Rx-Versandverbot

Gröhe findet Apotheken besser als Drohnen

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Berlin -

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat das von ihm geplante Rx-Versandverbot gegenüber der Rheinischen Post (RP) erneut verteidigt: „Unsere bewährte Apothekenversorgung wäre gefährdet, wenn es in Folge der EuGH-Entscheidung zu einem massiven Anstieg des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln käme“, sagte er der Zeitung. Der Wettbewerb zwischen den Apotheken sei jetzt schon spürbar.

Gröhe wird im Interview zunächst zum Terroranschlag in Berlin und dessen Folgen befragt. Der CDU-Politiker warnt davor, das Thema politisch auszubeuten. Gleichzeitig kritisiert er beim Thema Sicherheitsmaßnahmen die Position „mancher Linker“, die Gefährdung der Freiheit gehe von der Polizei aus.

Nach drei Fragen zur inneren Sicherheit wechselt das Interview sprunghaft zum Rx-Versandverbot und warum Gröhe als Anhänger der Marktwirtschaft dies plane. „Arzneimittelversorgung ist weit mehr als Arzneimittelverkauf! Es geht auch um Beratung – gut erreichbar, rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche“, so Gröhe. Er verweist zudem darauf, dass in den meisten EU-Staaten der Rx-Versandhandel verboten ist.

Gröhe befürchtet, dass sich auch deutsche Apotheken anderenfalls das Recht erstreiten würden, Rx-Boni zu gewähren. „Dies würde die Lage für die Präsenz-Apotheken weiter verschärfen.“ Als Reaktion nur das Apothekenhonorar zu erhöhen, wie es die SPD vorschlage, löse keine Probleme, koste die Versicherten aber zusätzliches Geld.

Online in die Sprechstunde, online bestellen und künftig vielleicht Lieferung per Drohne – ob Gröhe nicht veraltete Strukturen bewahre, wird er gefragt. „Wenn Ihre Tochter nachts um elf Uhr Magenschmerzen hat, berät Sie die Drohne nicht“, kontert der Minister. Er sehe jedenfalls keinen Grund, die bewährte persönliche Vor-Ort-Betreuung infrage zu stellen.

Auf die Apothekendichte angesprochen verweist Gröhe auf den Rückgang seit einigen Jahren. Zudem gebe es „einen spürbaren Preiswettbewerb“ bei OTC-Arzneimitteln. „Ortsnähe sollte es aber weiter geben.“ Und immer wenn eine Apotheke schließe, „schreien Gemeinderäte, Bürgermeister und übrigens auch Lokalredakteure auf“, so Gröhe gegenüber der RP.

Auf den Vorschlag, das Mehrbesitzverbot für Apotheken zu lockern, sagt Gröhe lakonisch: „Wir können alles infrage stellen. Oder wir können erhalten, was sich bewährt hat.“ Die Apothekerlobby wird von Gröhe offenbar nicht als auffallend hartnäckig wahrgenommen: „Alle Beteiligten setzen sich vehement für ihre Interessen ein. Maßstab für die Politik kann aber nur das Allgemeinwohl sein“, so der Minister.

Zum „Wahlkampfschlager“ der SPD, der Einführung einer Bürgerversicherung, sagt Gröhe: „Außer dem schicken Titel kann ich nichts daran finden.“ Das Nebeneinander von gesetzlicher und privater Krankenversicherung habe sich bewährt. Beide Systeme profitierten letztlich vom Wettbewerb.

Als der „teuerste Gesundheitsminister in der Geschichte der Bundesrepublik“ will sich Gröhe von der RP nicht bezeichnen lassen. Man müsse die Kirche im Dorf lassen, 2017 bleibe der Zusatzbeitrag der Kassen in aller Regel stabil, auch 2016 sei der Anstieg moderat gewesen.

Zum Jahreswechsel startet die letzte Phase der Pflegereform. Demenzkranke erhielten damit endlich einen gleichberechtigten Zugang zu allen Leistungen der Pflegeversicherung, so Gröhe. „Und wir stärken mit umfangreichen Leistungsverbesserungen Pflegebedürftige, ihre Angehörigen und unsere Pflegekräfte.“ Das Thema bleibe aber auf der Tagesordnung. Er gehe von stabilen Beiträgen bis 2022 aus.

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