Apothekenstärkungsgesetz

Immerhin: 24 Millionen Euro mehr für Apotheker

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Berlin -

Zumindest in einem Punkt wurden die Bitten der Apotheker beim „Apothekenstärkungsgesetz“ gehört: In dem überarbeiteten Kabinettsentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) sind nun 150 Millionen Euro netto für die Honorierung zusätzlicher Dienstleistungen vorgesehen. Die nunmehr ergänzte Umsatzsteuer macht immerhin einen Unterschied von rund 24 Millionen Euro aus. Ansonsten versucht das BMG die Begründung für das geplante Rx-Boni-Verbot sicherer zu machen. Denn Rabatte an Versicherte würden „sowohl das Sachleistungs- als auch das Solidaritätsprinzip als tragende Strukturprinzipien des GKV-Systems unterlaufen“, heißt es im Entwurf.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will mit dem Gesetz die Rolle der Apotheken stärken. Diese sollen künftig zusätzliche Dienstleistungen übernehmen können. Die konkrete Ausgestaltung und Abwicklung der Vergütung dafür soll Sache des Deutschen Apothekerverbands (DAV) und des GKV-Spitzenverbands sein. Im Gesetz vorgesehen sind dafür 150 Millionen Euro.

Der DAV hatte kritisiert, dass in dieser Summe bislang die Umsatzsteuer mit enthalten war und damit tatsächlich weniger Geld als kommuniziert zur Verfügung stünde – nämlich rund 24 Millionen Euro. Dies hat das BMG nunmehr angepasst. In dem jetzt vorliegenden Entwurf, der am Mittwoch im Kabinett verabschiedet werden soll, heißt es „rund 150 Millionen Euro zuzüglich 28,5 Millionen Euro Umsatzsteuer pro Jahr“. Die Anhebung des Nacht- und Notdiensthonorars sowie für die BtM-Dokumentation werden in separaten Verordnungen direkt vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) geregelt.

Ein weiterer zentraler Aspekt des Gesetzes ist das geplante Rx-Boni-Verbot, von dem dann auch – zumindest für den GKV-Bereich – ausländische Versandapotheken erfasst sein sollen. Auch weil es schon jetzt erhebliche Zweifel daran gibt, dass das Gesetz einer europarechtlichen Überprüfung standhalten wird, hat das BMG bei der Begründung noch einmal nachgebessert.

Als Reaktion auf das EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 streicht Spahn das Boni-Verbot für ausländische Versender im Arzneimittelgesetz (AMG). Sie sollen aber über die Verlagerung ins Sozialgesetzbuch V (SGB V) trotzdem gehalten werden, keine Rabatte an Kassenpatienten mehr zu gewähren. Die „kollektivvertragliche Einheitlichkeit der Apothekenabgabepreise“ sei „sozial- und gesundheitspolitisch notwendig“, um das Abrechnungsverfahren zwischen Apotheken und Krankenkassen durchzuführen „und das finanzielle Gleichgewicht des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung dauerhaft zu gewährleisten“, so die Begründung.

Im Rahmen des in der GKV vorrangigen Sachleistungsprinzips für die Arzneimittelversorgung sei ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zur Intaktheit des nationalen Gesundheitswesens erforderlich, so das Ministerium weiter. Der einheitliche Apothekenabgabepreis führe dazu, dass gesetzlich Versicherte unabhängig von wirtschaftlichen Überlegungen unmittelbar eine Apotheke zur Versorgung mit Arzneimitteln in Anspruch nehmen könnten. „Dies sichert den Zugang zu Arzneimitteln und trägt damit zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung bei“, so die Begründung.

Und: „Die Aufgabe einheitlicher Apothekenabgabepreise bei der Versorgung von Versicherten der GKV mit Arzneimitteln würde nicht nur das Sachleistungsprinzip in Frage stellen, sondern auch das Solidaritätsprinzip als eines der tragenden Strukturprinzipien des GKV-Systems und damit insgesamt die Intaktheit des Gesundheitswesens.“ Durch Rx-Boni würde das Solidaritätsprinzip unterwandert, da das Geld nicht mehr der Solidargemeinschaft zur Gute käme. „Zur Aufrechterhaltung des Solidaritätsprinzips in der GKV soll daher kein Preiswettbewerb zwischen Apotheken um gesetzlich Versicherte bei der Abgabe von Arzneimitteln im Wege der Sachleistung stattfinden.“

Denn bei der Zuzahlung der Versicherten handele es sich nicht um ein Entgelt oder eine Gegenleistung des Versicherten für die Leistung der Apotheke, sondern um eine „eigenständige öffentlich-rechtliche Geldleistungspflicht des Versicherten gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse“. Zweck der Zuzahlung sei es, das Ausgaben- und Preisbewusstsein der Versicherten zu stärken und einen überhöhten Verbrauch von Arzneimitteln zu verhindern. Rx-Boni würden das Ziel dieses Steuerungsinstruments in Frage stellen.

Einheitliche Apothekenabgabepreise seien aber auch aus „zwingenden Gründen des finanziellen Gleichgewichts des Systems“ der GKV erforderlich. Der einheitliche Apothekenabgabepreis sei dabei etwa für den Apothekenabschlag, bei der Abgabe von preisgünstigen Arzneimitteln, für die Berechnung von Festbeträgen und die Vergabe von Rabattverträgen erforderlich, um Wirtschaftlichkeitsreserven im Bereich der Arzneimittelversorgung zu heben.

Wie schon im EuGH-Verfahren trägt das BMG vor, dass einheitliche Apothekenabgabepreise zur Gewährleistung einer flächendeckenden, sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung erforderlich seien. Aufgrund der Systematik des Apothekenhonorars könnten Rabattanbieter gesetzlich Versicherte mit wirtschaftlich besonders attraktiven Verordnungen in ihre Apotheken lenken, so die Befürchtung. Dies führe bei einer nicht zu beeinflussenden Anzahl an Verordnungen zwangsläufig zu wirtschaftlichen Einbußen bei anderen Apotheken. „Im Endeffekt könnten dann nur wirtschaftlich starke Apotheken einen Rabattwettbewerb durchhalten, was letztlich eine flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gefährden könnte“, so die Begründung des BMG.

Dem Vernehmen nach geht man allerdings in der Bundesregierung davon aus, dass das geplante Boni-Verbot im SGB V von der EU-Kommission in Brüssel zurückgewiesen wird. Auf dieser Grundlage hat die SPD ihre Zustimmung im Kabinett signalisiert. Nach APOTHEKE ADHOC-Informationen hat sich Brüssel in einer Stellungnahme zu Spahns Plänen bereits ablehnend zum Boni-Verbot geäußert.

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