BMG schweigt zur Datengrundlage

Studie zur Preisbindung: Gabelmann kritisiert Geheimniskrämerei

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Berlin -

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lässt den Sinn der Preisbindung überprüfen. Dazu hat sein Ministerium ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die Linken-Abgeordnete Sylvia Gabelmann wollte wissen, auf welcher Datengrundlage die Preisbindung analysiert werden soll, erhielt aber eine Abfuhr. Die Konzeption sei Sache der Gutachter, heißt es in der Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Sabine Weiss (CDU).

Bereits im November hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) unterhalb des Radars der Öffentlichkeit das Iges-Institut und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) mit der Erstellung eines ökonomischen Gutachtens zum Apothekenmarkt beauftragt. „Das Gutachten befasst sich mit den möglichen Auswirkungen einer partiellen oder vollständigen Aufgabe der Preisbindung beziehungsweise der Gewährung von Boni bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln“, teilte ein BMG-Sprecher auf Nachfrage mit. Mit der Fertigstellung des Gutachtens rechnet das BMG bis Mitte des Jahres.

Gabelmann hatte nachgehakt, auf welcher Datenbasis Spahns Ressort das Gutachten zum Apothekenmarkt erstellen werde. Konkret wollte die Abgeordnete wissen, ob das ABDA-Datenpanel dabei relevant berücksichtigt werde, und nach den Gründen gefragt, falls dies nicht der Fall sein sollte. Das ist immerhin möglich – schließlich wusste die ABDA nach eigenen Angaben nichts von Spahns Forschungsprojekt.

Die Antwort aus dem BMG ist recht dünn: „Grundlage für Gutachten sind insbesondere frei zugängliche statistische Daten. Die wissenschaftliche Konzeptionierung des Gutachtens einschließlich der relevanten Datenerhebung bleibt der Auftragnehmerin, einem wissenschaftlichen Forschungsinstitut, überlassen“, so Weiss.

Gabelmann ist damit nicht zufrieden: „Die Antwort des BMG auf meine Schriftliche Frage zum Apothekenmarkt-Gutachten enttäuscht mich schwer. Die Schaffung von Transparenz und auch das parlamentarische Auskunftsrecht scheinen im Ministerium nicht allerhöchsten Stellenwert zu haben.“

Die Sprecherin für Arzneimittelpolitik ihre Fraktion hält es „nicht wirklich für glaubhaft, dass im Ministerium, das das Gutachten ja schließlich in Auftrag gegeben hat, niemand irgendwelche Details kennen will, welches Datenmaterial berücksichtigt wird und welches nicht“. Gabelmann weiter: „Es ist schon irritierend, welche Geheimnisse im Moment um Gutachten gemacht werden. Im vorliegenden Fall gibt sich das Ministerium unwissend – und auch die ABDA verweigert die Herausgabe von Rechtsgutachten an Benedikt Bühler. Beides halte ich für inakzeptabel.“

Gabelmann hatte mit einer anderen Anfrage überhaupt erst auf die Existenz des Gutachtens hingewiesen: Sie hatte die Bundesregierung im Dezember gefragt, welche Informationen sie darüber hat, ob der Rückgang der Apothekenzahl eher in strukturschwachen oder aber in überdurchschnittlich mit Apotheken versorgten Regionen stattfindet und ob die Bundesregierung plant, eine entsprechende Bedarfserhebung durchzuführen, um eine mögliche regionale Unterversorgung identifizieren zu können. „Entsprechend differenzierte Informationen zur regionalen Verteilung von Apotheken liegen der Bundesregierung nicht vor“, antwortete die Bundesregierung. Allerdings habe das BMG ein Gutachten zum Apothekenmarkt in Auftrag gegeben, „mit dem unter anderem eine verbesserte Datenlage als Grundlage für künftige politische Überlegungen geschaffen werden soll“.

Das BMG möchte sich nach eigenen Angaben mit dem Gutachten für das Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) wappnen: „Wir brauchen Daten, um vor Gericht und in Brüssel zu bestehen.“ Denn es herrschen durchaus Zweifel daran, dass die EU-Kommission das geplante Rx-Boni-Verbot absegnen wird. „Die Bundesregierung befindet sich zur Zeit zum Gesetzentwurf in der Kabinettfassung in Abstimmungsgesprächen mit der Kommission“, so das BMG. „Das beauftragte Gutachten zur Bedeutung der Preisbindung für den Apothekenmarkt und für das gesamte Gesundheitswesen in Deutschland unterstützt die Gesetzesinitiative von Bundesminister Spahn mit empirischen Daten.“

Die Apotheker sind dennoch misstrauisch: Laut einer Umfrage des Expertenpanels aposcope gehen zwar zwei Drittel (68 Prozent) davon aus, dass es bei einer Analyse nur eine Antwort geben kann: Die Preisbindung ist für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln essenziell. 18 Prozent rechnen allerdings damit, dass die Preisbindung formal erhalten bleibt, Apotheken aber die Gewährung von Rx-Boni erlaubt wird. Weitere 13 Prozent erwarten, dass die Gutachter eine komplette Preisfreigabe auf allen Handelsstufen empfehlen werden. Alle Ergebnisse der Befragung finden Sie hier.

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