Antibiotika

Inhalativa: Mit Nano-Umhüllung besser ans Ziel

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Berlin -

Nanopartikel können inhalierbare Antibiotika wie Tobramycin besser an ihren Wirkort bringen. Das berichten Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Mucoviszidose geht oft mit einer von Pseudomonas aeruginosa hervorgerufenen Atemwegsinfektion einher, da aufgrund einer Proteinmutation zäher Schleim produziert und folglich die Selbstreinigungsfunktion der Lungen gestört wird. In der Folge kommt es zur Besiedelung des Schleims mit Erregern. Wird die Infektion nicht richtig unter Kontrolle gebracht, führt sie zu einer zunehmenden Schädigung der Lunge, es entstehen chronische und lebensgefährliche Infektionen. Dauerbehandlung mit Antibiotika kann zu Resistenzen führen. Zudem können die Erreger in und unter der Schleimschicht Biofilme ausbilden.

Forschern der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist es nun mittels eines Nanopartikels gelungen, die oftmals tödlichen Infektionen effizienter zu behandeln. Dazu verkapselten sie Wirkstoffe wie das bakterizide Antibiotikum Tobramycin in ein Polyesterpolymer aus Milch- und Glycolsäure. Zusätzlich trugen sie eine Hülle aus Polyethylenglykol auf, das die Partikel dadurch für das Immunsystem fast unerkennbar macht. Anschließend wurde der 200 nm kleine Partikel sowohl im statischen als auch im dynamischen Zustand unter Laborbedingungen getestet.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass der Arzneistoff mit Nano-Verpackung einfacher als der reine Arzneistoff durch das schwammähnliche Netz der Schleimschicht gelangt und schließlich problemlos die Keime abtötet. „Alle Materialien des Nanoträgers sind zudem biokompatibel, biologisch abbaubar, nicht toxisch und somit ungefährlich für den Menschen“, sagt Professor Dr. Dagmar Fischer vom Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie der Universität Jena. Sie hat das Projekt zusammen mit Professor Dr. Mathias Pletz vom Zentrum für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Uniklinikum Jena geleitet.

Der Grund für die bessere Wirksamkeit des Nanopartikels ist derzeit noch unbekannt. „Wir haben zwei Vermutungen: Entweder befördert die viel effizientere Transportmethode deutlich mehr Wirkstoff zum Infektionsherd oder aber der Nanopartikel überwindet einen Abwehrmechanismus, den das Bakterium gegen das Antibiotikum entwickelt hat“, erklärt Pharmazie-Doktorandin Julia Ernst. „Letzteres würde bedeuten, dass es uns gelungen ist, durch einen Nanopartikel einem Antibiotikum seine Wirkung zurückzugeben, die er durch Resistenzbildung der Bakterien eigentlich verloren hatte.“

Pletz ergänzt, dass die Bakterien aus den unteren Schichten des Biofilmes möglicherweise in eine Art Winterstarre verfallen und kaum Substanzen von außen aufnehmen würden. „In diesem Stadium sind sie für die meisten Antibiotika, die ausschließlich sich teilende Bakterien abtöten, unangreifbar. Die Nanopartikel transportieren die Antibiotika quasi gegen den Willen der Bakterien ins Zellinnere, wo sie ihre Wirkung entfalten können“, sagt er.

Um in die tieferen Atemwege zu gelangen, müssen Wirkstoffteilchen eine Größe von 1 bis 10 µm haben. „Das Atemsystem filtert sowohl zu große als auch zu kleine Partikel heraus“, erklärt Fischer. Noch sind die hergestellten Partikel nicht reif für eine Inhalation eines Erkrankten. Doch dieses Problem möchten die Forscher in den nächsten Schritten lösen. Von den neuen Erkenntnissen erhoffen sie sich, dass sie zu einer höheren Lebenserwartung der Patienten beitragen können. „Wir konnten zeigen, dass die Nanopartikelverpackung die Wirksamkeit der Antibiotika gegen Biofilme um das 1000-Fache steigert“, freut sich Pletz.

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