Köln

Videochat mit dem Apotheker

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Berlin -

Whatsapp, Facebook, Threema: Apotheker Dirk Vongehr ist auf vielen Wegen erreichbar. Seit Neuestem bietet der Leiter der Paradies-Apotheke in Köln auch eine Beratung über Skype an. Am Samstagnachmittag fand bereits die dritte „Sprechstunde“ dieser Art statt.

Vongehr setzt auf Soziale Netzwerke als besondere Form des persönlichen Kontakts zu seinen Kunden. Als er die Apotheke vor einigen Jahren übernommen hat, führte er das Motto „Hier arbeiten Freunde“ ein. Ihm war klar, dass er seinen Kunden einen Mehrwert bieten muss – denn eine Arztpraxis gibt es in unmittelbarer Nähe nicht. „Jeder Patient, der vom Arzt kommt, läuft vorher an mindestens einer oder zwei anderen Apotheken vorbei“, so Vongehr.

Aus der Not machte er eine Tugend: Bei Gelegenheit gibt er Kunden seine Handynummer. Bei Fragen können sich Patienten somit auch abends oder am Wochenende an den Apotheker ihres Vertrauens wenden, ebenso über Facebook oder E-Mail. „Immer erreichbar zu sein ist nicht jedermanns Sache, aber ich habe gern Kontakt zu meinen Kunden und auch kein Problem damit, wenn jemand nach Ladenschluss oder am Samstag noch mit einer Frage zu mir kommt oder ein Arzneimittel braucht.“

Durchschnittlich zwei Anfragen erreichen Vongehr täglich über diese alternativen Kommunikationswege. Die verschiedenen Kommunikationsmittel bringen aber auch mehr Arbeit: „Die Menschen erwarten eine schnellere Antwort als bei einer E-Mail oder einem Fax“, so der Apotheker. Dennoch überwiegen für ihn die Vorteile. Denn dass seine Patienten ihn jederzeit erreichen können, trägt zur Kundenbindung bei. Und das sei auch finanziell nicht zu verachten: „Der wirtschaftliche Faktor ist immens“, sagt er.

Die neuen Technologien bringen aber auch an anderer Stelle Nutzen. So hat sich Vongehr über Whatsapp mit zwei Ärzten vernetzt, die ihn auf diese Weise während ihrer Hausbesuche kontaktieren und beispielsweise fragen können, ob er ein bestimmtes Präparat vorrätig hat.

Vongehr ist Mitglied bei Linda. Als die Apothekenkooperation im vergangenen Jahr auf einer Roadshow ihr Positionspapier „Linda 2020+“ vorstellte, hielt er einen Vortrag zum Thema Social Media und die Möglichkeiten, die das Netz Apotheken bietet. „Ich finde, Apotheken verschlafen das“, meint Vongehr. Er überlegte, wie Apotheken die verschiedenen Online-Kommunikationsdienste nutzen könnten. Ihm fielen die Webcams an seinen ADG-Kassen auf – und das man diese für Videochats nutzen könnte.

Für den Apotheker, der privat eine Fernbeziehung nach England führt, gehört Skype mittlerweile zum Alltag. Im September bewarb er bei seinen Kunden erstmals die Möglichkeit, per Videotelefonie mit ihm in Kontakt zu treten. Dafür melden sich die Patienten für einen Termin an, via Facebook, E-Mail oder – fast schon klassisch – Telefon.

Außerdem bietet Vongehr an manchen Samstagen eine Art Sprechstunde an, nachdem die Apotheke 16 Uhr geschlossen hat. Bei den ersten beiden Terminen meldeten sich insgesamt 15 durchweg junge Kunden, berichtet der Apotheker. Es sind vor allem Patienten, die weggezogen sind und eine Frage haben, oder solche, die die neue Kommunikation spannend finden und deshalb nutzen.

Zum dritten Termin am vergangenen Samstag war Vongehr zweieinhalb Stunden für seine Kunden online. Etwa zehn kontaktierten ihn über Skype; sechs nutzten die Möglichkeit der Videotelefonie, vier den schriftlichen Chat. „Auch zwei Akutfälle haben sich gemeldet. Ich habe zu einem Augeninfektion und einen bakteriellen Infekt beraten“, berichtet Vongehr. Er stelle als Apotheker zwar keine Diagnosen, könne aber empfehlen, wenn ein Arztbesuch nötig sei. „Den Patienten mit Augeninfektion habe ich in die Klinik geschickt“, sagt er.

Mit den anderen Kunden habe er eher einen digitalen „Plausch“ gehalten: „Sie hatten keine konkreten Fragen, wollten sich aber ein wenig über ihre Gesundheit austauschen, ähnlich wie bei einem realen Apothekenbesuch“, beschreibt Vongehr.

Während der Online-Sprechstunde sei er gut beschäftigt gewesen. Auch Konzentration ist gefordert: „Wenn man mehreren Kunden gleichzeitig schreibt, muss man aufpassen, dass man nicht den Faden verliert und eine Antwort im falschen Chat abschickt“, sagt Vongehr. Skypen könne er immer nur mit einer Person, was vorherige Verabredungen wichtig macht. „Wenn mich dann ein Kunde anruft, kopiere ich außerdem ein 'Bin im Gespräch’ oder Ähnliches in meine Statusanzeige“, erzählt er.

Insgesamt werde sein Angebot aber noch nicht so genutzt, wie er es sich wünsche. Denn noch ist nicht allen der Videochat geheuer: Etwa die Hälfte der Kunden nutze lediglich die Chat-Funktion des Programms, berichtet Vongehr. Der Apotheker stellt sich dagegen vor, dass Patienten ihm beispielsweise auch Packungen zeigen und er sie zusammen mit ihnen sortiert.

Die Webcams an den Kassen kommen noch nicht zum Einsatz, denn bislang findet die Skype-Beratung im Wesentlichen statt, wenn die Apotheke geschlossen ist. Und dann kann sich Vongehr mit einem Tablet ins Büro zurückziehen. Er kann sich aber schon vorstellen, dass irgendwann einmal auch die Kassenplätze für einen Videochat eingesetzt werden.

Bereits jetzt ist Vongehr aber sicher, dass über Skype eine persönlichere Beratungssituation als etwa am Telefon entsteht. Außerdem spiele es eine große Rolle, dass sich Apotheke und Patient zu einem festen Termin verabredeten. Das gebe dem Ganzen eine gewisse Wertigkeit, die auch der Kunde erkenne.

Den Datenschutz sieht Vongehr nicht als Problem – schließlich sei es die freie Entscheidung des Kunden, über welchen Weg er die Apotheke kontaktiere. Auf seiner Website bietet der Apotheker seinen Patienten auch die Möglichkeit, über eine sichere Verbindung Arzneimittel vorzubestellen. Dennoch wählten manche einen anderen Weg, um nach Ladenschluss Medikamente zu bestellen oder Fragen zu stellen.

Der Apotheker denkt bereits weiter. Er kann sich vorstellen, dass über Skype oder Whatsapp künftig auch Kommunikationen zwischen Patient, Arzt und Apotheke möglich werden. „Einen solchen Kontakt mit drei Teilnehmern finde ich sehr spannend.“ Auch für ausländische Patienten könnten Skype und Whatsapp hilfreich sein, weil sie bei Fragen die Packungen einfach zeigen oder fotografieren könnten.

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