Multiple Sklerose

Evobrutinib: Merck startet Phase-III-Studien

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Berlin -

Merck hat den Start der beiden zulassungsrelevanten Studien zur Untersuchung der Wirksamkeit und Sicherheit von Evobrutinib bei schubförmiger Multipler Sklerose (RMS) bekanntgegeben: Es ist laut Hersteller der erste orale, hochselektive Inhibitor der Brutontyrosinkinase (BTK) mit klinischem Proof-of-Concept bei schubförmiger MS. Insgesamt sollen 1900 Patienten in die Studien aufgenommen werden, das Studienende ist für Juni 2023 geplant.

Die Entscheidung zum Start der beiden Phase-III-Studien Evolution RMS 1 und 2 basiert auf der in Phase-II beobachteten Wirkung auf MRT-Endpunkte: Die kumulierte Gesamtzahl der Gadolinium-anreichernden T1-Läsionen wurde unter Evobrutinib im Vergleich zu Placebo signifikant reduziert. Beobachtet wurde die Reduktion unter einmal täglich 75 mg und unter zweimal täglich 75 mg Evobrutinib: Die Wirkung konnte nach zwölf Wochen – dem ersten Zeitpunkt, zu dem MRT-Daten vorlagen – festgestellt werden und hielt bis Woche 48 an. Außerdem wurde in Woche 24 auch eine Reduktion der Schubhäufigkeit beobachtet, die bis Woche 48 anhielt.

„Evobrutinib stellt eine potenzielle Innovation für Menschen mit MS dar, da es möglicherweise einen neuartigen, dualen Wirkmechanismus bietet, der neben den B-Zellen auch auf die myeloischen Zellen abzuzielen scheint und die Pathophysiologie der MS so auf grundlegend neue Weise bekämpfen könnte“, sagte Luciano Rossetti, globaler Leiter der Forschung und Entwicklung von Merck. Bei den nun gestarteten Studien handelt es sich um multizentrische, randomisierte, doppelt verblindete, Parallelgruppenstudien mit aktiver Kontrolle. Es wird die Behandlung mit zweimal täglich Evobrutinib mit der einmal wöchentlichen intramuskulären Gabe von Interferon beta-1a verglichen.

Der primäre Endpunkt beider Studien ist die annualisierte Schubrate (ARR) nach 96 Wochen. Zu den sekundären Endpunkten zählen die Zeit bis zum ersten Auftreten einer bestätigten Progression im Zeitraum von 12 beziehungsweise 24 Wochen sowie die Gesamtzahl der Gadolinium-anreichernden T1-Läsionen und neuen oder sich vergrößernden T2-Läsionen durch einen MRT-Befund. Zu den bisher ermittelten häufigsten unerwünschten Ereignissen von Evobrutinib zählten Nasopharyngitis und erhöhte Konzentrationen der Alanin-Aminotransferase (ALT), Aspartat-Aminotransferase (AST) und Lipase. Die Nebenwirkungen traten innerhalb von 24 Wochen ab Behandlungsbeginn auf und waren nach Abbruch der Therapie reversibel. Im Studienverlauf durchliefen 85 Prozent der Patienten die 52-wöchige Behandlungsphase.

Die Studien werden unter besonderen Aspekten durchgeführt: Merck arbeitet mit dem Accelerated Cure Project for Multiple Sclerosis (ACP) und dessen Forschungsnetzwerk „iConquerMS“ zusammen, um den Blickwinkel von Menschen mit MS kennenzulernen und diesen beim Design und der Durchführung der klinischen Studien zu berücksichtigen. Hierzu konnte ein Gremium aus MS-Patienten während der bisherigen Zusammenarbeit einen Einblick in den Alltag mit MS geben. Hervorzuheben ist laut Hersteller die Rückmeldung zur Wahl von Studien-Endpunkten bei Patient Reported Outcomes (PRO), die auf der Wahrnehmung einer Krankheit und ihrer Behandlung durch den Patienten beruhen. Im Mittelpunkt der Initiative standen zwei PROs, die als sekundäre Endpunkte in den Studien berücksichtigt wurden: Die Veränderungen des MS-Scores für die körperliche Funktion, sowie des Scores für Fatigue zwischen Studienbeginn und Woche 96.

Evobrutinib befindet sich derzeit noch in der klinischen Entwicklungsphase: Der Wirkstoff wird als potenzielle Behandlung für Multiple Sklerose (MS), rheumatoide Arthritis (RA) und systemischen Lupus erythematodes (SLE) untersucht. Es handelt sich dabei um einen oralen, hochselektiven Hemmer der Brutontyrosinkinase (BTK), die für die Entwicklung und Funktionsweise von unterschiedlichen Immunzellen einschließlich B-Lymphozyten und Makrophagen wichtig ist. Primäre B-Zell-Reaktionen wie Proliferation und Freisetzung von Antikörpern und Zytokinen werden ohne direkte Auswirkungen auf die T-Zellen gehemmt. Durch die Unterdrückung der autoantikörper-produzierenden Zellen durch die BTK-Hemmung könnte der präklinischen Forschung zufolge ein möglicher Therapienutzen bei bestimmten Autoimmunerkrankungen bestehen.

Bei MS zerstören Immunzellen die isolierende Hüllschicht der Nervenfasern – die sogenannte Myelinscheide – sodass die Weiterleitung von Signalen gestört ist. Die meisten Patienten bemerken die ersten Symptome im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Die Symptome können unterschiedlich sein, wobei vor allem Sehtrübung, Taubheit oder Kribbeln in den Gliedmaßen sowie Kraftlosigkeit und Koordinationsprobleme auftreten. Am weitesten verbreitet ist die schubförmig verlaufende MS. Die Zahl der weltweit an MS erkrankten Menschen wird auf 2,3 Millionen geschätzt, Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

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