GSAV

Cannabis: Schnellverfahren für Klinikrezepte

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Berlin -

Für die mittlerweile zu Canopy gehördende Firma Bionorica Ethics ist das gerade in Kraft getretene Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) ein Grund zur Freude: Denn eine Ergänzung des „Cannabis-Paragraphen“ im Sozialgesetzbuch (SGB V) erleichtere ab sofort die Anschlussversorgung von Patienten, die während eines Klinikaufenthalts auf Dronabinol eingestellt wurden. Weniger erfreulich dürfte die Regelung hingegen für die Krankenkassen sein.

Mit dem GSAV wurde § 31 Abs. 6 SGB V ergänzt: In Bezug auf die Genehmigungsfrist der Krankenkassen sind Patienten beim Übergang von stationärer zu ambulanter Versorgung nun mit solchen Patienten gleichgestellt, die Cannabinoide im Rahmen einer spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) verordnet bekommen haben.

Das heißt, dass die Krankenkasse von nun an nur noch drei Tage Zeit hat, über einen Antrag auf Kostenübernahme der ambulanten Weiterführung einer Therapie zu entscheiden, wenn ein Patient stationär auf eine Cannabinoid-Therapie eingestellt wurde. Kann sie diese Frist nicht einhalten, muss sie die Verzögerung schriftlich begründen. Wenn sie die Frist ohne Begründung verstreichen lässt, gilt der Antrag als fiktiv genehmigt und die Therapie kann auf ihre Kosten fortgesetzt werden. Im ursprünglichen Gesetzentwurf zum GSAV sollte die Antragspflicht zur Fortführung eigentlich komplett wegfallen – wurde ein Patient stationär eingestellt, hätte die Therapie ohne eine erneute Genehmigung weitergeführt werden können. Dem stellten sich aber die Kassen entgegen. Ihr Argument: Das würde der Entstehung von Cannabis-Kliniken Vorschub leisten, in denen Patienten nach kurzem Aufenthalt Verordnungen ausgestellt werden, für die die Kassen dann dauerhaft zahlen müssten.

Bisher betrug die Frist drei Wochen, wurde der MDK eingeschaltet, sogar fünf. „Dies führte häufig zu einer Therapie-Unterbrechung oder sogar zu einem Therapieabbruch bei schwerkranken Patienten“, heißt in einer Mitteilung von Bionorica Ethics. Die neue Regelung hingegen ermögliche nun eine lückenlose Versorgung der Patienten mit Cannabinoiden. Das gelte vor allem, wenn der Antrag auf Kostenübernahme bereits während des Klinikaufenthalts gestellt werde. Zwar müsse der Antrag formal vom Patienten als Versicherungsnehmer gestellt werden, „entscheidend für den Erfolg sind jedoch die Angaben im Arztfragebogen, so dass hier eine neue Aufgabe auf das Entlassmanagement der Klinik zukommt“, so Bionorica Ethics. An den zeitlichen Regelungen in der ambualnten Versorung hat sich indes nichts geändert: Hier sind weiterhin drei ohne und fünf Wochen mit MDK vorgesehen. Dem Vernehmen nach ist die Einschaltung des MDK bei Cannabis-Verordnungen aber eher die Regel als die Ausnahme. Stationäre Cannabis-Verordnungen werden dabei vergleichsweise wenig ausgestellt, größere Verschiebungen sind durch die Gesetzesänderung also eher nicht zu erwarten.

Bionorica Ethics bildet zusammen mit THC Pharm und C3 Austria die Cannabis-Sparte C3, die im Mai für 226 Millionen Euro vom kanadischen Cannabis-Konzern Canopy gekauft wurde. Bionorica Ethics ist dabei für Dronabinol zuständig, das Cannabinoid wird sowohl als Öl als auch in Kapselform hergestellt und vertrieben. 22 der 27 Millionen Euro Umsatz von C3 entfielen vergangenes Jahr auf Dronabinol, 5 Millionen auf Cannabidiol. Damit hat C3 nach eigenen Angaben einen Marktanteil von 50 Prozent. Und rechnet mit einem kräftigen weiteren Wachstum: Für 2019 werde ein Umsatz von 43 Millionen Euro erwartet.

Das GSAV ist nach der Zustimmung des Bundesrats im Juni vergangenen Freitag in Kraft getreten. Bezüglich der Cannabis-Versorgung ist auch eine weitere Neuregelung relevant: Künftig ist nach einmal erfolgter Genehmigung kein erneuter Antrag bei der Krankenkasse im Falle einer Anpassung der Dosierung oder eines Wechsels der Blütensorte notwendig.

Neben der Neuregelung in der Cannabis-Versorgung soll das Gesetz – wie der Name schon sagt – vor allem die Sicherheit in der Arzneimittelversorgung erhöhen: Als Konsequenz aus dem Zyto-Skandal von Bottrop und den Vorwürfen gegen den Arzneimittelhändler Lunapharm sollen Bundes- und Länderbehörden besser zusammenarbeiten und Apotheken sowie Herstellbetriebe stärker kontrolliert werden. Außerdem wurde das E-Rezept eingeführt.

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