auf Platz 15 der Branche, bei nicht-apothekenpflichtigen Produkten sogar in den Top 10.

Was selbst mit großen Versandapotheken passieren dürfte, wenn Amazon ernst macht, zeigen andere Statistiken von Dr. Kaske: Ein durchschnittlicher Kunde gibt bei der niederländischen Shop-Apotheke – dem Top OTC-Versender in Deutschland – jährlich 105 Euro aus. Bei Amazon sind es 504 Euro, bei der Abo-Version „Prime“ sogar 1231 Euro. Zwar lassen sich die Ausgaben nur schwer vergleichen, da bei Amazon noch immer das Technik- und Elektroniksegment führend ist, aber Gesundheitsprodukte sind beim Konzern immerhin schon das drittwichtigste Geschäftsfeld.

Und das größte Problem der Konkurrenz ist die Treue der Amazon-Kunden: So kauft fast jeder zweite Kunde (47 Prozent) mindestens einmal wöchentlich über die Plattform ein. Bei den Top-Onlinehändlern in Deutschland sind das laut Dr. Kaske nur 13 Prozent der Kunden. Alle zwei bis drei Wochen besuchen 24 Prozent der Amazon-Kunden den Onlineshop, bei den deutschen Händlern sind es 19 Prozent. Die meisten kommen seltener als jeden zweiten Monat.

Fabian Kaske erklärt eine wiederkehrende Strategie des Versandriesen: „Amazon integriert gerne und häufig vertikal, greift dadurch alle Marktteilnehmer an.“ Beispiel Bücher: Amazon habe einen eigenen Verlag mit hohem Anreiz für Autoren, da diese hier 70 Prozent der Bucheinnahmen bekommen statt sonst ca. 10 Prozent. Und der eReader (Kindle) ist im eigenen Sortiment. Im Elektronik-Segment landete Amazon mit den mithörenden Lautsprechern Alexa/Echo einen riesigen Erfolg.

Und ganz frisch hat sich Amazon in den USA in den Arzneimittelmarkt gestürzt: Mit PillPack wurde eine selbst verblisternde Versandapotheke übernommen. Und unter der OTC-Eigenmarke „Basic care“ gibt es bereits Ibuprofen, Aspirin, Omeprazol & Co.. „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis diese in Deutschland verfügbar sind“, erwartet Kaske.

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