Gefahr durch Pulverlöscher

Kleiner Brand, großer Schaden: Feuerlöscher kontaminiert Apotheke

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Berlin -

Brandschutz ist zweifelsohne unerlässlich – doch wer sich dabei nicht ausreichend informiert, kann im Ernstfall durch das Löschen mehr Schaden verursachen als das Feuer selbst. Das musste Inhaber Peter Dorfner schmerzhaft erfahren: Seine Rathaus-Apotheke in Neumarkt war wegen eines kleinen Kabelbrandes eine Woche lang geschlossen – nicht des Brandschadens wegen, sondern weil das Feuer mit einem Pulverfeuerlöscher die Offizin kontaminiert und die Hälfte der Freiwahlware zerstört hat.

„Wir hatten Glück im Unglück“, sagt Dorfner und meint damit nicht, dass das Feuer selbst weniger schlimm ausfiel als befürchtet – sondern dass die Schäden durch das Löschen hätten noch schlimmer sein können. „Eigentlich war es gar kein großer Brand“, sagt Dorfner. „Es wahrscheinlich nur ein kleiner Kabelbrand in einem beleuchteten Apotheken-A.“ Auch das kann natürlich fatale Folgen haben. Doch Dorfner hat gute Nachbarn. Die Gastronomie nebenan wird von einem guten Bekannten des Apothekers geführt. „Die saßen abends gegen neun draußen, als ein Gast gesehen hat, dass da etwas angefangen hat zu kokeln.“

Der Gastwirt reagierte sofort: Er drückte die Notdienstklappe auf und hielt mit dem Feuerlöscher auf den Brandherd. „Das Problem dabei ist, dass er einen Pulverlöscher verwendet hat und die Dinger sind wie die Pest.“ Das Löschmittel entzieht der Brandquelle Wärmeenergie und verhindert die Sauerstoffzufuhr, dadurch wird der Brand schlagartig abgelöscht und es kommt zu keiner Rückentzündung. Der Haken an der Sache: Dabei kommt ein hygroskopisches Salz zum Einsatz. Wird es unter großem Druck durch die Löschpistole befördert, breitet es sich schlagartig im ganzen Raum aus. Das führt nicht nur dazu, dass der Anwender nichts mehr sieht und das Salz zwangsläufig einatmet, sondern hinterlässt auch schwere Verunreinigungen. Das hygroskopische Salz kriecht in jede noch so kleine Öffnung, setzt sich dort fest und wirkt auf Metalloberflächen korrosiv.

Computer können dadurch selbst bei intensiver äußerer Reinigung Wochen oder Monate nach der Verwendung unbrauchbar werden: Das Pulver kriecht durch die Lüftungsschlitze und lässt sie von innen verrosten. Großer Beliebtheit erfreuen sich die Pulverlöscher der zerstörerischen Wirkung wegen auch bei Einbrechern: Denn das Salz lässt auch Spuren wie Fingerabdrücke verschwinden. Anfang 2019 beispielsweise hatte ein Einbrecher eine Dresdner Apotheke mit einem Feuerlöscher verwüstet und dabei einen Sachschaden von 12.000 Euro angerichtet. Eine Lieferung Arzneimittel für ein Altersheim wurde durch das hygroskopische Salz unbrauchbar.

Denn das Pulver kriecht nicht nur in Computer. Auch Verpackungen aus Pappe sind meist nicht luftdicht. Die Folge: „Die Hälfte unserer Freiwahl ist nicht mehr verkehrsfähig“, sagt Dorfner. Insgesamt belaufe sich der Schaden in der Apotheke auf einen hohen fünfstelligen Betrag. Den übernimmt zwar größtenteils die Versicherung, doch der Schaden war angerichtet, die Offizin musste intensiv grundgereinigt werden. „Finanziell ist das erst einmal kein großer Schaden, aber wir mussten deshalb eine Woche schließen und in der Zeit gehen die Kunden natürlich woanders hin.“

Dabei hätte es weitaus schlimmer kommen können, erklärt Dorfner. „Wir hatten Glück, denn durch den Luftstrom der Klimaanlage wurde die Ausbreitung der Wolke stark eingedämmt. Deshalb mussten wir nur einen relativ kleinen Teil entsorgen“, sagt er. Im hinteren Bereich habe es gereicht, Pulverrückstände abzusaugen. Es hätte also weit schlimmer kommen können: „In solchen Fällen müssen Apotheken manchmal komplett grundgereinigt werden und sind dann drei, vier Wochen geschlossen.“

Hätte sein Nachbar einen CO2- oder Schaumfeuerlöscher eingesetzt, wäre das Problem am nächsten Tag erledigt gewesen. „Aber wer setzt sich schon mit Feuerlöschern auseinander?“, fragt Dorfner. „Ich kann ihm da absolut keinen Vorwurf machen. Im Gegenteil, ich bin ihm ja sehr dankbar, dass er so schnell gehandelt hat.“ Der Inhaber zieht eine andere Lehre aus dem Vorfall. „Pulverfeuerlöscher müssen weg. Die sind zwar billig, aber sobald man sie verwendet, hat man ein Problem“, so Dorfner. „CO2- oder Schaumlöscher sind zwar etwas teurer – dafür aber geschäftsverträglicher.“

 

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