Wieder- oder Neueröffnung?

Wegen drei Stufen: Behörde schließt Apotheke

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Berlin -

„Liebe Kunden der Pelikan-Apotheke, wegen Eigentümerwechsels ist die Apotheke vorübergehend geschlossen.“ Dieser Aushang hängt bereits seit Anfang Juli an der Tür der fast 140 Jahre alten Apotheke in Düsseldorf. Aus der eigentlich zeitlich begrenzten droht aber nun eine endgültige Schließung zu werden. Denn laut einem Bericht der Rheinischen Post lehnt das Gesundheitsamt eine Wiedereröffnung der Apotheke wegen fehlender Barrierefreiheit ab.

Bis 2015 führte Dorothee Knell die Familienapotheke in vierter Generation. Dann hat sie sich entschieden, sich mehr auf ihre Kunst und das Privatleben in Bayern zu konzentrieren. Die Pelikan-Apotheke hat sie laut dem Bericht an einen Apotheker vermietet. Doch nur wenige Jahre später soll sie ihm wegen Zahlungsverzugs gekündigt haben. Mitte Juni wurde die Pelikan-Apotheke geschlossen.

Doch nun ist fraglich, ob die Apotheke überhaupt wiedereröffnet werden darf. Der Grund: Der Eingang der Apotheke ist nicht barrierefrei. Drei Stufen müssen die Kunden überwinden, um in die Offizin zu gelangen. Laut Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) soll sie jedoch barrierefrei zugänglich sein. Galt für die Pelikan-Apotheke bis zur verhängnisvollen Schließung Bestandsschutz, will die Behörde nun nichts davon hören.

Da nicht nahtlos von einem Apotheker an den nächsten übergeben wurde, werde eine erneute Inbetriebnahme als Neueröffnung eingestuft, wird das Gesundheitsamt von RP online zitiert. Das Klingelsystem vor Ort reiche nicht aus: Menschen, die in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt seien, müssten ohne Hilfestellung in die Räumlichkeiten gelangen können.

„Wie kann es sein, dass solch eine alteingesessene, wunderschöne Apotheke, für deren Original-Einrichtung aus Nussholz sich sogar schon das Heidelberger Apothekermuseum interessierte, wegen drei Stufen am Eingang, die nie ein Problem waren, für immer geschlossen bleiben soll“, sagte die 54-Jährige. Zudem sei die fehlende Barrierefreiheit noch nie ein Problem gewesen. Mit einem Kinderwagen würde man die Stufen leicht überwinden. Wenn ein Kunde im Rollstuhl kam, habe er klingeln können, argumentiert Knell.

Nach einer Prüfung einer möglichen Ausnahmeregelung kam offenbar auch das Rechtsamt der Stadt zu einem für Knell wenig erbaulichen Ergebnis. Man sehe keinen Ermessensspielraum für eine Ausnahmeregelung. Darauf hatte aber Knell gehofft. Denn aus baulichen und baurechtlichen Gründen ließe sich kein beziehungsweise nur mit sehr großem Aufwand ein barrierefreier Zugang einrichten. Die Apothekerin will sich allerdings nicht geschlagen geben. Sie kündigte an, juristisch prüfen zu lassen, ob der Fall der Pelikan-Apotheke sehr wohl als Ausnahmefall eingestuft werden könnte.

Die Stadt sieht in ihrer Entscheidung auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Eigentumsfreiheit, weiß die Regionalzeitung. Das sieht Knell naturgemäß anders. Unter diesen Bedingungen einen neuen Mieter zu finden, sei für sie als Eigentümerin fast unmöglich, sagte die Apothekerin. So lange ungewiss sei, ob und wann die Pelikan-Apotheke wieder öffnen darf, scheuten sich die Interessenten, die eigentlich gern die traditionsreiche Apotheke weiterführen würden, zuzusagen. Und etwas anderes als eine Apotheke könne sie sich in ihren Räumlichkeiten eigentlich nicht vorstellen.

Sie soll im Vorfeld sogar erwogen haben, die Apotheke wieder selbst zu betreiben, um das Familienerbe zu retten. Den Antrag auf eine Betriebserlaubnis habe die Stadt mit Verweis auf das Apothekengesetz allerdings abgelehnt, berichtet RP online: Knell sei schon zu lange nicht mehr pharmazeutisch tätig. „Ich finde es traurig, dass so eine nicht nur für mich wertvolle Institution mit Füßen getreten wird“, wird die Apothekerin zitiert.

Mit der Unterstützung der Apothekerkammer Nordrhein braucht sie ebenfalls nicht zu rechnen. Auf Nachfrage der Regionalzeitung teilte die Geschäftsstelle mit, dass man sich erst dann detailliert mit dem Fall beschäftigen könne, wenn der Bescheid der Stadt vorliege. Das sei bisher noch nicht der Fall.

Trotz zahlreicher Rückschläge hofft Knell, dass die Pelikan-Apotheke wieder eröffnet werden kann: „Ich hänge sehr an dieser Apotheke, habe dort schon als Kind dabei geholfen, Migränepulver abzufüllen, Pillen zu drehen und Hustensaft zu kochen“, wird sie zitiert. In den Schaufenstern habe sie ihre ersten Bilder ausgestellt. Handschriftlich aufgezeichnete Rezepturen ihres Urgroßvaters und Großvaters verwendete sie als Malgrund für aquarellierte Tuschezeichnungen. Und einen Hoffnungsschimmer gibt es wohl tatsächlich. Kurz vor der Veröffentlichung des Berichts verkündete der Gesundheitsdezernent der Stadt, nach „Wegen“ suchen zu wollen.

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