Herstellbetriebe

Medios: Apotheker verschiebt Aktienverkauf

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Berlin -

Manfred Schneider, ehemaliger Inhaber der BerlinApotheke, hat den Verkauf von Anteilen am börsennotierten Herstellbetrieb Medios verschoben. „Diese Entscheidung wurde aufgrund der aktuell ungünstigen Marktbedingungen getroffen“, heißt es. Es geht um zweistellige Millionenbeträge.

Schneider ist nicht nur Vorstandschef von Medios, sondern mit 56 Prozent auch größter Anteilseigner. Im Oktober hatte er angekündigt, sich von einem größeren Paket trennen zu wollen. Nach letztem Stand wollte er rund 13 Prozent an institutionelle Anleger abgeben, weitere 2 Prozent sollten durch das Management platziert werden. Der Streubesitz sollte so von aktuell 40,5 auf 55,5 Prozent erhöht werden.

Doch die Transaktion wurde nun erst einmal verschoben. Mit der aktuellen Debatte um die Neugestaltung der Vergütung im Bereich der Sterilherstellung durch Gesundheitsminister Jens Spahn habe die Entscheidung nichts zu tun, erklärt ein Sprecher. Vielmehr sei das Börsenumfeld seit einiger Zeit volatil, sodass auch andere Unternehmen Maßnahmen wie Börsengänge verschoben hätten. Nach wie vor sei geplant, den Streubesitz der Gesellschaft, ihre Präsenz am Kapitalmarkt und die Liquidität der Aktien zu erhöhen, indem man „neuen Anlegern, die nach einem Einstieg in die Medios-Aktie suchen, Zugangsmöglichkeiten bietet“. „Dementsprechend soll die beabsichtigte Transaktion gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden.“ Um die Tatsache zu bekräftigen, dass es keinen unmittelbaren Bedarf gibt, derzeit Aktien zu verkaufen, habe Schneider eine 90-tägige Veräußerungsbeschränkung unterzeichnet.

Für Schneider geht es um viel Geld. Noch im Sommer notierte die Aktie bei rund 23 Euro, bei diesem Preis wäre das Paket, das er abgeben will, mehr als 40 Millionen Euro wert. Im Vorfeld der Verkaufsankündigung notierte die Aktie bei 17 Euro, womit Schneiders Paket rein rechnerisch 31 Millionen Euro gekostet hätte. Aktuell wird das Papier für etwas mehr als 14 Euro gehandelt, entsprechend knapp 26 Millionen Euro.

Doch unabhängig davon, zu welchem Preis er das Paket am Ende abgeben kann, hat sich der Börsengang für Schneider wohl gelohnt. Selbst nach dem Verkauf wären seine verbleibenden Anteile nach den jüngsten Kursen zwischen 85 und 140 Millionen Euro wert. Bei einem kompletten Verkauf der Firma beispielsweise an einen Finanzinvestor hätte er wohl keinen annähernd so hohen Preis erzielen können wie jetzt am Kapitalmarkt.

Zum Vergleich: Als der Apotheker das Unternehmen – bestehend aus Herstellbetrieb und Spezialgroßhändler – 2017 an die Börse brachte, musste er nur einen Bruchteil der Anteile für den Firmenmantel abgeben. 19 Millionen Euro sammelten er und sein Finanzchef Matthias Gärtner in einem ersten Schritt an Kapital ein, der Preis je Aktie lag damals bei rund 7 Euro.

Aussteigen will Schneider aber vorerst nicht, nach dem Verkauf sind seine verbleibenden Anteile für sechs Monate gesperrt. Sein Vorstandsvertrag wurde ohnehin gerade bis Ende 2020 verlängert. Der Erfolg gibt ihm recht, das Geschäft läuft: In den ersten neun Monaten lagen die Umsätze mit 235 Millionen Euro rund ein Viertel über Vorjahresniveau. Das bereinigte Vorsteuerergebnis erhöhte sich um 29 Prozent auf 8 Millionen Euro. Im Gesamtjahr soll der Umsatz auf 320 Millionen Euro ansteigen.

„Die jüngsten Rekordzahlen bestätigen uns darin, unsere Wachstumsstrategie konsequent fortzusetzen, um auch künftig maßgeblich von der anhaltend hohen Nachfrage nach individualisierter Medizin zu profitieren“, kommentierte Schneider die Zahlen. Aktuell hat Medios mehr als 140 Partnerapotheken; mittelfristig soll die Anzahl auf 300 erhöht werden. Langfristig sieht Schneider sogar ein Potential von rund 1000 Partnerapotheken. Hintergrund ist, dass die Nachfrage nach individualisierten Medikationen deutlich steigt.

Medios ist – nach dem Verkauf der Zyto-Sparte von GHD an Zytoservice – einer der beiden großen Player im Bereich der Specialty-Therapien. Im März hatte Medios weitere Geschäftsbereiche der BerlinApotheke übernommen. Konkret wurde die Sterilherstellung nicht-zytostatischer Produkte unter das Dach des Unternehmens gebracht. Im Gegenzug erhielt Schneider noch einmal 900.000 Aktien. Zuvor hatte Medios einen Standort von GHD übernommen. In einem Gewerbegebiet in Charlottenburg sollen noch in diesem Jahr alle Tochterfirmen unter einem gemeinsamen Dach zusammenziehen.

Weitere größere Anteilseigner sind mit jeweils rund 3 Prozent Claudia Neuhaus (Witzleben-Apotheke) sowie Marcel Jo Maschmeyer, Sohn von TV-Investor Carsten Maschmeyer. Im Rahmen einer strategischen Allianz wurden vor einem Jahr ein ähnliches großes Paket an den aus der Hamburger Cranach-Apotheke von Martin Hesse hervorgegangenen Spezialgroßhändler Cranach Pharma abgegeben.

Die BerlinApotheken gehören Schneider nicht mehr. Seit 1. Juni führt seine bisherige OHG-Partnerin Anike Oleski den Verbund mit vier Apotheken alleine.

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