Bundeskabinett

SPD lässt Apothekengesetz passieren

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Berlin -

Die Verabschiedung des Apothekenstärkungsgesetzes von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Bundeskabinett ist offenbar gesichert. Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC lässt die SPD trotz fortbestehender rechtlicher Bedenken das Gesetz passieren. Geplant ist die Kabinettsbefassung für den 17. Juli, dabei soll auch die Masern-Impflicht beschlossen werden. Die letzte Entscheidung über den Termin fällt aber erst am kommenden Montag.

In der SPD heißt es zur Begründung, die rechtlichen Bedenken zurückzustellen: Man wolle nicht als Verhinderer oder Spielverderber dastehen, der zum zweiten Mal die Verabschiedung eines Apothekengesetzes verhindere. Im März 2017 unmittelbar vor dem Ende der letzten Wahlperiode hatten der konservative Seeheimer Kreis und die Parteilinke (PL) in einer gemeinsamen Erklärung das vom damaligen Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgelegte Rx-Versandverbot gestoppt.

„Kein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten“, lautete damals die Überschrift der gemeinsamen Position. Versorgungssicherheit für Patienten brauche beides: „lebensfähige Apotheken und Versandhandel“. „Wir lehnen ein Verbot des Versandhandels ab. Ein Verbot ist keine Lösung für die Herausforderungen der Gesundheitsversorgung sowohl in Ballungsgebieten wie auf dem Land. Wir brauchen beides: lebens- und leistungsfähige Apotheken ebenso wie einen Versandhandel für diejenigen Patienten, die einen langen oder zu beschwerlichen Weg bis zur nächsten Apotheke haben oder die auf Rezepturen durch Spezialversender angewiesen sind“, schrieben der Seeheimer Kreis und die PL.

Ungeachtet der voraussichtlichen Zustimmung hält man in der SPD das von Spahn im Sozialgesetzbuch (SGB V) vorgeschlagene Boni-Verbot weiterhin für rechtlich nicht haltbar. In der SPD geht man davon aus, dass die EU-Kommission das Apothekengesetz gründlich prüfen und schließlich zurückweisen wird.

Der geplante Termin für die Verabschiedung des Apothekenstärkungsgesetzes am 17. Juli ist allerdings noch nicht gesetzt. Derzeit laufen zwischen BMG und Bundesjustizministerium (BMJV) noch letzte Abstimmungen. Dabei geht es vor allem um die Frage der Einbeziehung der EU-Kommission. Spahn lehnt bislang ein offizielles Notifizierungsverfahren ab. Dieses würde die Gesetzgebung erheblich verzögern. Mindestens drei Monate werden für ein Notifizierungsverfahren veranschlagt. Die Regierungen aller EU-Mitgliedstaaten könnten sich zum Apothekenstärkungsgesetz äußern. Vor allem von der niederländischen Regierung wird Widerspruch erwartet.

Zuletzt war eine Protokollnotiz in Erwägung gezogen worden, in der eine begleitende Prüfung des Apothekenstärkungsgesetzes durch die EU-Kommission verankert werden sollte. Dies wurde als verfassungsrechtlich bedenklich verworfen. Offen ist daher, ob in anderer Form eine Prüfung durch Brüssel verbindlich begleitend zum Kabinettsbeschluss verankert werden kann.

Ungeachtet dessen geht man in der SPD davon aus, dass die EU-Kommission die Gesetzgebung in Berlin unter die Lupe nimmt. Im März hatte die Behörde die Bundesregierung aufgefordert, innerhalb von zwei Monaten ein Konzept zur Aufhebung der Preisbindung für ausländische Versender vorzulegen. Sonst drohe der Bundesrepublik eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Das System der Festpreise nach deutschem Recht (Arzneimittelgesetz) verringere die Möglichkeiten der Apotheken, Rabatte anzubieten, und schränkte den Handel zwischen den EU-Ländern ein, hieß es in dem Mahnschreiben.

Die Kommission vertrat die Auffassung, dass solche nationalen Vorschriften gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs verstoßen. Bereits im November 2013 habe man ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, indem sie ein Aufforderungsschreiben an die deutschen Behörden gerichtet habe, erinnerte die Kommission. In der Zwischenzeit habe ein Urteil des EuGH in der Rechtssache Deutsche Parkinson Vereinigung die Beurteilung bestätigt.

Daher forderte die Kommission jetzt Deutschland auf, die Rechtsvorschriften zu ändern, um sie an die EU-Vorschriften „ohne Verzögerung“ anzupassen. Da Deutschland keine Maßnahmen ergriffen habe, habe man beschlossen, eine mit „Gründen versehene Stellungnahme“ zu übermitteln. „Deutschland hat jetzt zwei Monate Zeit, um die Situation zu verbessern. Andernfalls kann die Kommission beschließen, Deutschland vor dem Gerichtshof der EU zu verklagen“, so die Pressemitteilung vom März. Gestützt auf dieses Schreiben geht man in der SPD von einer Ablehnung des Boni-Verbots im SGB V durch die Kommission aus.

Daraufhin versicherte die Bundesregierung der EU-Kommission in einer Stellungnahme, dass die Preisbindung im Arzneimittelgesetz (AMG) gestrichen werde und verwies auf den Referentenentwurf. Mehr noch: „Eine Befassung des Bundeskabinetts mit einem europarechtskonformen Gesetzentwurf soll im Juni 2019 folgen“, hieß es weiter und dass der Gesetzentwurf „unaufgefordert“ an die EU-Kommission übermittelt werde.

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