Stellungnahme

Iberogast-Bericht: Bayer schreibt an Apotheker

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Berlin -

Am Wochenende wurde Bayer von einer Berichterstattung des Handelsblatts überrascht. Nach eigenen Angaben hat der Leverkusener Konzern erst aus der Presse erfahren, dass die Staatsanwaltschaft Köln wegen eines Todesfalls einer Patientin mit Leberschädigung ermittelt. Der Bericht hatte den Zusammenhang mit Bayers Magenmittel Iberogast hergestellt. Jetzt hat der Hersteller sich in einem Schreiben an die Apotheken gewandt und den Vorfall aus seiner Sicht eingeordnet. Kurzform: Bayer gibt Entwarnung.

Laut dem Handelsblatt-Bericht ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln „im Umfeld des Konzerns“ Bayer wegen Iberogast. Die Ermittlungsbehörde soll laut Bericht ein Gutachten in Auftrag gegeben haben, um einen Zusammenhang zwischen der Einnahme des Mittels und einem Todesfall im Jahr 2018 zu klären.

Bayer habe aus der Presse erfahren, dass in Bezug auf einen Todesfall in 2018 ermittelt werde, betont der Konzern in einer Stellungnahme, die an Apotheken verschickt wurde. Bei dem Fall habe eine Patientin eine Leberschädigung erlitten und sei an den Komplikationen einer nachfolgenden Lebertransplantation verstorben. „Das Ermittlungsverfahren richtet sich gegen ‚unbekannt‘.“ Einzelheiten des Verfahrens seien Bayer nicht bekannt, heißt es in dem Schreiben.

Bayer habe den erwähnten Fall, der im Zusammenhang mit der Einnahme von Iberogast aufgetreten sei, „intensiv und umfassend“ analysiert. Die Analyse habe gezeigt, dass dies „höchstwahrscheinlich eine idiosynkratische Reaktion war – eine äußerst seltene, dosisunabhängige Reaktion auf Substanzen, die in der Regel von Menschen sicher toleriert werden“.

Das medizinische Nutzen-Risiko-Verhältnis der Arzneimittel und Medizinprodukte von Bayer werde über den gesamten Produktlebenszyklus kontinuierlich neu bewertet, betont der Konzern weiter. „Iberogast ist ein zugelassenes klinisch geprüftes pflanzliches Medikament zur Behandlung von funktionellen Magen- und Darmbeschwerden wie Reizmagen und Reizdarm.“ Wie alle Arzneimitttel unterliege das Präparat einer ständigen routinemäßigen Sicherheitsüberwachung, die Daten aus Studien, Literatur und Anwendung durch Verbraucher einbeziehe.

Der Hersteller betont weiter, dass die Wirksamkeit und Sicherheit von Iberogast bei mehr als 7000 erwachsenen Teilnehmern in prospektiven klinischen Studien nachgewiesen und bei der Behandlung von mehr als 82 Millionen Patienten seit Markteinführung im Jahr 1960 bestätigt worden sei. „Das Nutzen-Risiko-Profil von Iberogast ist weiterhin positiv“, heißt es weiter.

Bayer weist zudem daraufhin, dass das Magenmittel eine „sehr geringe Schöllkraut-Dosis mit einer Alkaloid-Tagesdosis von 0,3 mg, was ungefähr 26-mal weniger als bei hochdosierten Schöllkraut-Präparaten mit mindestens 8 mg ist, die als lebertoxisch beschrieben wurden“ enthalte. „Dennoch wird aufgrund der enthaltenen Menge an Schöllkrautextrakt eine potenzielle leberschädigende Wirkung von Iberogast diskutiert.“

In toxikologischen Studien, mit 600-1200-mal höheren Dosen als die empfohlene Tagesdosis, habe sich für Iberogast keine akute oder chronische Toxizität gezeigt. Aus wissenschaftlichen Erkenntnissen sei kein dosisabhängiger Mechanismus bekannt aus dem sich eine toxische Wirkung von Iberogast auf die Leber ableiten lasse, heißt es. Zudem sei das Präparat hierzulande in den Therapieleitlinien der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften (AWMF) als wichtige Therapieoption für Funktionelle Dyspepsie und Reizdarmsyndrom aufgeführt.

Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) waren seit 2008 Meldungen zu unerwünschten Nebenwirkungen, insbesondere Leberschäden, in Zusammenhang mit Schöllkraut-haltigen Arzneimitteln aufgenommen worden. Die Behörde hatte auch von Bayer wiederholt eine Anpassung der Warnhinweise für das Magenmittel des Herstellers verlangt. Bayer hatte dagegen zunächst Widerspruch eingelegt und auf die Studienlage zu seinem Präparat verwiesen.

Der im Juli 2018 bekannt gewordene zweite Fall eines Leberversagens mit Lebertransplantation, der tödlich endete, machte die Umsetzung eines Warnhinweises für Iberogast unumgänglich. Bayer hatte damals darauf hingewiesen, dass bei der Patientin Vorerkrankungen bekannt seien, „die für den Krankheitsverlauf relevant sein könnten“. Die genauere Analyse hat der Konzern jetzt zitiert.

Im September 2018 hatte Dr. Christoph Theurer, Leiter Medizin Consumer Health bei Bayer, kommentiert, warum der Hersteller an Schöllkraut festhält: „Bayer hat ein wirksames und bei richtiger Anwendung gut verträgliches Arzneimittel im Markt. Wir stehen unverändert zu dem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis von Iberogast in den zugelassenen Indikationen. Es ergibt sich kein Grund, andere Maßnahmen zu ergreifen.“

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