Infektionsschutz

Bundesländer debattieren über Impfpflicht

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Berlin -

Trotz einer gestiegenen Zahl von Masernfällen lehnt Niedersachsens Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) die Einführung einer Impfpflicht für Kindergarten- und Schulkinder in Niedersachsen vorerst ab. Über diesen Schritt solle erst dann diskutiert werden, wenn es langfristig zu einer Verschlechterung der derzeitigen Situation komme, sagte die SPD-Politikerin. „Eine gesetzliche Impfpflicht greift stark in die Selbstbestimmung ein und bedarf daher einer besonderen Begründung.“

Anders sieht dies der Koalitionspartner CDU. Damit nicht mehr Fälle auftreten unterstütze Fraktion die Forderung nach einer Impfpflicht für alle, die eine Kindertagesstätte besuchen, sagte Volker Meier, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Man gehe davon aus, dass der Bund hier zügig zu einer einheitlichen Regelung kommt.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich kürzlich für verpflichtende Masern-Impfungen für Kinder in Kitas und Schulen ausgesprochen. Auch Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hält dies für sinnvoll.

Der hessische Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) will mit einer besseren Aufklärung für höhere Impfquoten sorgen. „Aus unserer Sicht ist eine Impfpflicht im Moment nicht verhältnismäßig und auch nicht notwendig“, sagte er. „Das liegt vor allem daran, dass es Maßnahmen gibt, die aus unserer Sicht noch nicht ausgeschöpft sind.“ Dazu zähle beispielsweise, die Bevölkerung aber auch Berufsgruppen im Gesundheitswesen und bei der Kinderbetreuung stärker für das Thema zu sensibilisieren. In Hessen wurden in den ersten zwölf Wochen dieses Jahres 17 Masernfälle und ein Röteln-Fall gemeldet, wie das Gesundheitsministerium unter Berufung auf das Robert-Koch-Institut mitteilte.

Reimann betonte, Masernerkrankungen seien vermeidbar. „Es ist nicht hinnehmbar, dass es noch Masernausbrüche in einem medizinisch so gut versorgten Land wie Deutschland gibt.“ Jeder habe die Möglichkeit, sich impfen zu lassen. Die Kosten würden von der Krankenkasse erstattet. Dem niedersächsischen Landesgesundheitsamt wurden seit Jahresbeginn 53 Masernfälle aus zwölf Landkreisen übermittelt. 31 Fälle stehen im Zusammenhang mit dem Masernausbruch im Landkreis Hildesheim. Dort hatten die Behörden zeitweise an mehreren Schulen ein Betretungsverbot für Schüler ohne Impfschutz verhängt. Dieses wurde mittlerweile wieder aufgehoben.

Nicht nur innerhalb der Regierungskoalition, auch unter den Oppositionsfraktionen gehen die Ansichten zum Thema Impfpflicht auseinander. „Wir sind nach wie vor gegen eine staatlich angeordnete Impfpflicht“, sagte Meta Janssen-Kucz, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im niedersächsischen Landtag. Auch das Robert-Koch-Institut habe deutlich gemacht, dass man Menschen nicht mit Zwang, sondern mit Beratung und Aufklärung zum Impfen bewegen solle.

Die FDP dagegen hält angeordnete Impfungen für sinnvoll. „Die Vorgabe, nur noch geimpfte Kinder in eine Krippe oder einen Kindergarten aufzunehmen, würde zu einer deutlich höheren Impfrate führen und wird von der FDP-Fraktion daher positiv gesehen“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher Björn Försterling.

In Bremen wird die Einführung einer Masern-Impfpflicht derzeit nicht diskutiert, wie eine Sprecherin des Gesundheitsressorts sagte. Anders als in anderen Ländern gebe es auch keine Häufung von Masernfällen.

Ein Masernfall im thüringischen Weimar hatte Anfang April zu einer aufwendigen Suche nach möglicherweise von Ansteckung bedrohten weiteren Menschen geführt. Nach der Masernerkrankung eines Busfahrers hatte die österreichische Stadt Klagenfurt am 10. April den städtischen Busverkehr vorübergehend eingestellt und Fahrzeuge desinfiziert. Damit sollte eine Ausbreitung der vor allem für Erwachsene gefährlichen Infektionskrankheit unterbunden werden.

Nach einem Anstieg der Masern-Fälle hatte New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio ebenfalls im April einen Notstand für Teile Brooklyns ausgerufen und eine Impfpflicht verhängt.

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