Verteilung von FFP2-Masken

Steuerfalle: Eigenanteil

, Uhr aktualisiert am 13.01.2021 12:54 Uhr
Berlin -

Wie wird die Ausgabe von FFP2-Masken auf Berechtigungsschein verbucht – und wie wird die Umsatzsteuer ausgewiesen? Diese Frage treibt derzeit viele Apotheker und ihre Steuerberater um. Stefan Kurth, Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Kanzlei Schneider + Partner, hat für den Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) ein Kurzgutachten zu diesen Fragen erstellt.

Für jede Maske erhalten die Apotheken 6 Euro brutto als Vergütung, das entspricht einem Nettobetrag von 5,04 Euro. Per Sammelbeleg werden die Masken einmal im Monat über die Sonder-PZN 06461245 abgerechnet, die Rechenzentren erhalten das Geld über den Nacht- und Notdienstfonds (NNF) vom Bundesamt für soziale Sicherung (BAS).

Damit richtet sich der Anspruch der Bezugsberechtigten nicht gegen die Krankenkassen, sondern unmittelbar gegen den Bund, der damit im Rahmen des Sachleistungsprinzips auch als Leistungsempfänger im Sinne des Umsatzsteuergesetzes anzusehen ist, wie Kurth in seiner Stellungnahme schreibt. Dies gelte auch unabhängig vom versicherungsrechtlichen Status, „da die Krankenkassen lediglich logistische Zuarbeiten in der Bestimmung der Anspruchsberechtigen leisten und nicht Anspruchsverpflichtete sind“.

Folglich muss die komplette Umsatzsteuer bei der Abrechnung über das Rechenzentrum ausgewiesen werden, und zwar inklusive des Eigenanteils. Denn laut § 10 Abs. 1 S. 2 UStG gehört zum „Entgelt“ auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt. Dies könne auch ein zur Preisauffüllung dienender Teilbetrag sein, sofern ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Unternehmers und der Zahlung des Dritten besteht, so Kurth.

„Konsequenz wäre daraus, dass ähnlich wie bei der Zuzahlung im GKV-Bereich, es sich bei der Eigenbeteiligung gemäß SchutzmV um ein Entgelt Dritter handelt, mit der Folge, dass auch keine Umsatzsteuer gegenüber dem Anspruchsberechtigten selbst auszuweisen ist, sondern ausschließlich gegenüber dem Leistungsempfänger im Rahmen der Leistungsbeziehung.“

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) soll in Gesprächen mit der Abda die Auffassung geäußert haben, dass es sich um eine Leistung an den Kunden handelt. Allerdings habe das Ministerium offen gelassen, dass die Oberfinanzdirektionen das auch anders bewerten können. Da es somit offenbar eine steuerrechtliche Unsicherheit gibt, hat man bei der beispielsweise bei der Treuhand Hannover folgende Risikoabwägung vorgenommen.

Wird der Kunde als Empfänger angesehen und die Mehrsteuer auf dem Bon ausgewiesen und stellt sich dies im Nachhinein als falsch heraus, lässt sich dies nicht mehr korrigieren – die Bons lassen sich nicht zurückholen. Die Apotheke hätte dann die Umsatzsteuer ohne Grundlage ausgewiesen und würde diese zusätzlich schulden – im schlimmsten Fall also doppelte Umsatzsteuer auf den Eigenanteil zahlen. In der anderen Variante – der Bund wird als Empfänger angenommen und dies stellt sich im Nachhinein als falsch heraus – kann die Apotheke dagegen die Abrechnung entsprechend korrigieren. Die Treuhand kommt bei ihrer Analyse aber zu dem selben Ergebnis für Steuerberater Kurth.

Der weist darauf hin, dass anders als bei der Zuzahlung nach Sozialgesetzbuch (SGB V), der Eigenanteil einen „konstitutiv mit der Abgabe der Masken begründeten eigenen Anspruch der Apotheke“ darstellt und nicht nur einen zur Einziehung übertragenen Anspruch der Krankenkassen. „Damit kann meines Erachtens die Apotheke ohne Erfüllung dieses Teils der Gegenleistung auch die Leistung verweigern, aber auch eigenständig in anderer Weise über diesen Anspruch verfügen.“

Kurth sieht seine Auffassung dadurch bestätigt, dass der Eigenanteil keine Berücksichtigung bei der Belastungsgrenze findet und dass die Apotheke den Eigenanteil im Falle eines Zahlungsverzugs auch nicht wie die Zuzahlung einziehen lassen kann. Daraus folgt aus seiner Sicht: „Kann die Apotheke die Forderung nicht eintreiben, reduziert sich das umsatzsteuerliche Entgelt.“

Damit ergibt sich laut Kurth das zusätzliche Problem, wie zu verfahren ist, wenn die Apotheke auf den Eigenanteil ganz oder teilweise verzichtet. „Seitens der Apotheke ist über den vollen Gegenanspruch von 6 Euro durch das Rechenzentrum gegenüber dem Bund als Leistungsempfänger Rechnung zu legen“, so Kurth. „Im Falle der bloßen Nichtgeltendmachung aus betrieblichen Gründen liegt darin eine Verfügung über den bestehenden Anspruch, der meines Erachtens nicht zur Berichtigung der Umsatzsteuer führt. Vielmehr liegt eine eigene unentgeltliche Zuwendung als Minderung einer Verbindlichkeit im Sinne von §4 Abs. 5 EStG vor.“

Lediglich der unwahrscheinliche Fall der Uneinbringlichkeit der von dritter Seite begründeten Gegenleistung rechtfertigt laut Kurth eine Korrektur der Rechnungslegung. „Letzteres wird jedoch tatsächlich regelmäßig unterbleiben, so dass die Umsatzsteuer in jedem Falle voll umfänglich geschuldet bleibt.“

In seiner Auffassung, dass die komplette Umsatzsteuer gegenüber dem Bund auszuweisen ist, sieht sich Kurth auch dadurch bestätigt, dass im Fall der Leistungsstörung aufgrund von Mängeln – zum Beispiel weil die Masken dem geforderten Standard nicht entsprechend – einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises durch den Anspruchsberechtigten weder begründet noch vom Verordnungsgeber gewollt ist. „Auch insoweit stehen Ansprüche nur dem Leistungsempfänger Bund zu. Es handelt sich damit in Phase 1 bis 3 um eine der Regelbesteuerung unterliegende Lieferung gegen Entgelt an den Bund.“

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