Unwetterschäden

Apotheke zieht in Containerdorf

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Berlin -

Vor zwei Wochen fiel die Brunnen-Apotheke im saarländischen Heusweiler den Unwetterfluten zum Opfer. Das Team um Besitzer Tobias Thiel ließ sich nicht unterkriegen und stellte ein kleines Containerdorf vor das bisherige Domizil.

In diesem Jahr wird die Brunnen-Apotheke genau zehn Jahre in Thiels Besitz sein. Er betreibt sie als Filiale der vor zwölf Jahren übernommenen Park-Apotheke in Wallerfangen. „Ich habe mich direkt nach dem Studium selbstständig gemacht.“ Mit Mitte 30 sei schon reichlich Erfahrung im Krisenmanagement zusammengekommen. Er habe Schwelbrände und versuchte Einbrüche durchgestanden, doch eine Flutkatastrophe wie vor gut zwei Wochen sei ihm bislang noch nicht widerfahren.

Als Folge eines Unwetters mit starken Regenfällen trat am 11. Juni der 300 Meter von der Brunnen-Apotheke gelegene Kollerbach über die Ufer. Die Offizin stand binnen Minuten etwa 20 Zentimeter unter Wasser. Der Keller wurde gleich komplett überspült. Zu allem Überfluss lief auch noch ein Öltank aus. Die Apothekeneinrichtung und nahezu der komplette Übervorrat wurden dabei zerstört. Das Öl drang in die oberen Etagen vor, das Haus wurde zum Fall für eine Komplettsanierung.

Das Hochwasser habe einen Warenbestand im Wert von 200.000 Euro zunichte gemacht, die völlig zerstörte Einrichtung schlage mit 180.000 Euro zu Buche, hat Thiel mittlerweile errechnet. Dazu komme der Schaden aus dem Betriebsausfall. „Insgesamt rechne ich mit einem Gesamtschaden von etwa einer halben Million Euro.“ Mit viel Glück werde die Versicherung abzüglich des Zeitwertes nahezu alles ersetzen. Glück habe es im Unglück doch noch gegeben: „Die EDV-Anlage mit allen Kundendaten konnten wir rechtzeitig retten.“ Auch einige Dokumentationsakten und Fachbücher seien vor den Fluten bewahrt worden.

Während die Aufräumarbeiten noch liefen, kümmerte sich Thiel parallel um die Wiederherstellung des Apothekenbetriebs. „In weniger als zwei Wochen stellte ich ein komplettes Containerdorf mit einer Gesamtfläche von 120 Quadratmetern auf“, berichtet er. „Wir haben dafür einen HV-Tisch und spezielle Möbel vom Apothekeneinrichter angeschafft und auch eine komplett ausgestattete Rezeptur.“ 80.000 Euro nahm der Apotheker dafür in die Hand. „Der Schaden wäre bei einem Betriebsausfall von mehr als einem halben Jahr wesentlich höher gewesen“, sagt Thiel. „Wir sind ein namhafter Standort, so etwas können wir uns gar nicht leisten.“ Die Container stehen direkt vor der bisherigen Apotheke, Schilder weisen den Weg zum Verkauf.

200 Quadratmeter Verkaufsfläche mussten auf ein Viertel reduziert werden. Doch die Warenvielfalt sei auch im Provisorium erhalten geblieben. „Ich will hier keine Apotheke light anbieten. Wie bislang bieten wir rund 5000 verschiedene Artikel an, wir haben nur in der Masse reduziert und die Übervorräte weggelassen.“ Die Organisation und Einrichtung des Provisoriums sei schon ein großer Kraftakt gewesen, räumt Thiel ein. „So etwas kann man nur mit ganz viel Adrenalin schaffen. 20 Mitarbeiter auch aus der Hauptapotheke haben quasi rund um die Uhr mit angepackt.“

Und noch immer gebe es viel zu regeln. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Abläufe effizient ablaufen.“ Ausgestattet mit einer mündlichen Betriebserlaubnis konnte die Brunnen-Apotheke bereits am Samstag ihre neuen Domizile eröffnen. „Das ist im Saarland durchaus üblich“, erläutert Thiel. Die schriftliche Bestätigung folgte am heutigen Dienstag, auch die Begehung durch den Pharmazierat verlief ohne besondere Vorkommnisse.

Derweil laufen die Vorbereitungen für die Grundsanierung des Apothekengebäudes. „Die Sandsteinwände müssen von den Ölschäden gereinigt werden.“ Dann müsse eine neue Einrichtung und geeignete neue Böden gefunden werden. Spezielle Hochwasserschutzklappen sollen bei künftigen Unwettern das Schlimmste verhindern. „Wir denken daran, die Ware künftig in einem eigenen Anbau zu lagern.“ Noch eine ganze Weile werde das Team im Containerdorf ausharren müssen. „Die Planung ist ambitioniert, aber ich hoffe, dass wir im Herbst wieder in unsere alten Räume einziehen können.“

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