Hypertonie

Neue Blutdruck-Leitlinie: Monotherapie hat ausgedient

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Berlin -

Kürzlich haben Kardiologen die neuen EU-Leitlinien zur Behandlung der Hypertonie beim Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München vorgestellt. Demnach sollen Patienten bereits zu Beginn ihrer Behandlung eine Kombinationstherapie erhalten, statt zuerst mit einer Monotherapie behandelt zu werden. Außerdem bleibt nach den neuen Empfehlungen der bisherige Grenzwert erhalten.

Laut aktueller Leitlinie wird bei einer Mehrheit der Hypertoniker künftig von Anfang an eine Behandlung mit sogenannten Fixdosis-Kombinationen mit zwei oder drei unterschiedlich wirkenden blutdrucksenkenden Substanzen empfohlen. Bisher sollte zunächst mit einem Medikament begonnen und erst bei Bedarf mit einem zweiten oder dritten Medikament kombiniert werden.

„Die medikamentöse Therapie soll nun primär als Zweifach-Kombinationstherapie aus ACE-Hemmern oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB) und Kalziumantagonist oder Thiaziddiuretikum erfolgen, die Monotherapie hat als Erstlinientherapie ausgedient“, sagt Professor Dr. Bernhard K. Krämer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga.

Kombinationspräparate haben Krämer zufolge darüber hinaus den Vorteil, dass mehrere Wirkstoffe in einer Tablette zum Teil in niedrigerer Dosierung kombiniert werden, was die Tabletten in der Regel nebenwirkungsärmer mache. Das konnte auch in einer aktuellen Studie gezeigt werden. Den Analysen der Forscher um Dr. Ruth Webster vom George Institute for Global Health in Sydney zufolge kam es bei den Patienten, die die Dreifachkombination erhielten, nach sechs Monaten zu einer wirksameren Blutdrucksenkung als bei der gängigen Behandlung mit einem Antihypertonikum.

„In diesem Zusammenhang wird in der neuen Leitlinie angemerkt, dass Kombinationspräparate, in denen die Substanzen in einer Tablette enthalten sind, die Therapietreue erhöhen dürften“, so Professor Dr. Stephan Achenbach, Vorsitzender des Congress Programme Committee des ESC-Kongresses.

Eine bessere Compliance führt in der Folge zu einer höheren Rate von Patienten, deren Blutdruck im Zielbereich liegt, und damit weniger kardiovaskulären Komplikationen. Die Fixkombinationen sind zwar in der Regel teurer als die Monotherapien, aber angesichts der Tatsache, dass Folgekomplikationen von unbehandeltem Bluthochdruck das Gesundheitssystem finanziell unnötig belasten, dürfte sich das relativieren.

Bei therapieresistenter Hypertonie, bei der der Blutdruck mit einer Kombination von drei Blutdrucksenkern nicht ausreichend gesenkt werden kann, wird die zusätzliche Gabe eines Diuretikums empfohlen. Die Leitlinie empfiehlt allen Hypertonikern eine Änderung des Lebensstils. Dazu gehören beispielsweise gesunde Ernährung, Nikotinverzicht und ausreichend Bewegung. Zudem sollte ein Koma- oder Rauschtrinken vermieden werden.

Bei Patienten, die unter Bluthochdruck und Krebs leiden, kann nach den neuen Empfehlungen ein vorübergehendes Aussetzen der Krebsbehandlung in Betracht gezogen werden, wenn sehr hohe Blutdruckwerte auch mit einer Kombinationsbehandlung nicht kontrollierbar sind. Ebenfalls neu ist, dass Patienten mit stark erhöhtem Blutdruck darauf verzichten sollen, sich in Höhenlagen von mehr als 4000 Meter Seehöhe zu begeben.

Die Blutdruckgrenzwerte wurden in den letzten Jahren kontrovers diskutiert. Im vergangenen Jahr sind in den USA die Leitlinien für Bluthochdruck geändert worden. Damit haben Menschen schon ab einem Wert von 130 (systolischer Druck) zu 80 (diastolischer Druck) einen behandlungsbedürftigen Bluthochdruck. Zuvor hatte der Grenzwert bei 140/90 gelegen. „Viele Studien zeigen ein Ansteigen des kardiovaskulären Risikos bereits ab einem Blutdruck von 130/80 mm Hg auf”, erklärt Krämer.

Hierzulande sieht neue Leitlinie weiterhin vor, Hypertoniker erst ab einem Blutdruck von ≥ 140/90 mm Hg medikamentös zu behandeln. „Die neue Leitlinie definiert aber erstmals einen niedrigeren, individuell festzulegenden Zielwert [...] bei der medikamentösen Hochdruckbehandlung”, so Krämer. Für Patienten unter 65 Jahren liegt dieser Wert erstmals bei 120/70 bis 130/80 mm Hg – vorausgesetzt die Therapie wird gut vertragen.

„Es nützt nichts, die Patienten durch das Absenken der Grenzwerte kränker zu machen. Die Herausforderung und Verantwortung für den Arzt gegenüber seinen Patienten liegt darin, sie in der Therapietreue medikamentös und nicht-medikamentös zu unterstützen”, sagt Professor Dr. Peter Trenkwalder, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga. Eine Gefahr für eine Untertherapie der Patienten sehen die Experten der Deutschen Hochdruckliga in den neuen Empfehlungen nicht.

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