Wettbewerbsrecht

OTC-Preise: Ein bisschen Täuschen ist erlaubt

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Berlin -

OTC-Angebote bewerben viele Apotheken mit dem Apothekenverkaufspreis (AVP). Der Rabatt von 10, 20 oder 50 Prozent wird dabei mit dem Betrag verglichen, den die Krankenkassen an unter 12-jährige Versicherte erstatten. Während die Gerichte dies bislang überwiegend als irreführend ansehen, gab das Landgericht Braunschweig jetzt einem beklagten Apotheker recht: Die meisten Apotheken verlangten ohnehin denselben Preis, die Werbung sei daher nicht irreführend.

Gegen die Preiswerbung des Apothekers aus dem niedersächsischen Wendeburg hatte die Wettbewerbszentrale geklagt. Aus ihrer Sicht wirbt der Apotheker mit Scheinersparnissen, da es keinen „einheitlichen Apothekenabgabepreis“ gebe. Die in der Lauer-Taxe hinterlegten Preise seien eben keine unverbindliche Preisempfehlung (UVP) des Herstellers, mit dem eine Apotheke ihre Angebote vergleichen dürfe.

Der Apotheker hatte entgegnet: Ein Preis, der tatsächlich von der überwiegenden Mehrheit der Apotheken verlangt werde, sei ein zulässiger Referenzpreis. In der Apotheken-Software sei bei allen OTC-Arzneimitteln der Preis der Lauer-Taxe automatisch hinterlegt, Änderungen müssten händisch vorgenommen werden. Selbst dann werde der AVP auf dem Kassenbon neben dem Angebotspreis aufgeführt. Angesichts der technischen Gegebenheiten sei verständlich, dass die meisten Apotheken den Referenzpreis nutzten.

Die Richter gaben der Wettbewerbszentrale zwar zu, dass ein durchschnittlicher Verbraucher mit der Lauer-Taxe nichts anfangen kann. Fraglich sei aber schon, ob Kunden diesen Hinweis in der Werbung überhaupt zur Kenntnis nehmen würden. Bei Waren des täglichen Bedarfs sei dies eher unüblich, befanden die Richter aus eigener Erfahrung.

Die Wettbewerbszentrale hatte darauf hingewiesen, dass es für die UVP ein eigenes Feld in der Software gebe – ein Eigentor: Im angeführten Beispiel waren der Lauer-Preis und die UVP identisch. Die Richter räumten ein, dass sie das Angebot des Apothekers selbst als UVP missverstanden hätten. Entscheidend sei aber, „ob dieser hervorgerufene Eindruck den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht“.

Der Erstattungspreis komme einer unverbindlichen Preisempfehlung gleich, so das Gericht. Angesichts der früheren Preisbindung seien die Verbraucher an einen Preiswettbewerb bei OTC-Arzneimitteln noch nicht gewöhnt. Zudem könnten sie die Preise nicht wie in anderen Geschäften am Regal vergleichen, sondern müssten hierzu das Personal befragen.

Hinzu kommt aus Sicht der Richter, dass auch die meisten Hersteller keine Preisempfehlung listeten. Angesicht dieser „speziellen Marktverhältnisse“ sei der Lauer-Preis ein geeigneter Vergleichsmaßstab: „Der Verbraucher ist daran interessiert, ein Produkt zu erwerben, das tatsächlich günstiger ist als bei den meisten anderen Marktteilnehmern“, heißt es in der Begründung.

Auch im zweiten Punkt hat sich der Apotheker durchgesetzt: Die Wettbewerbszentrale hatte moniert, dass der Warnhinweis zu Risiken und Nebenwirkungen auf dem Flyer bei Kosmetikprodukten irreführend sei. Da diese Produkte aber eben nicht mit einem Sternchenhinweis versehen waren, hatten das Gericht damit kein Problem.

In Sachen AVP strebt die Wettbewerbszentrale nach eigenen Angaben eine höchstrichterliche Klärung an und wird gegen das Urteil in Berufung gehen. In einem anderen Verfahren zu AVP wird im Februar vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verhandelt. In erster Instanz hatte die Wettbewerbszentrale gegen einen easy-Apotheker gewonnen.

Noch in diesem Jahr wird das Landgericht Hamburg im Fall Aporot seine Entscheidung verkünden. Auch die Versandapotheke bewirbt ihre OTC-Angebote mit einem AVP.

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