Doppelkarriere

„Apothekerberuf hat viel mit Fechtsport gemein“

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Berlin -

Ehrgeiz und Zielstrebigkeit in gleich zwei Karrieren stellt der Österreicher Sebastian Lechner tagtäglich unter Beweis. Neben seiner Tätigkeit als Apotheker in Hallein misst er sich im Degensport und gibt als Trainer die Begeisterung an den Nachwuchs weiter.

Als Kind schon ließ sich Lechner von den Mantel- und Degenfilmen im Fernsehen inspirieren. „Ich wollte unbedingt wie Zorro kämpfen“, erinnert er sich. „Das schien mir das Tollste zu sein, was man sich vorstellen kann.“ Mit sieben Jahren stieg er in den Fechtsport ein und mit acht oder neun Jahren schon wieder aus. „Die Chemie mit meiner damaligen Trainerin stimmte einfach nicht.“ Erst zum Pharmaziestudium entsann er sich seiner alten Liebe. Damals starb seine Mutter, die ihm die erste Ausrüstung gekauft hatte. „Im Uni-Sportclub belegte ich einen Anfängerkurs und war sofort wieder begeistert. Hier trainierten noch vier weitere Pharmazeuten.“

Sein Approbationsjahr legte er 2007 in Niederösterreich ab. Eigentlich wollte er eine Doktorarbeit hinterher schieben. „Ich hatte vor, danach in die Forschung zu gehen. Doch bei einem Experiment im Labor kam es in Folge einer Oxidationsreaktion zu einer Verpuffungsexplosion. Ich hatte unsagbares Glück und trug nur oberflächliche Wunden davon.“

Gerade war auch seine Tochter auf die Welt gekommen, er beschloss, den Unfall als Zeichen zu nehmen und in die Offizin zurückzukehren. „Mir hat auch der direkte Kontakt mit Menschen gefehlt.“ Seit 2011 arbeitet er in der Burgfried-Apotheke in Hallein. „Wir haben hier sehr viel Stamm- und wenig Laufkundschaft. Ich mag all unsere Kunden sehr gerne, hier auf dem Dorf wird man noch als Apotheker geschätzt.“

Parallel dazu baute Lechner seine Degenlaufbahn gezielt weiter aus. „Erst nach einem Jahr Training fuhr ich zum ersten Mal zu einem Wettkampf nach Wien. Mit der Zeit kamen immer mehr Termine dazu.“ Mit der Geburt seiner Kinder haben die Turnierreisetätigkeiten etwas abgenommen, doch mit seinen 38 Jahren war Lechner zuletzt noch Landesmeister in der allgemeinen Klasse und österreichischer Seniorenmeister. An Fronleichnam nimmt er die Staatsmeisterschaften in der allgemeinen Klasse ins Visier.

Vor drei Jahren wurde die Zeit noch um einiges knapper, da gründete er den Fechtclub Hallein. Gemeinsam mit seiner Frau Tina und vier weiteren Trainern betreut er derzeit 25 Kinder zwischen 7 und 13 Jahren, dazu zehn Jugendliche und zehn Erwachsene. Der Zusammenhalt sei groß: „Die kleinen Kinder orientieren sich an den Großen, die Großen achten auf die Kleinen, sie feuern sich gegenseitig an und trösten sich, wenn es mal nicht so gut läuft. So soll es auch sein, auf der Bahn müssen sie wieder allein kämpfen.“

Jeder trage das Zeug zum Fechten in sich, ist Lechner überzeugt. „Ich bin der Auffassung, dass die Freude am Kampfsport sehr tief in uns ruht, möglicherweise ist sie evolutionär begründet.“ Schon nach dem ersten Training könne sich ein Erwachsener dem Kampf stellen, der erste Wettbewerb sei nach etwa einem halben Jahr möglich. „Am Anfang wird man natürlich nicht viel gewinnen. Nur wenn man dazu bereit ist, Letzter zu werden und trotzdem Spaß zu haben, sollte man antreten.“

Vor Kurzem fuhr Lechner mit einer kleinen Delegation zu den Jugendmeisterschaften. Dafür ließ er sogar seine eigene Titelverteidigung als Seniorenmeister sausen. „Die Kinder hatten großen Spaß am Wettkampf und keine Scheu, zu verlieren.“ Auch der eigene Nachwuchs beginnt schon die Fußspuren der Eltern zu erkunden. Der kleine Sohn ist mit 16 Monaten noch etwas zu jung. „Meine große Tochter Marta ist sieben Jahre alt und hat bei den Meisterschaften schon die Bronzemedaille geholt“, erzählt der stolze Papa. „Das ist schon besonders, wenn das eigene Kind auf der Bahn steht. Komischerweise bin ich bei anderen Kindern aufgeregter. Bei ihnen muss ich erst den Charakter ergründen, um sie dann auf den Wettbewerb einzustimmen.“ Schließlich solle der Nachwuchs den Kampf als bereichernd und nicht als belastend erleben. Das scheint aufzugehen: „Die Zahl der Anfragen für unseren Club ist irrsinnig hoch.“

Den Trainer-Job mit dem Hauptberuf als Pharmazeuten zu vereinbaren, falle ihm leicht, sagt Lechner. „Ich arbeite in Teilzeit zu 70 Prozent.“ Bei beiden Professionen gebe es durchaus Gemeinsamkeiten. „Die Notwendigkeit, im Fechten zu improvisieren, unter Zeitdruck schnell Entscheidungen zu treffen, ist mir auch im Apothekerberuf nützlich. Die Fähigkeit, meinen Gegner als Sparringpartner einzuschätzen, hilft mir auch beim Umgang mit dem Kunden. Die Gründlichkeit und Genauigkeit in der Apotheke kommunizieren gut mit der nötigen Präzision und Treffgenauigkeit im Fechtsport.“

Treffgenauigkeit und Entscheidungsschnelligkeit will Lechner trainieren so lange er kann. „Ich hatte einen Trainer, der mit knapp 70 noch aktiv gefochten hat. Das ist auch mein Ziel.“

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