Unerwünschte Arzneimittelwirkung

Candesartan: Diarrhö; Häufigkeit nicht bekannt

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Berlin -

Arzneimittel mit Candesartan und Candesartan/Hydrochlorothiazid bekommen nach Empfehlung der europäischen Zulassungsbehörden neue Fach- und Gebrauchsinformationen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) setzt den Bescheid mit Mitteilung vom 26. November um.

Laut Beschluss der Koordinierungsgruppe (CMDh) aus dem Januar ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis für Candesartan und Candesartan/Hydrchlorothiazid nur als unverändert zu bewerten, wenn Änderungen in der Produktinformation vorgenommen werden. Das Papier soll künftig einen Hinweis auf Diarrhö im Abschnitt 4.8 tragen. Die Nebenwirkung ist unter der Systemorganklasse „Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes“ mit der Häufigkeit „nicht bekannt“ aufzunehmen, so die Vorgabe. Die Packungsbeilage soll den Hinweis in Abschnitt 4 „Mögliche Nebenwirkungen“ ebenfalls unter Überschrift „nicht bekannt“ führen. Inzwischen wurde die Vorgabe von den Herstellern umgesetzt.

Der Änderung liegt die wissenschaftliche Empfehlung des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugrunde, dieser stimmte der CMDh zu. Der vom PRAC durchgeführte Periodic safety update report (PSUR) dient der Aktualisierung der Nutzen-Risiko-Abwägung von Arzneimitteln. Für Candesartan lagen den Experten 14 Fälle einer Diarrhö mit einer Besserung der Beschwerden nach Absetzen der Behandlung vor. In vier Fällen hatten sich die Beschweren nach Wiederaufnahme der Therapie verschlechtert. Außerdem wurden vier Fälle mit einem zeitlich begründeten Zusammenhang zwischen der Einnahme von Candesartan und Durchfall dokumentiert. In diesem Zusammenhang wurde für zwei Ereignisse gleichzeitig ein Angioödem diagnostiziert, „was auf ein Angioödem im Intestinaltrakt hindeuten könnte“, schreiben die Experten.

Der PRAC hält außerdem fest, dass andere Angiotensin-II-Rezeptorblocker derselben Klasse Diarrhö als unerwünschte Arzneimittelwirkung aufführen. Die dokumentierte Fallzahl in der EudraVigilance-Datenbank von 175 liege etwa im Bereich der anderen Arzneistoffe derselben Stoffklasse. Die Experten kommen daher zu dem Entschluss, die Aufnahme der Diarrhö als Nebenwirkung sei notwendig. Ohne die Änderung könne nicht mehr von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis der Arzneimittel ausgegangen werden.

Sartane beziehungsweise AT1-Rezeptorantagonisten zählen zu den Antihypertensiva. In Deutschland sind acht verschiedene AT1-Rezeptorantagonisten auf dem Markt. Das erste Sartan war 1995 Losartan, danach folgten Valsartan, Eprosartan, Irbesartan, Candesartan, Telmisartan und Olmesartan. Zuletzt wurde 2012 Azilsartan in Deutschland eingeführt. Während die meisten Sartane in ihrer aktiven Form appliziert werden, sind Candesartan, Olmesartan und Azilsartan inaktive Ester-Prodrugs, die dann in vivo in die aktive Form umgewandelt werden. Alle Sartane sind von der chemischen Struktur her Imidazolderivate, die an der Biphenylseitenkette oder dem Tetrazolring modifiziert wurden.

Diese Arzneistoffe greifen in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System ein und sind zugelassen zur Therapie der Hypertonie. Die übrigen Indikationen sind aufgrund der vorhandenen Studien unterschiedlich. So sind Losartan, Candesartan und Valsartan auch zur Therapie der Herzinsuffizienz geeignet. Losartan und Irbesartan sind zusätzlich bei einer diabetischen Nephropathie bei Diabetes Typ-2 und Hypertonie indiziert. Valsartan kann außerdem als Langzeitprophylaxe nach einem Herzinfarkt verwendet werden.

Im Gesamtmarkt der Sartane hält Candesartan im Oktober damit einen Marktanteil von 47,3 Prozent, zuvor hatte der Wirkstoff bei rund 40 Prozent gelegen. Valsartan liegt mit 28,5 Prozent auf Position 2; vor den Rückrufen lag der Marktanteil bei rund 36 Prozent. Die anderen Vertreter der Wirkstoffgruppe sind weitgehend unverändert: Losartan liegt bei konstanten Absatzzahlen mit 7 Prozent auf Platz 3, gefolgt von Olmesartan und Telmisartan mit je rund 6 Prozent und Irbesartan mit 4,4 Prozent. Eprosartan spielt wegen des Festbetrags keine Rolle. Betrachtet man alle Sartane, hat die Stoffgruppe insgesamt zugelegt. Im Oktober lag der Absatz mit 2,83 Millionen Packungen um 15,5 Prozent höher als im Vorjahr. Trotz Arzneimittelskandal und Rückrufen bei Valsartan und Irbesartan ist die Stoffgruppe im Markt stabil.

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