ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Münzterror: Apothekerin schafft Bargeld ab

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Berlin -

Alles wird teurer – sogar das Geld. Eine Apothekerin beklagt, dass ihre Sparkasse jetzt für jede Geldrolle 50 Cent haben will, angeblich wegen der niedrigen Zinsen. Weil sich das gerade bei kleinen Münzwerten überhaupt nicht mehr lohnt, hat die Apothekerin verschiedene Auswege gesucht. Und ist total gescheitert.

Die erste Idee der Apothekerin war, sich zumindest die Rollen mit den Münzen zu 1 und 2 Cent zu sparen. Also wurden alle Beträge auf den nächstkleineren Betrag, der auf 5 oder 0 endet, abgerundet. Statt 5,63 Euro Zuzahlung kassierte sie 5,60 Euro. Doch dann kam die Aufsicht und verbot die illegalen Rx-Boni. Denn durch das Abrunden würden die preisgebundenen Arzneimittel wirtschaftlich günstiger erscheinen.

Daran hatte die Apothekerin gar nicht gedacht, verstand den Punkt aber und wollte ja auch keinen Ärger. Also rundete sie fortan auf und kassierte 5,65 statt 5,63 Euro. Nach einem Monat hatte sie Spaß an der Sache: Kleinvieh macht auch Mist. Aber die Freude über den kleinen Zuverdienst legte sich sehr schnell, als sich die Kasse mahnend meldete. Regelmäßig zu viel Zuzahlung kassieren?! Man behalte sich ausdrücklich vor, die Staatsanwaltschaft zu informieren.

Die Apothekerin bekam ein bisschen Angst, kaufte sich bei der Sparkasse schnell ein paar Rollen Münzen und fuhr dann mit dem Botenfahrrad bei allen Kunden vorbei, um die zu Unrecht einbehaltenen Centbeträge zurückzuerstatten. Von Haustür zu Haustür, es wurde viel gelacht.

Ihre nächste Idee: Gar keine Münzen mehr annehmen. Die bargeldlose Apotheke. Aber auch das gab Ärger, denn laut Bundesbank muss jeder Gläubiger einer Geldforderung vom Schuldner Banknoten in unbegrenztem Umfang als Erfüllung seiner Forderung annehmen. Funfact: Mehr als 50 Münzen muss man bei einer Zahlung nicht annehmen und, Funfact 2, auch nicht Münzen im Wert von mehr als 200 Euro. Aber nur EC geht eben auch (noch) nicht…

Der erste Teil mit den teuren Münzrollen stimmt tatsächlich, aber ist es nicht vielsagend, dass der Rest der Geschichte gar nicht so abwegig klingt. Wie absurd zum Beispiel weiterhin die Debatte um Rx-Boni geführt wird. Jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) zum Glück festgestellt, dass die Abgabe von Taschentüchern okay ist. Da kommt die Bayerische Landesapothekerkammer und verbietet die Kalenderabgabe in Verbindung mit Rx-Arzneimitteln. Das versteht wirklich niemand mehr außerhalb der Branche.

Außerhalb der Landesgrenzen muss man sich mit solchen Detailfragen nicht befassen: EU-Versender dürfen Boni nach Herzenslust gewähren. Bei Zur Rose/DocMorris schlug das aber – wie zuletzt beim Mitbewerber Shop-Apotheke – deutlich aufs Ergebnis. Wachstumsschmerzen. Der BGH findet die Preisbindung erst dann nicht mehr sinnvoll, wenn sie hierzulande keine flächendeckende Versorgung mehr gewährleistet. Wenn die Versender zu viel Marktanteil haben. Also diejenigen, für die die Regeln nicht gelten, das System zerstört haben. Wild wild West.

Wie weit Zur Rose in dieser Sache ist, will CEO Walter Oberhänsli nicht verraten. Eigentlich nie ein Geheimnis war, was mit den Arbeitsplätzen in Hamburg passieren würde, nachdem Zur Rose das Versandgeschäft von Apo-Rot übernommen hat. Richtig: Sie werden gestrichen. Die Investoren an der Börse hat‘s gefreut, die Mitarbeiter in Hamburg nicht.

Passend dazu noch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf: Weil sich EU-Versandapotheken nach dem EuGH-Urteil nicht mehr an die Preisbindung halten müssen und Boni gewähren dürfen, müssen sie auch billiger einkaufen können. Irgendwo muss das Geld ja schließlich herkommen. Also sind auch die Hersteller nicht mehr an den Festpreis gebunden, wenn sie nach Holland verkaufen. Und Herr Oberhänsli ist sich sehr sicher, dass Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auch das Boni-Verbot nicht durchbringt. Die Preisbindung ist noch nicht tot, aber ziemlich krank.

Ihre Krankmeldung kann sie aber trotz aller Digitalisierungsbestrebungen nicht per WhatsApp schicken, das ist laut Ministerium nämlich ungültig. Das umstrittene Portal AU-Schein.de nutzt daher jetzt nicht mehr den Messenger-Dienst, sondern einen gesicherten Download-Bereich auf der Website. Hoffentlich bleiben Ihre Mitarbeiter alle gesund. Und hoffentlich haben auch die allermeisten PTA-Praktikanten eine gute Zeit in der Offizin.

Von seinem 1. Tag in der eigenen Offizin berichtet Apotheker Thomas Grittmann, wir haben ihn beim Aufbau begleitet. Die letzten Stunden waren wie im Big Brother Container – nicht wegen der Kameras, sondern weil das Team so lange zusammen eingesperrt war, um den letzten Feinschliff gemeinsam zu schaffen. Wir wünschen einen guten Start, egal wer die Bratwurst brät. Was auch Grittmann nicht erspart bleiben wird, sind Retaxationen. Ob er irgendwann so weit sei wird wie diese Kollegin, die aus Protest die Kasse wechselt, wissen wir nicht. Manchmal muss man sich vor der Abgabe auch auf das Ehrenwort einer Krankenkasse verlassen, das nicht retaxiert wird. Und wenn die ihr Wort dann hält, ist das doch auch mal eine schöne Geschichte.

Viele Berufe haben Angst davor, dass die Künstliche Intelligenz sie irgendwann überflüssig macht. Und diese Sorge ist durchaus berechtigt. Apotheker haben da vergleichsweise wenig zu befürchten. Aber erste Hilfestellungen gibt es längst. Die Bestellung beim Großhandel etwa kann Kollege KI spielend übernehmen.

Es war eigentlich schon recht offensichtlich, wie sich das Bundeswirtschaftsministerium und insbesondere Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in die geplante Abschaffung und spätere Neuregelung der Importquote eingeschaltet hatte. Jetzt belegen E-Mails aus dem Wirtschaftsministerium, die WDR, NDR und SZ vorliegen, dass sich Altmaier Mitte Januar persönlich bei seinem Kabinettskollegen Jens Spahn (CDU) für die Importbranche einsetzte. Wenige Tage später war die Abschaffung der Importquote vom Tisch.

Im großen doppelten Doppelinterview verrät uns die neue Spitze der Apothekerkammer Berlin, was sie anders machen wollen als ihre Vorgänger, warum sich die Apotheker zu viel Bürokratie gegönnt haben und warum ABDA-Präsident Friedemann Schmidt beileibe nicht alles falsch macht. Hier können Sie sich selbst ein Bild machen: Die Stellungnahme der ABDA zum Apothekenstärkungsgesetz an den Bundesrat.

Diese Psychologin verrät, wie man den Patienten im Gespräch richtig abholt und warum es manchmal besser ist, nicht gleich sein ganzes Wissen bei ihm abzuladen. Ein Tipp der Expertin: Der Abschied bei einem Gespräch ist besonders wichtig, damit etwas Positives hängen bleibt. In diesem Sinne: Danke, dass Sie ApoRetrO bis zum Ende gelesen haben und jede Woche Freude an ein bisschen Quatsch haben. Ein besonders schönes Wochenende für Sie!

P.S. Wenn ein Kunde in der Apotheke fragt, ob er loch lebt, dürfen Sie ihm das nicht quittieren. Wenn Sie Ihre neue Apotheke Neue Apotheke nennen, bekommen Sie Ärger mit mir. Mist, positiven Ausstieg versaut.

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