Regierungsbildung

GroKo-Sondierung ohne Rx-Versandverbot

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Berlin -

Union und SPD bereiten die Fortsetzung der Großen Koalition (GroKo) vor: Nach dem Treffen der Parteichefs bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will sich die SPD-Spitze um Martin Schulz auf einem Parteitag kommende Woche grünes Licht für ergebnisoffene Gespräche mit der Union über eine Regierungsbildung geben lassen. Auch die CDU zeigte sich zur Aufnahme ernsthafter Gespräche mit der SPD ohne Vorbedingungen bereit. Allerdings: Das Rx-Versandverbot soll in den GroKo-Verhandlungen nicht aufgerufen werden.

Bereits am Montag wolle er mit dem Parteivorstand über einen entsprechenden Antrag beraten, kündigte Schulz an: „Wir haben viele Optionen für eine Regierungsbildung. Wir sollten über jede dieser Optionen reden.“ Allerdings werden mögliche Gespräche über eine Neuauflage der großen Koalition zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage durch Querschüsse belastet. Schulz wies Darstellungen empört zurück, seine Partei habe sich mit der Union bereits auf die Aufnahme von Gesprächen über ein neues Bündnis verständigt. Die Meldung „ist falsch“, sagte er. Da sie offensichtlich von der Union lanciert worden sei, habe er mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gesprochen und ihr gesagt, dass so etwas inakzeptabel sei. „Wer Falschmeldungen in Umlauf setzt, zerstört Vertrauen“, betonte Schulz.

Merkel informierte am Vormittag den Vorstand ihrer Partei über das Treffen mit Bundespräsident Steinmeier, Schulz und CSU-Chef Horst Seehofer. Aus Teilnehmerkreisen machte Merkel in der Schaltkonferenz deutlich, falls der SPD-Parteitag Gesprächen mit der Union zustimme, könnte eine erste Gesprächsrunde im kleinen Kreis schon vor Weihnachten stattfinden, vielleicht auch eine zweite. Dabei muss es sich nicht schon um formelle Sondierungsverhandlungen handeln.

Im Spiegel benannte Schulz bereits Forderungen der SPD, unter anderem „eine Neugründung Europas“, eine gemeinsame europäische Steuerpolitik sowie einen EU-Finanzminister. Als innenpolitische Bedingung für eine Regierungsbeteiligung nannte er eine umfassende Reform der Gesundheitsversorgung: „Die Zwei-Klassen-Medizin muss abgeschafft werden.“

Ginge es nach führenden Gesundheitspolitikern von SPD und CDU, dann wäre man sich über den Koalitionsvertrag für ein neues Bündnis rasch einig: „Wir wären in einer halben Stunde fertig“, sagte CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich an die Adresse seines SPD-Kollegen Edgar Franke, Vorsitzende des Gesundheitsausschusses. Einig sind sich beide über die Kernthemen: Handlungsbedarf gibt es im Kassensystem von GKV und PKV, bei Kliniken und bei den Pflegeberufen. Nicht zu den Top-Themen gehört aber die Arznemittelpolitik und damit das Rx-Versandverbot.

„Wir befinden uns in politisch interessanten Zeiten, die GroKo ist in aller Munde“, sagte Franke bei der Veranstaltung „Zukunftsvision Gesundheit“. Allerdings sei nach dem „Glyphosat“-Foul der CSU der Ausgang der Gespräche „ein bisschen ungewiss.“ Für die SPD seien seitdem „die Tarife gestiegen“.

Franke untermauerte die Forderung der SPD nach dem Umbau des Versicherungssystem zu einer Bürgerversicherung, zeigte sich allerdings kompromissbereit beim „Schreckgespenst“. Die SPD wolle weder dem System noch den Ärzten „Geld entziehen“. Im ersten Schritt gehe es vielmehr darum, die Ärztehonorierung für Kassen- und Privatpatienten „anzunähern“.

Auch werde die SPD weder auf Kapitaleinkünfte noch auf Mieten Beiträge erheben. Der aus SPD-Sicht notwendige Sozialausgleich solle über den Steuerzuschuss erfolgen. Wichtig für die SPD sei aber die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung. Die SPD strebe keine Einheitsversicherung an. Aber Beamte sollten in die GKV einbezogen werden und dazu von ihren Dienstherren einen Arbeitgeberzuschuss erhalten (Hamburger Modell). Vorantreiben werde die SPD auch die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Diese müsse „unterstützend“ erfolgen und dürfe die Heilberufe nicht ersetzen.

Auch für CDU-Politiker Hennrich steht die Reform des Versicherungsystems „im Mittelpunkt“ der nächsten vier Jahre. „Wir müssen die Dualität gestalten“, sagte Hennrich. Auch er kenne aus dem Wahlkampf zahlreiche Klagen über die „gefühlte Zweiklassemedzin“. Hennrich warnte aber davor, „neue Gräben zu ziehen“. Das könne man über das Arzthonorar machen, zeigte sich Hennrich offen für eine Annäherung der unterschiedlichen Gebührenordnungen von GKV und PKV. Auch bei den Themen Rückkehr zur paritätischen GKV-Finanzierung und Einbeziehung der Beamten zeigte sich der CDU-Gesundheitspolitiker gesprächsbereit.

Für Arzneimittelthemen und damit auch das Rx-Versandverbot sieht Hennrich in den GroKo-Verhandlungen keinen Platz: „Das wird dort keine Rolle spielen, das regeln wir später in der laufenden Gesetzgebung.“

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