Berufslaufbahn

Lieber Nonne als Apothekerin

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Berlin -

Für Ursula Hertewich schien der Karriereweg vorgezeichnet. Die Saarländerin stammt aus einer Apothekerfamilie. Nach dem Pharmaziestudium promovierte die heute 42-Jährige. Im Anschluss unterstützte sie Eltern und Schwester in der Mathilden-Apotheke in Wadgassen, die ihr Urgroßvater vor 122 Jahren gegründet hatte. Dann folgte der Ruf des Klosters.

Aus der Apothekerin ist Nonne Ursula geworden. Seit 2006 gehört sie zu den Schwestern der heiligen Katharina von Siena im Orden des heiligen Dominikus und lebt im Kloster Arenberg in Koblenz. „Ich habe immer gesagt, ins Kloster gehe ich auf keinen Fall“, erinnert sie sich. Während ihres praktischen Jahres erfüllte sie 2002 in Neuseeland erstmals der Wunsch nach einer alternativen Lebensform. „Ich habe damals gespürt, dass eine eigene Familie nicht das Richtige für mich ist.“

Von einer Ordensschwester war sie zu diesem Zeitpunkt jedoch noch weit entfernt. Nach Promotion und Tätigkeit als Postdoktorantin wechselte sie 2004 in die elterliche Apotheke. „Ich wusste, dass ich nicht an der Uni bleiben will. Mir war wichtig, den Originalberuf zu erleben.“

Zu ihren Fachgebieten zählten Ernährung und Phytopharmazie. „In einer Landapotheke kommt alles angeschwemmt. Ich war echt glücklich.“ Die enge Arbeit mit der Familie habe ihr gut gefallen. Doch die Zweifel blieben. „Ich habe mich immer sehr intensiv mit dem Glauben auseinandergesetzt. Gott war für mich immer eine Größe.“

Lieber als Pharmazie hätte sie Theologie studiert. „Das Berufsbild für Frauen hat mich aber nicht angemacht.“ In einer Beratungsstelle des Bistums über mögliche Berufe habe ein junger Priester die Gemeinschaft der Dominikanerinnen in Koblenz empfohlen, so Schwester Ursula. „Ich dachte bis dahin, Kloster bedeutet den Inbegriff eines beschnittenen Lebens.“ Der Entschluss, einen tieferen Blick hinter die Mauern zu werfen, sei sehr schwer gefallen. „Von 2003 bis 2006 habe ich mit mir gerungen, da ich in der Apotheke ja eigentlich zufrieden war.“

Die Entscheidung brachte die Angst davor, eine Chance zu verpassen und es gar nicht ausprobiert zu haben. Als die damals junge Apothekerin ihren Eltern den Wechsel mitteilte, war das Entsetzen groß: „Es war sehr schwer für sie.“ Immerhin seien zwei Töchter Pharmazeutinnen und eine PTA geworden. Das folgende zweijährige Noviziat sei schwer gewesen, da es in der Ausbildungszeit nur wenig Kontakt nach außen gebe. „Als meine Eltern mein Aufblühen gesehen haben, wich das anfängliche Unverständnis.“

2013 verpflichtete sich Schwester Ursula für immer. Heute lebt sie nach den drei evangelischen Räten Armut, Keuschheit und Gehorsam. Natürlich gebe es manchmal Zweifel, generell sei die Lebensweise aber richtig. „Das ist wie bei einer Ehe, es gibt Zeiten, da stimmt alles, und Zeiten, da fehlt etwas.“

Im Mutterhaus von Kloster Arensberg leben derzeit 52 Schwestern. Insgesamt hat der Orden 127 Nonnen, die weltweit verteilt etwa in der Schweiz, Berlin und Bolivien leben. Schwester Ursula arbeitete zunächst in der Kräuterei, wo sie ihr pharmazeutisches Wissen einsetzen konnte. An dem Standort pflegte sie den Kräutergarten in dem fast sechs Hektar großen Klosterpark.

Sie arbeitet zudem als Noviziatsleiterin und betreut Frauen, die sich für einen Eintritt entscheiden. Nachwuchssorgen sind – anders als bei Apotheken – kein Thema. Das Interesse steige. „Ich glaube andererseits, dass es sich in Klöstern gerade gesund schrumpft.“ Die Zeiten, in denen alleinstehende Frauen keine andere Möglichkeit als Kloster gehabt hätten, seien vorbei.

Nach einer Ausbildung zur Gesprächsbegleiterin wechselte sie vor sieben Jahren in die Seelsorge. „Das bereitet mir Freude.“ Auch Pharmazeuten nutzen das Angebot, ihre Sorgen zu teilen. „Ich habe fünf bis sechs Apotheker, die regelmäßig ins Gästehaus kommen“, so Schwester Ursula. „Das ist dann ein bisschen Heimat“.

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