Hypnotherapie

Hypnose: Mehr als Hokuspokus

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Mainz -

Mehrere Hypnose-Gesellschaften in Deutschland verzeichnen eine steigende Nachfrage nach wissenschaftlichen Therapieformen mit Hilfe von Trance. Angewandt wird die sogenannte Hypnotherapie etwa bei Ängsten, Traumatisierungen, Verhaltensstörungen und zur Förderung von Heilungsprozessen. Hypnose als Therapie werde in der Bevölkerung immer bekannter, sagte eine Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Autosystemhypnose (DGSH).

Genau wie die DGSH bildet auch die Deutsche Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie (DGH) berufsbegleitend Ärzte, Psychologen und Zahnärzte aus. Die Zahl der mit Hypnotherapie behandelnden Mediziner steige, sagte eine DGH-Sprecherin. „Das hängt auch damit zusammen, dass immer mehr Krankenkassen die Erfolge sehen und die Hypnose als Zusatzleistung mit aufnehmen.“

Bei der Deutschen Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose (DGZH) soll nun das Ausbildungsangebot neu strukturiert werden. Von rund 90.000 Zahnärzten in Deutschland seien nur 2500 für Hypnose zertifiziert, meinte eine Sprecherin. „Viele halten es noch für Blödsinn.“ Deswegen sollten nun Studenten für die Hypnose ausgebildet werden.

In der Hypnotherapie wird gegen Vorurteile auf allen Seiten angekämpft. „Hypnose ist nicht das, was sich die meisten Menschen darunter vorstellen“, sagt DGSH-Präsident Götz Renartz. Es komme keine Schlange Kaa mit marmorierten Augen, die die Menschen verzaubere. Auch Pendel würden kaum verwendet – nicht weil es damit nicht funktioniere, sondern weil zu viel Esoterik damit verbunden sei. Um jemanden in die Hypnose zu versetzten, spricht der Arzt nur langsam und leiernd.

Tausende Hypnotherapeuten sind in Deutschland organisiert. Dazu gehören viele Zahnärzte und Psychotherapeuten, aber auch Chirurgen und Unfallmediziner. Hinzu kommen Logopäden, Heilpraktiker und Hebammen. Mehrere Monate dauert die berufsbegleitende Ausbildung bis zum Zertifikat. „Es hypnotisieren mehr, als die meisten Menschen wissen“, sagt Bernhard Trenkle, Mitglied im Vorstand der International Society of Hypnosis (ISH). Eine Hypnose-Ausbildung ist nicht Teil des Basis-Curriculums der ärztlichen Studiengänge.

Seit 2006 ist sie vom wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie in einigen Feldern anerkannt, etwa bei der Raucherentwöhnung. Mittlerweile umfasst die Liste der Krankheiten und Leiden, die empirisch belegt so wirksam behandelt werden können, unter anderem Operationsschmerzen, Geburtsschmerzen, Migräne, Phobien, Übergewicht sowie Schlaf- und Sexualstörungen. Nicht empfohlen wird Hypnotherapie bei akuten Psychosen und schweren Persönlichkeitsstörungen.

Der Patient muss bei der Hypnotherapie mitarbeiten. „Er muss den inneren Heiler finden“, sagt DGSH-Präsident Renartz. Die hypnotisierenden Ärzte und Therapeuten sind der Ansicht, dass die Patienten viele körperliche und seelische Probleme aus sich heraus behandeln können, mit ihren Selbstheilungskräften. Etwa zehn Prozent der Bevölkerung gelten allerdings wissenschaftlich als nicht hypnotisierbar – bei diesen Menschen klappt es einfach nicht.

Bei den Zahnärzten gibt es nicht nur die Hypnose am Stuhl, etwa zur Schmerzlinderung beim Ziehen von Weisheitszähnen. „Die hypnotische Kommunikation kommt in jede Behandlung mit rein, ohne dass es der Patient bewusst mitbekommt“, sagt Thomas Wolf, Präsident der DGZH. Schon vom ersten Anruf werde den Patienten vermittelt, dass die Praxis ein sicherer Raum sei, sie keine Angst haben müssten und sich dort wohlfühlen könnten.

Bei der Suche nach einem Hypnose-Arzt ist eine fundierte medizinische Grundausbildung wichtig. „Wenn jemand hochschwanger ist, ist eine Hebamme ohne hypnotherapeutische Ausbildung besser als ein Hypnotherapeut, der keine Ahnung von Entbindungen hat“, sagt Trenkle von der ISH.

Mit Vorsicht zu genießen seien Ärzte, die meinen, alle Krankheiten behandeln zu können. „Ich zum Beispiel bin auf Stottertherapie spezialisiert und mache fast nur das“, sagt er. Zahlreiche wissenschaftlich fundierte deutschsprachige Hypnose-Gesellschaften haben das Portal hypnose.de eingerichtet. Auf den Webseiten der Gesellschaften finden sich dann Ärzteverzeichnisse.

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