Sanierungsverfahren

Doppelinsolvenz mit Gruppe und easy

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Berlin -

Rutscht eine Apotheke in die Insolvenz, erweckt das regelmäßig öffentliches Interesse. Das gilt umso mehr bei besonderen Umständen: Wenn etwa die Apotheke einer Kooperation angehört oder gleich mehrere Filialen saniert werden müssen. Im Fall einer Osnabrücker Gruppe trifft beides zu. Ein junger Apotheker hatte sich übernommen, seine Frau musste ihre easy-Apotheke Ende Juli schließen.

Lars Crusius war schnell gestartet für einen jungen Apotheker. Im Juni 2009 hatte er auf einen Schlag vier Apotheken von seinem Kollegen Michael Hefti übernommen. Bis zum vergangenen Sommer führte er die Atlas-Apotheke, die „Apotheke 83“, die „Apotheke am MHO“ neben dem Marienhospital sowie die Medipark-Apotheke in einem Ärztehaus. Dazu kamen ein Sterillabor, das Kosmetikstudio „Skinsurfer“ sowie das „Crusius Seminar Center“.

Doch Crusius hatte sich übernommen: Ende August 2015 stellte er beim Amtsgericht Osnabrück einen Antrag auf ein Eigenverwaltungsverfahren. Als vorläufige Sachwalterin wurde die Rechtsanwältin Anna Kuleba von der Sozietät SBS aus Osnabrück bestellt. In dieser Form des Insolvenzverfahrens kann der Apotheker Herr im eigenen Haus bleiben, während der Betrieb saniert wird.

Parallel wurde auch für die easy-Apotheke Weidencarée in Osnabrück ein Sanierungsverfahren eingeleitet. Diese wird seit 2012 von Crusius Frau Uta Urner geführt. Crusius hatte eine Bürgschaft seiner Frau ziehen müssen, als Kredite fällig gestellt wurden. Ende Juli musste die Apotheke schließen. Ob die easy-Apotheke an sich rentabel war, darüber gibt es unterschiedliche Aussagen.

Es ist Fluch und Segen der Dachmarkenkonzepte, dass Erfolge und Misserfolge der Mitglieder immer auf die Gruppe abstrahlen. Entsprechend bemüht ist man in der Systemzentrale von easy, den Fall der Insolvenz vom eigenen Konzept zu trennen: „Der Standort war und ist gut“, betont easy-Vorstand Lars Horstmann wiederholt. Die Apotheke soll auch mit neuem Inhaber wiedereröffnen.

Anders klingt die Einschätzung der Wirtschaftskanzlei Buchalik Brömmekamp aus Düsseldorf, die von Anfang an bei der Sanierung der Apothekengruppe hilft: „Die easy-Apotheke Weidencarrée konnte seit ihrer Eröffnung im Jahr 2012 nicht kostendeckend betrieben werden“, so Rechtsanwalt Dr. Hubertus Bartelheimer. Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung sei eingeleitet worden, um weitere Verluste zu vermeiden.

Damit sollte die Apotheke saniert und fortgeführt werden. In der Folge sei es auch zunächst gelungen, den Umsatz zu stabilisieren. Doch auch verlängerte Öffnungszeiten zur Umsatzsteigerung führten laut Bartelheimer nicht zu der erhofften Ergebnisverbesserung. „Nach umfassender Prüfung der Liquiditätsplanung entschied sich Frau Urner daher nach Rücksprache mit dem Sachwalter Thomas Lißner, den Geschäftsbetrieb der easy-Apotheke Ende Juli zu schließen.“

easy-Vorstand Horstmann weist diese Einschätzung zurück: Die Apotheke habe eine positive Fortführungsprognose erhalten, sagt er. „Das hätte sie nicht bekommen, wenn sie keine schwarzen Zahlen geschrieben hätte.“ Die Aussage, die Apotheke sei nicht kostendeckend gewesen, sei falsch und nicht nachvollziehbar. Die Apotheke habe bereits im zweiten Jahr schwarze Zahlen geschrieben.

easy hält an dem Standort fest. In Düsseldorf ist man laut eigenen Angaben derzeit mit sechs Kaufinteressenten im Gespräch. „Es sieht gut aus“, so Horstmann. Wann die Apotheke wieder öffnet, kann er nicht abschätzen. Zuvor müssten alle Formalien erledigt sein: Mietvertrag und Einrichtung etwa müssten an den neuen Inhaber übergehen.

Relativ schnell nach Eröffnung von Crusius‘ Insolvenzverfahren wurde die „Apotheke 83“ geschlossen. Auch andere Aktivitäten des Apothekers wurden geordnet beendet. Das Aus der easy-Apotheke seiner Frau war eigentlich nicht geplant. Auch bei der Sanierung seiner Filialgruppe lief nicht alles wie geplant. Eigentlich sollte das Verfahren bereits im April abgeschlossen werden.

Rechtsanwalt Bartelheimer zufolge sind „die wesentlichen betriebswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Konzentration auf das Kerngeschäft“ nun umgesetzt: Das Seminarcenter CSCO sowie das Kosmetikstudio Skinsurfer wurden geschlossen. Bei der „Apotheke 83“ soll das Zytostatika-Labor weitergeführt werden, künftig als Nebenstelle der Atlas Apotheke. Als weitere Maßnahme wurden Personalführung und der Buchhaltung restrukturiert, konkret wurden eine Personalerin und eine Controllerin eingestellt.

Dass alles länger dauert als geplant, ist dem Rechtsanwalt zufolge der Prüfung eines möglichen Verkaufsprozesses geschuldet. „Das Insolvenzgericht Osnabrück und der Gläubigerausschuss verlangen als Grundvoraussetzung für einen Insolvenzplan die Durchführung eines Bieterverfahrens zur Ermittlung der potentiellen Kaufpreise, die als Grundlage für die im Insolvenzplan vorgesehene Vergleichsrechnung dienen sollen“, erklärt Bartelheimer.

Dieser sogenannte M&A-Prozess (Mergers & Acquisitions) ist seit Monatsanfang in der zweiten Phase. Nun erfolgen konkrete Interessentengespräche mit Kaufinteressenten, die einen Letter of Intent (LOI) und eine Finanzierungsbestätigung einer Hausbank übersandt haben. Nach Abschluss der zweiten Phase werde der Gläubigerausschuss Mitte September über den Fortgang des Verfahrens entscheiden, so der Rechtsanwalt. „Erst nach dieser Entscheidung kann eine Prognose über die Beendigung des Verfahrens erstellt werden.“

Der Geschäftsbetrieb der drei anderen Apotheken ist Bartelheimer zufolge kostendeckend. Die betriebswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen seien erfolgreich umgesetzt worden, die Standorte könnten saniert fortgeführt werden.

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