VISION.A

Kunden wollen die 24/7-Wohlfühlapotheke

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Berlin -

Der moderne Apothekenkunde von heute will Bequemlichkeit und eine Rundumverfügbarkeit, hat aber durchaus auch emotionale Bedürfnisse, die derzeit nur mangelhaft bedient werden. Das sagte zumindest Elena Bergmann vom Berliner Start-up POSpulse bei VISION.A, der Digitalkonferenz von APOTHEKE ADHOC und Apotheken Umschau. Um zukunftsfähig zu bleiben, müsse die Apotheke mehr wagen.

Das Berliner Start-up hat sich zunächst vor allem im Lebensmittelhandel ausprobiert. Mittlerweile tummelt sich die Firma in vielen Sparten. Einen Schwerpunkt hat sie sich im Gesundheitswesen und speziell den Apothekenmarkt gesetzt. Sie will „Händlern, Dienstleistern und Markenartikelherstellern eine bessere Vermarktung ihrer Produkte und Services ermöglichen, indem sie das ‚Warum‘ hinter den Shopper-Kaufentscheidungen verstehen“. Dazu wolle man „die weltweit führende Shopper-Insights-Intelligence-Plattform“ werden, die es für Entscheider möglich mache, in Echtzeit die „Marketing- und Sales-Performance zu tracken und konkrete Handlungsempfehlungen zu den relevantesten Fragen bezüglich Shopper-Verständnis zu geben“, wie es im schönsten Agentur-Denglish heißt.

Um die Apothekenkunden kennenzulernen, führte die Firma nach Worten ihrer Senior Sales Managerin m letzten November erst einmal eine eigene Studie durch. 637 bereits registrierte User beteiligten sich, eher jünger und eher internetaffin, wie Bergmann einräumte, aber schließlich sei es um die „Apotheke der Zukunft“ gegangen. Konkreter Anlass war die Ankündigung von Amazon, in den USA ins Arzneimittelgeschäft einsteigen zu wollen. 37 Prozent der Befragten konnten sich vorstellen, beim Versandriesen ihre Medikamente zu bestellen, ebenfalls 37 Prozent dagegen nicht, 20 Prozent antworteten mit „Weiß nicht“.

Die Untersuchung hielt noch weitere ernüchternde Zahlen für die Pharmazeuten vor Ort parat: Nur 5 Prozent der Befragten besuchen die Apotheke mindestens einmal in der Woche, 6 Prozent einmal im Monat oder im Quartal, 29 Prozent gehen nur im Krankheitsfall oder wenn es anderweitig pressiert, 2 Prozent nie. „Die Kunden gehen also nur in die Apotheke, wenn sie unbedingt müssen“, folgert Bergmann. „Sie möchten gesund werden.“

In den Apotheken besorgen sich denn auch 55 Prozent der Kunden vor allem verschreibungspflichtige Medikamente, 35 Prozent OTC-Präparate, 6 Prozent beides und 1 Prozent wollen einfach nur stöbern. Dabei will es der Patient gerne bequem haben. 80 Prozent sagen, sie gehen in eine Apotheke in der Nähe ihrer Wohnung oder Arbeit.

Doch vor die Wahl gestellt, wie denn die Apotheke der Zukunft aussehen soll, gab es eine kleine Überraschung: 54 Prozent der Teilnehmer bevorzugen eine Apotheke, in der alle OTC-Medikamente sofort und rund um die Uhr verfügbar sind. Aber immerhin 45 Prozent wünschten sich eine Wohlfühlapotheke, die eine individuelle Gesundheitsberatung mit interaktiven Erlebnissen kombiniert. „Es gibt offensichtlich auch emotionale Bedürfnisse, die bedient werden wollen“, meint Bergmann. „Die aktuell existierenden Apotheken decken das womöglich derzeit gar nicht ab.“

Um die Kundenerfahrungen in den Apotheken zu sammeln, fehlte es bislang an Tools. „Im E-Commerce können wir genau nachvollziehen, wer sich welches Produkt angeschaut und auch gekauft hat, diese Daten fehlen uns im Offline-Geschäft”, so Bergmann. Mit „crowdbasierter“ Marktforschung will ihre Firma Abhilfe schaffen. Über die App „Shop Scout“ etwa finden regelmäßig Umfragen zum Beispiel zu Produkten statt. Hier werden auch konkrete Aufgabenstellungen vergeben. „Eine kann hier sein: Gehe in die nächste Apotheke und beginne ein Verkaufsgespräch.“ Wer dann von seinen Erlebnissen berichtet, erhält eine Belohnung.

Auch das klassische „Mystery Shopping“, in dem ein vorgeblicher Kunde ein Beratungsgespräch bewertet, kommt zum Einsatz. „Unsere Teilnehmer erzählen dann, wie kompetent die Apothekenmitarbeiter waren und ob ihnen alle Fragen beantwortet wurden“, sagt Bergmann. Checks am „Point of Sale“ beleuchten, welche Auswirkungen die Platzierung eines Displays auf den Abverkauf eines Produkts hat.

„Die Apotheke wird sich verändern, weil sich die Bedürfnisse des Kunden und auch das Angebot ändern“, folgert Bergmann. „Die aktuellen Abverkaufszahlen reichen nicht aus, um zu bewerten, wie die eigene Leistung von den Kunden wahrgenommen wird und vor allem warum das so ist. Die digitale Marktforschung hilft dabei, den Kunden und seine Bedürfnisse besser zu verstehen und die dahinter stehenden Prozesse zu digitalisieren.“

Bei der Nachfrage aus dem Publikum, wie denn eine innovative Apotheke aus ihrer Sicht konkret aussehe, musste Bergmann als selbst erklärte Nicht-Fachfrau freilich passen. Sie rät jedoch: „Es lohnt sich, etwas auszuprobieren, was andere nicht machen, zum Beispiel einen 3D-Drucker aufzustellen und dann das Feedback der Kunden einzuholen. Den Kunden mit einzubeziehen, ist bei allen Veränderungen ganz wichtig.“

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