Schweiz

Wenn der Kunde liefert

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Berlin -

Neue Bestelldienste für Arzneimittel liegen im Trend. Apotheker wollen Kunden über Online-Plattformen abholen. In der Schweiz bietet die Supermarktkette Migros einen neuen Service an: Kunden übernehmen dabei die Auslieferung. Die Idee ist simpel und könnte auch auf Arzneimittel abzielen – denn der Konzern drängt in den Markt für freiverkäufliche Apothekenprodukte.

Migros bietet seit Wochenanfang die Plattform Amigos an. Unter dem Stichwort „Social-Shopping“ können Kunden in den Testregionen Bern und Zürich Lebensmittel online bestellen; ihre Wunschliste wird hinterlegt. Einen Mindestbestellwert gibt es nicht. Gleichzeitig sollen sich sogenannte Bringer registrieren, die den Einkauf erledigen und ausliefern. Sie werden über die App per Push-Nachricht über eine neue Bestellung in ihrem Umkreis informiert.

Der Bringer muss mindestens 16 Jahre alt sein und erhält für die erste Einkaufstasche 7,9 Schweizer Franken (entspricht knapp 7 Euro); für jede weitere ausgelieferte Bestellung gibt es 2 Schweizer Franken. Migros erzielt laut Unternehmensangaben keine Gewinne. „Mit diesem Dienst verbinden wir die heutigen Shopping-Ansprüche einer digitalen Gesellschaft mit dem persönlichen Kontakt zwischen zwei Menschen“ sagte Chef Fabrice Zumbrunnen.

Über Amigos können rund 7000 verschiedene Produkte des täglichen Bedarfs bestellt werden. Wird der Auftrag von einem Bringer angenommen, erhält der Besteller eine SMS. Zudem wird ein Lieferzeitfenster vereinbart. Die Kreditkarte des Einkäufers wird erst nach Warenabgabe mit dem Einkaufsbetrag und der Liefergebühr belastet. Bei der ersten Bestellung trägt Migros die Lieferkosten.

Wie viele Bringer und Besteller sich bereits angemeldet haben, will Migros nicht verraten. „Die Bringer-Registrierung ist erfolgreich gestartet und interne Bestellungen durch Migros-Mitarbeiterinnen und –Mitarbeiter sind bereits abgewickelt worden“, sagt ein Firmensprecher. Die Plattform sei auch für den Arzneimittelversand möglich: „Grundsätzlich wäre ein Angebot für nicht-rezeptpflichtige Medikamente denkbar.“ Dazu würde jedoch ein Rezept benötigt.

Der Versandhandel ist in der Schweiz streng reglementiert. Auch OTC-Produkte dürfen nur mit einer ärztlichen Verordnung geliefert werden. Selbst bei vom Heilmittelinstitut Swissmedic zugelassenen Tees, die über den Versandhandel angeboten werden, wird ein Rezept verlangt. Migros setzt sich unterdessen dafür ein, dass bei der geplanten Revision des Heilmittelgesetzes bestimmte Arzneimittel aus der Apothekenpflicht entlassen werden und ab 2019 in den Supermarkt-Regalen landen.

Die Kette will etwa sämtliche Einreibemittel gegen Muskel-, Gelenk- und Rheumabeschwerden sowie Schmerzmittel auf pflanzlicher Basis mit Weidenrinde-Pulver verkaufen. Derzeit befinde sich die Gesetzesänderung in der Phase der Vernehmlassungen, sagt ein Swissmedic-Sprecher. Parteien, Interessensgruppen und Organisationen könnten ihre Stellungnahme abgeben. Ende des Jahres soll die konkrete Liste feststehen.

Migros bietet über die Plattform „LeShop.ch“ einen regulären Webshop an. Darüber werden rund 12.500 Artikel, unter anderem auch Drogerieprodukte wie Schwangerschaftstests, angeboten. Kunden können als Lieferart zwischen Heimlieferung, Abholung bei einem Pick-up-Partner oder „Volvo In-Car Delivery“ wählen. Bei Letzterem werden die Einkäufe in bestimmten Regionen von einem Boten in den Kofferraum gepackt. Der Standort wird zuvor mitgeteilt. Amigos sei bis jetzt die einzige Social-Shopping-Plattform, sagt ein Sprecher. In Dänemark gebe es unter dem Namen „Vigo“ ein vergleichbares Konzept.

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