Kommentar

Apothekenstärkungsverordnung

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Berlin -

Der Gesetzgeber will die Apotheken stärken, zumindest hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sein Gesetzesvorhaben so getauft. In der aktuellen Fassung, die an der Schwelle zum Kabinett ist, fehlen plötzlich die versprochenen Gelder für Notdienst und BtM-Abgabe. Das könnte sich für die Apotheken noch auszahlen, kommentiert Alexander Müller.

Im Referentenentwurf waren noch 40 Millionen Euro zusätzlich für den Nacht- und Notdienstfonds sowie 15 Millionen Euro zusätzliches Honorar für die Dokumentation bei der Abgabe von Betäubungsmitteln vorgesehen. Im überarbeiteten Entwurf fehlen diese beiden Punkte. Noch handelt es sich nicht um den offiziellen Kabinettsentwurf, der soll erst Anfang Juli kommen. Und es gibt Stimmen, die behaupten, andere Ressorts hätten intern auch die aktuelle Fassung bereits abgelehnt.

Um die zunächst versprochene Honorarerhöhung macht man sich zumindest bei der ABDA keine Sorgen. Denn die werde vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) separat vorgenommen. Das Haus von Peter Altmaier (CDU) ist tatsächlich formal zuständig für das Apothekenhonorar.

Der Gesetzgeber kann – und tut dies regelmäßig – im Rahmen eines Gesamtpakets aber auch Verordnungen anfassen, die normalerweise in der Zuständigkeit eines anderen Ministeriums liegen. Und bei einem „Apothekenstärkungsgesetz“ wäre dieser auf die Konsistenz des Vorhabens abstellende Ansatz naheliegend: eine – wenn auch bedrohlich wackelnde – Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit, die Einführung neuer pharmazeutischer Dienstleistungen und die Unterstützung von Apotheken, die besonders oft in der Nacht die flächendeckende Versorgung sicherstellen. Das würde passen – zumal das Bundesgesundheitsministerium (BMG) an anderer Stelle sehr wohl selbst eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) ins Spiel bringt, nämlich bei der Erhöhung des Packungszuschlags um 20 Cent für die zusätzlichen pharmazeutischen Dienstleistungen.

Die Erhöhung der Notdienstvergütung hätte dazu gepasst. Immerhin wurde die Notdienstpauschale seinerzeit vom BMG als Strukturmaßnahme eingeführt, das Gesetz mit dem klangvollen Namen Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz haben der damalige Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Spahns Vor-Vorgänger Daniel Bahr (FDP) unterschrieben.

Für die irgendwie überraschende Auslagerung der Honorarfragen im aktuellen Gesetz gibt es daher verschiedene Lesarten. Eine wäre: Das BMWi soll in der ohnehin schwierigen Ressortabstimmung versöhnt werden mit dem Signal aus dem BMG, dem Nachbarhaus nicht ins Handwerk zu pfuschen. Eine andere: Das Gesetz soll vor allem gegenüber den europäischen Institutionen unmissverständlich als Strukturmaßnahme begründet werden.

Eine dritte wäre: Die Anpassung der Notdienstvergütung (und gegebenenfalls der BtM-Abgabe) ist Konsens und könnte als Verordnung auch dann erlassen werden, wenn das Apothekenstärkungsgesetz doch noch scheitert. Denn in der Regierung bleibt das Projekt umstritten – und die Fraktionen beginnen auch, ihren Unmut zu äußern.

Vor allem aber droht die Zeit – die Wettquoten auf einen Fortbestand der Großen Koalition bis zum nächsten regulären Wahltermin waren schon höher. Wenn die SPD bei den Landtagswahlen im Herbst weiter abschmiert und ein/e neue/r Parteivorsitzende/r mit dem Versprechen ins Amt gewählt wird, die GroKo zu verlassen, fällt das Fallbeil der Diskontinuität. Dann ergeht es Spahns Apothekenstärkungsgesetz wie weiland dem Rx-Versandverbot seines Vorgängers Hermann Gröhe (CDU). In diesem nicht unwahrscheinlichen Szenario könnten die Apotheker das Notdienst-Thema schnell auf die Agenda bringen, auch wenn der Zuschuss ohne Gleichpreisigkeit kein allzu großer Erfolg wäre.

Auf der anderen Seite bleibt ein Restrisiko, dass die ABDA jetzt zwischen den Ressorts zerrieben wird und sich die Ministerien die Verantwortung gegenseitig zuschieben. Diese Gefahr wäre allerdings größer, wenn das BMWi noch SPD-geführt wäre und die Apothekenfrage zu einem Schauplatz des Koalitionsstreits taugen würde. Es wäre schon ein ziemlich mieser Trick, wenn die CDU die Apotheker allein in eine gesetzgeberische Falle locken würde.

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