Orale Kontrazeptiva

Ein Stern, der vor Schwangerschaft schützt

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Berlin -

Orale Kontrazeptiva werden täglich eingenommen. 9 Prozent der Frauen, die mit der Pille verhüten, werden pro Jahr trotzdem schwanger. Der Grund: Die Einnahme wird vergessen. Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) forschen an neuen galenischen Konzepten, um eine seltenere Einnahme zu ermöglichen. Eine Kapsel, die sich im Magen zu einem Stern entfaltet, könnte die Lösung sein.

Robert Langer und Giovanni Traverso vom MIT arbeiten an einer Kapsel zur Empfängnisverhütung, die nur einmal monatlich eingenommen werden muss. Ein erster Prototyp wurde von den Forschern nun vorgestellt: Die Kapsel ist galenisch besonders stabil. Um eine anhaltende Wirkung zu erzielen, muss die Pille im Körper verbleiben. Da die Darmperistaltik für eine zeitnahe Ausscheidung sorgen würde, suchten die Wissenschaftler nach Möglichkeiten, wie das Arzneimittel im Magen verbleiben kann.

Nachdem die Magensäure die Gelatinehülle aufgelöst hat, kommt ein Salzsäure-resistenter Kunststoff zum Vorschein. Dieser entfaltet sich dann zu einem sternenförmigen Gebilde. Die entgültige Größe entspricht 5,4 cm und überschreitet somit den Durchmesser des Magenpförtners – das Arzneimittel kann den Magen nicht verlassen. Durch die ständige Magenbewegung schwimmt der Stern im Nahrungsbrei hin und her und führt nicht zu einer Verstopfung.

In den Kunststoff eingearbeitet ist der Wirkstoff Levonorgestrel – das synthetisch hergestellte Gestagen der zweiten Generation wird in Kombination mit einem Estrogenderivat in zahlreichen oralen Kontrazaptiva eingesetzt. Das MIT entschied sich für diesen Wirkstoff, da er hinsichtlich seiner pharmakologischen und pharmakokinetischen Eigenschaften gut erforscht ist. Der Wirkstoff ist auch in hormonhaltigen Spiralen und Implantaten enthalten. Auch in der Pille danach ist Levonorgestrel in höherer Dosierung enthalten.

In Tierexperimenten konnte die kontinuierliche Abgabe des Wirkstoffes bestätigt werden: Levonorgestrel wurde in ausreichender Menge über drei Wochen abgegeben. Das Ziel der Forscher ist es, eine Freisetzung für vier Wochen zu erzielen. Gleichzeitig suchen die Wissenschaftler nach einer Lösung für die Auflösung des Sterns: Nachdem der gesamte Arzneistoff abgegeben wurde, verbleibt das Konstrukt aktuell noch im Magen. Die Kunststoffe müssten hinsichtlich ihrer Stabilität verändert werden – nach vier Wochen sollte sich das Gebilde durch die Magensäure zersetzen, sodass eine neue Kapsel eingenommen werden kann. Ein weiteres Problem: Die Spitzen des Sterns brechen aufgrund der starken Magenbewegung ab. Je nachdem wie groß der Anteil ist, kann es zu einer verminderten Wirkstoffabgabe kommen – ein ausreichender Empfängnisschutz kann nicht mehr gewährleistet werden.

Die Forscher betonen, dass es für das neuartige Applikationssystem zahlreiche Einsatzgebiete geben würde, so hätten die Wissenschaftler schon ähnliche Sterne für die Malariaprophylaxe und die HIV-Therapie entwickelt. Bei Erkrankungen bei denen Adhärenz ein Problem ist, könnte eine einmal monatliche Einnahme die Therapie sicherstellen. Langer und Traverso fassen Demenz und psychische Erkrankungen ins Auge.

Aktuell ist der Prototyp nur ein erster Machbarkeitsbeweis. Weitere Studien müssen folgen. Das Projekt findet in den USA große Beachtung und wird aktuell von der „Bill und Melinda Gates Foundation“ mit mehreren Millionen Dollar unterstützt – notwendige Prüfungen und die Weiterentwicklung der Kunststoffe sollen durch die Unterstützung vorangetrieben werden. Die Stiftung setzt sich für die Entwicklung ein, um Frauen in Entwicklungsländern eine Möglichkeit zur selbstbestimmten Familienplanung zu geben.

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