Versandhandel

Mehr Beschwerden: Wenn der Paketbote nicht klingelt

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Berlin -

Nicht nur der Versandhandel mit Arzneimittel wächst kontinuierlich, sondern auch die Zahl der mit dem Paketdienst unzufriedenen Empfänger: Mit 2340 schriftlichen Anfragen und Beschwerden verzeichnet die Bundesnetzagentur im ersten Halbjahr 2017 erneut steigende Zahlen. Im Gesamtjahr 2016 waren es rund 4000 Beschwerden. Hinzu kommen 845 telefonische Beschwerden.

„Verbraucher beanstanden verstärkt Qualitätsmängel bei der Brief- und Paketzustellung. Häufig haben die Verbraucher den Eindruck, dass sie an bestimmten Wochentagen gar keine Briefpost erhalten. Paketempfänger bemängeln vielfach, lediglich eine Benachrichtigungskarte vorzufinden, obwohl sie zu Hause waren“, sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.

Zustellmängel im Brief- wie im Paketbereich sind der Hauptgrund für Beschwerden. Es folgen Verlust oder Beschädigung von Sendungen, zu lange Laufzeiten und mangelhafte Sendungsverfolgung im Paketbereich. 52 Prozent der schriftlichen Beschwerden betreffen den Briefbereich, 36 Prozent den Paketbereich. Die Auswertung der Beschwerden nach Bundesländern zeigt keinen regionalen Schwerpunkt. Aus Nordrhein-Westfalen kamen bis zum 15. Juli 2017 die meisten Beschwerden (408). Es folgen Bayern (237), Berlin (235) und Hessen (234), Niedersachsen (189), Baden-Württemberg (188) und Hamburg (142).

Auch die Zahl der Anträge in der Schlichtungsstelle Post bei der Bundesnetzagentur hat sich im ersten Halbjahr 2017 im Vergleich zum gesamten Jahr 2016 verdoppelt. 470 Schlichtungsanträge sind bis zum 30. Juni 2017 eingegangen, 2016 waren es 235 Anträge.

Die Beschädigung von Postsendungen ist der Hauptgrund für einen Schlichtungsantrag. Auch der Verlust oder die Entwendung einer Sendung gibt häufig Anlass für Streitfälle. Bei 87 Prozent der Anträge liegen Probleme bei der Paketbeförderung zugrunde. Briefe, Einschreiben und Päckchen spielen eine untergeordnete Rolle.

Mit 83,5 Prozent betreffen die Beschwerden mit weitem Vorsprung den Branchenführer DHL der Deutschen Post. Auf Hermes und DPD entfallen jeweils 6 Prozent der Beschwerden, auf GLS 2 Prozent und auf UPS 0,5 Prozent. Die Bundesnetzagentur weist darauf hin, dass eine Beschwerde „natürlich nicht gleich zu setzen ist mit einem objektiv vorliegenden Mangel beziehungsweise Verstoß gegen die Regeln über die Mindestanforderungen der postalischen Grundversorgung“.

Für ein insoweit umfassenderes und objektives Bild müsste man die Beschwerden bei den betreffenden Unternehmen selbst kennen, da sich Verbraucher häufig als erstes oder auch nur an die Unternehmen selbst wenden. Zudem könne auch nicht ganz ausgeschlossen werden, dass möglicherweise Verbraucher der Auffassung sind, dass der Verbraucherservice der Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde im Bereich Post ausschließlich für die Unternehmen der Deutsche Post AG zuständig sein könnten. Dies könne die hohe Beschwerdequote bei DHL erklären.

Ein Blick auf Verbraucherschutzportale zeigt, dass sich Empfänger häufig beklagen, weil das Paket bei einem Nachbarn angegeben wurde, obwohl sie zu Hause waren. Auch der Vorwurf, Zusteller würden sich das Treppenlaufen sparen und Abholzettel ohne vorheriges Klingeln in den Briefkasten werfen, taucht immer wieder auf. Häufiger kommt auch vor, dass der Nachbar nicht identifiziert werden kann.

Verbraucherschützer verweisen darauf, dass die Zustellung zunächst persönlich zu erfolgen hat, dass der Paketbote also Klingeln muss. Wird nicht geöffnet, kann er das Paket bei einem Nachbarn abgeben. Aber: Der „Nachbar“, in der Fachsprache auch „Ersatzempfänger“genannt, kann nicht beliebig vom Zusteller ausgewählt werden Dieser muss in „unmittelbarer Nähe“ des eigentlichen Empfängers wohnen. Das ist im Einzelfall Auslegungssache. In einem Wohnblock kommt wohl jede andere Wohnung infrage. Oder auch ein Geschäft, das in der Nähe liegt. Beim Zustelldienst Hermes darf der „direkte“ Nachbar höchstens drei Häuser weit entfernt wohnen. Grundsätzlich muss kein Nachbar ein fremdes Paket annehmen. Sobald er unterschreibt, muss er es aber sorgfältig aufbewahren. Er darf es dem Empfänger nicht einfach vor die Tür stellen. Geht in diesen Fällen ein Paket verloren, kann der Nachbar dafür unter Umständen haftbar gemacht werden, so die Verbraucherschutzzentrale NRW. Der Paketzusteller haftet nach Annahme durch den Nachbarn insoweit regelmäßig nicht mehr.

Es ist auch möglich, einen so genannten Garagenvertrag abzuschließen oder eine Abstellgenehmigung zu erteilen. Der Empfänger benennt einen Ort – etwa die Garage, der Carport oder ähnliches –, an dem Pakete abgelegt werden dürfen, ohne dass Sie dafür unterschreiben müssen. Nachteil: Falls die Ware dann wegkommt, haftet der Zustelldienst nicht. Mit dem Ablegen der Sendung am vereinbarten Ort ist die Zustellung vielmehr aus Sicht des Paketboten ordnungsgemäß erfüllt.

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