Arzneimittelskandal

Lunapharm darf weiter nicht importieren

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Berlin -

Lunapharm darf auch in Zukunft keine Arzneimittel mehr herstellen oder in den Verkehr bringen. Das Land Brandenburg hat heute die Herstellungserlaubnis des skandalträchtigen Parallelimporteurs widerrufen. Das teilt das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) auf Anfrage mit. Die Großhandelserlaubnis ist davon unberührt.

Das heißt aber noch nicht, dass das Unternehmen aus Blankenfelde-Mahlow künftig als Großhändler aktiv sein kann. Am 6. August ordnete das LAVG das Ruhen der Großhandelserlaubnis an, die Anordnung gilt noch bis 6. Februar. Auskünfte, ob sie danach verlängert oder aufgehoben wird oder ob die Großhandelslizenz ebenfalls widerrufen wird, gibt das LAVG noch nicht. Vom Widerruf der Herstellungserlaubnis ist nur der Import betroffen, da das Umverpacken rechtlich als Herstellung gilt.

Dem LAVG zufolge ist auch in Zukunft nicht davon auszugehen, dass sich Lunapharm an die Regeln des Arzneimittelrechts hält. Im Bescheid zum Widerruf der Herstellungserlaubnis, das dem RBB-Magazin Kontraste exklusiv vorliegt, heißt es zur Begründung an Lunapharm-Chefin Susanne Krautz-Zeitel gerichtet: „Alle (…) Umstände lassen im Rahmen einer Prognose darauf schließen, dass die Lunapharm Deutschland GmbH und Sie als deren Geschäftsführerin ihre Tätigkeiten auch zukünftig nicht in Übereinstimmung mit dem geltenden Arzneimittelrecht ausüben werden.“ Kontraste hatte den Skandal im Juli 2018 aufgedeckt.

Lunapharm habe „in Kenntnis der Rechtswidrigkeit zahlreiche Arzneimittel von einer griechischen Apotheke bezogen, die zur Lieferung nicht befugt war“. Insbesondere auf den Import von Herceptin aus Italien geht der Bescheid ein. Das habe Lunapharm vertrieben, obwohl „alle europäischen Großhändler seit 2014 wüssten oder wissen müssen, dass es auf legalem Weg – nach wie vor – nicht möglich sei, Herceptin aus Italien zu beziehen.“

Lunapharm wird vorgeworfen, mutmaßlich in Griechenland aus Kliniken gestohlene Arzneimittel verkauft zu haben. Die zuständigen Aufsichtsbehörden untersagten den Handel, die Potsdamer Staatsanwaltschaft ermittelt. Das Unternehmen zieht sowohl gegen das Magazin Kontraste als auch gegen die Brandenburgische Landesregierung juristisch zu Felde.

So verlangen die Lunapharm-Anwälte auf Grundlage von 38 Zitaten aus Kontraste-Berichten und Veröffentlichungen auf rbb24.de, dass das Magazin nicht mehr den Eindruck erweckt, Lunapharm habe wissentlich mit gestohlenen Arzneimitteln gehandelt oder zu behaupten, Lunapharm unterhalte Handelsbeziehungen zu einer Firma in Sofia. Die Beiträge hätten zu zahlreichen Kündigungen von Kunden und somit Umsatzeinbrüchen geführt. Den Streitwert beziffern die Anwälte der Hamburger Kanzlei Nesselhauf auf 500.000 Euro.

Gegen die Landesregierung sei ebenfalls eine millionenschwere Schadensersatzklage in Planung, kündigte der von Krautz-Zeitel engagierte PR-Berater Klaus Kocks an. Dem Potsdamer Gesundheitsministerium waren in Zuge der parlamentarischen Untersuchungen der Arzneimittelaufsicht erhebliche Versäumnisse vorgeworfen worden. Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) musste ihren Hut nehmen.Dem Präsidenten des Landesamtes für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG), Detlev Mohr, wurden die Kompetenzen beschnitten.

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