Kein „Deutschlandrezept“

BMG: Apotheker müssen sich beeilen

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Berlin -

Mitte 2020 soll das E-Rezept nach den Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an den Start gehen. Derzeit laufen zur Vorbereitung verschiedene Modellprojekte. Während Spahn einen Wettbewerb der Konzepte will, setzt die ABDA nach wie vor auf das einheitliche „Deutschlandrezept“ unter ihrer Führung. Bei einer Diskussion zur Digitalisierung im Apothekenmarkt im Rahmen des Hauptstadtkongresses Medizin und Gesundheit plädierten ABDA-Vertreter und die Initiative Pro AvO für eine einheitliche Branchenlösung. Der Zukunftspakt von Noweda/Burda saß allerdings nicht mit auf dem Podium.

Zum Auftakt der Diskussion machte Dr. Gottfried Ludewig, Abteilungsleiter Digitalisierung im Bundesgesundheitsministerium (BMG), klar, dass es beim von Spahn eingeschlagenen hohen Tempo bleibt: „Im Gesundheitsbereich und bei Behörden gibt es brutalen Aufholbedarf bei digitaler Kommunikation und digitalen Angeboten für die Kunden.“

Es gebe von Apothekern noch keine 24/7-Angebote, wie sie in anderen Branchen längst üblich seien. „Was mache ich, wenn bei meinem Kind die Medikamente um 21.30 Uhr nicht anschlagen?“, fragte Ludewig. „Kann ich dann die ABDA anrufen, den DAV?“ Die Kunden erwarteten auch von den Heilberufen entsprechende Angebote, wie es sie beispielsweise für Reisen oder den Handel gebe.

Wer Amazon aus dem deutschen Apothekenmarkt halten wolle, müsse rasch eigene Angebote auf den Weg bringen. Amazon habe in den USA bereits eine eigene Krankenversicherung und mit Pillpack einen Arzneimittelservice am Markt. „Wir können den Markteintritt von Amazon nicht verhindern – weil die Patienten das wollen“, so Ludewig. Mit seinen Digitalisierungsgesetzen öffne das BMG jetzt „neue Räume“ für die Apotheken, um digitale Unterstützungsangebote für Patienten zu schaffen. Ludewig: „Nutzen sie mit Freude diese neuen Räume, damit die 150-jährige Erfolgsgeschichte auch in den kommenden 150 Jahren weitergehen kann.“

Festhalten will das BMG laut Ludewig beim E-Rezept am Wettbewerbskonzept: „Wir haben keine Sorge, dass ein Flickenteppich entsteht.“ Man habe vielmehr bewußt den Rahmen geöffnet für unterschiedliche Modellprojekte. Ausdrücklich begrüßte der BMG-Abteilungsleiter dabei das E-Rezept-Modellprojekt Gerda der Apothekerkammer Baden-Württemberg. „Ich freue mich über verschiedene Projekte.“ Es werde aber kein „Deutschlandrezept“ geben, stellte Ludewig klar.

Das sahen die ABDA-Vertreter in der Diskussion anders: Dr. Günther Hanke, Präsident der Apothekerkammer Baden-Württemberg, entgegnete: „Es kann nicht sein, dass es verschiede Apps mit einem roten Apotheken A gibt.“ Man müsse die verschiedenen Ansätze zu einer einheitlichen, patientenfreundlichen App zusammenführen.

Peter Froese, Leiter der AG Digitalisierung der ABDA, sagte: „Wir brauchen eine Lösung, die das menschlich und verständlich an die Leute bringt.“ Man müsse mit dem E-Rezept ein „neutrales Angebot“ schaffen, auf das Dritte keinen Einfluss hätten. Darauf aufbauend könne ein „Innovationsmarktplatz“ errichtet werden. Die ABDA lobbyiert für einen gesetzlichen Auftrag zur monopolartigen Umsetzung des E-Rezepts mit angeschlossener Plattform, die anderen dann für Anwendungen offen stehen soll.

Für eine einheitliche Branchenlösung sprachen sich auch Noventi-Chef Dr. Hermann Sommer und Gehe-Chef Dr. Peter Schreiner aus, die in der Initiative Pro AvO zusammenarbeiten: Die Industrie stehe mit digitalen Angeboten in den Starlöchern, sagte Sommer. „Wir müssen aber die Kontrolle über das E-Rezept behalten.“ Es müsse ein „Gesamtsystem“ entstehen, dass „breit getragen werde“. Dabei müssten die Apotheker die „Schlüsselposition“ erhalten, „das ist essentiell wichtig“. Sommer zeigte sich offen für Gespräche mit Noweda/Burda.

Schreiner kündigte zur Expopharm im September zwar ein eigenes digitales Angebot von Pro AvO an, setzt allerdings ebenso auf eine Branchenlösung: Der Onlinehandel werde weiter wachsen, die Apotheker könnten daran nur partizipieren, „wenn wir gemeinsame Sache machen“, so der Gehe-Chef. „Wir müssen uns zusammenschließen und eine Lösung für 82 Millionen Versicherte bauen.“

Berlins neu gewählte Kammerpräsidentin Dr. Kerstin Kemmritz sagte, Apotheken seien bei der Digitalisierung nicht das „Problem, sondern Teil der Lösung“. Im Hintergrund fast aller Apotheken laufe bereits „jede Menge Digitales“. Nur leider hätten die Apotheker oft nicht das „Heft in der Hand“. Es mangele beispielsweise an schnellen Internetverbindungen. Bei der Digitalisierung sieht Kemmritz die Apotheker in der Rolle der „Gatekeeper“, der „Übersetzer“ für die Patienten: „Apotheker sind keine digitalen Roboter.“

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