„Unnötige Hauruckaktion“

FFP2-Verteilung: Apotheken kalt erwischt

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Berlin -

Die Verteilung von FFP2-Masken an Risikopatienten hat viele Apotheken komplett überrascht. Bei einer aposcope-Umfrage gaben 97 Prozent der Teilnehmer an, dass man die Apotheken hätte früher informieren müssen. Viele Kollegen fühlen sich überrumpelt und wissen nicht, wie sie sich noch rechtzeitig vorbereiten sollen.

65 Prozent gaben an, dass das Thema der Abgabe von kostenlosen Masken ihre Apotheke kalt erwischt hat. Tritt die Verordnung wie geplant am 15. Dezember Kraft, ist die Vorbereitungszeit für die Apotheken zu kurz, finden neun von zehn Teilnehmern. 72 Prozent sind der Ansicht, dass die Abgabe kostenloser Masken an Risikopatienten im Dezember eine unnötige und ungeplante Hauruckaktion sei.

Den Erstattungspreis von 6 Euro je Maske halten 56 Prozent für angemessen, 28 Prozent aber für zu niedrig. Andererseits stimmen 57 Prozent der Aussage zu, dass der Betrag nicht kostendeckend ist, wenn man die Kosten für Maske und Beratung zusammenrechnet. 63 Prozent finden, dass die ganze Aktion ein betriebswirtschaftliches Risiko für die Apotheken ist.

Dass im Dezember das Honorar über den Nacht- und Notdienstfonds (NNF) über die Anzahl der Rx-Packungen zugewiesen werden soll, halten 24 Prozent für einen guten Kompromiss. 29 Prozent finden, dass es einfachere Wege gegeben hätte, 39 Prozent finden das Verfahren ungerecht, da es einige Apotheken benachteiligen wird. 63 Prozent finden, dass die 491 Millionen Euro angesichts des zu erwartenden Ansturms nicht ausreichen werden. Denn 76 Prozent rechnen damit, dass im Dezember mehr Masken kostenlos abgegeben werden, als über den NNF bezahlt werden können.

91 Prozent gehen davon aus, dass die Abgabe der Schutzmasken den normalen Geschäftsbetrieb beeinträchtigen wird. 44 Prozent haben noch nicht festgelegt, wie die Ausgabe organisiert wird, oder können dazu keine Angabe machen. 30 Prozent wollen sie in das Tagesgeschäft integrieren, weitere 9 Prozent wollen einen HV-Platz dafür blockieren.

11 Prozent wollen einen Seiten- oder Hintereingang nutzen, 5 Prozent wollen die Masken vor der Apotheke verteilen. 3 Prozent wollen die Masken durch die Notdienstklappe reichen, nur 2 Prozent planen eine Auslieferung nach Vorbestellung. 15 Prozent wollen Masken erst im Januar abgeben, wenn die Abrechnung über die Rechenzentren erfolgen kann.

Dass es zahllose telefonische Nachfragen geben wird, glauben nach den ersten Erfahrungen 85 Prozent. 83 Prozent gehen davon aus, dass viele Kunden mehrere Apotheken aufsuchen werden. Mit einem Ansturm in den ersten Stunden rechnen 75 Prozent, 63 Prozent gehen davon aus, dass die Vorräte innerhalb weniger Stunden aufgebraucht sein werden. Immerhin 58 Prozent rechnen außerdem mit Debatten über die Qualität der Ware.

45 Prozent der Befragten gab an, dass nur so viele Masken abgegeben werden, wie ihre Apotheke voraussichtlich vom NNF erstattet bekommt. Fast genau so viele wollen die Maske an jeden Kunden mit glaubhaftem Anspruch abgeben. 31 Prozent wollen Alter und Indikation streng kontrollieren. 28 Prozent gaben an, dass Angehörige nachweisen müssen, dass sie die Maske für einen Risikopatienten abholen. 29 Prozent wollen sich den Empfang quittieren lassen. 21 Prozent wollen Masken nur an Stammkunden abgeben.

52 Prozent treffen mit Blick auf den Ansturm noch keine besonderen Vorkehrungen oder können dazu noch keine Angaben machen. 25 Prozent beschäftigen sich mit der Personalplanung . 22 Prozent bereiten Poster und Aushänge vor, 20 Prozent wollen ein Wegeleitsystem implementieren. Sonderöffnungszeiten sind mit nur 2 Prozent kein Thema.

Wie wollen die Apotheken den Bedarf an FFP2-Masken decken? 38 Prozent haben schon vorbestellt, 25 Prozent wollen jetzt umgehend eine Großbestellung auslösen. 12 Prozent wollen regulär über Großhandel je nach Lagerstand bestellen, 5 Prozent haben nach eigenen Angaben ausreichend Masken an Lager. 20 Prozent konnten keine Angaben machen. Generell gaben 58 Prozent an, dass ihnen der Überblick über geeignete Bezugsquellen von FFP2-Masken fehlt.

84 Prozent rechnen damit, dass es zu Lieferengpässen kommen wird, 86 Prozent gehen davon aus, dass die Einkaufspreise steigen werden.

Die Erwartung, wie viele Masken pro Monat benötigt werden, gehen weit auseinander: 19 Prozent glauben, dass sie mit weniger als 500 Stück auskommen, 12 Prozent rechnen mit bis zu 1000 Stück. Die größte Gruppe mit 31 Prozent rechnet mit 1000 bis 2500 Masken pro Monat. Von bis zu 5000 Masken gehen 14 Prozent aus, weitere 15 Prozent von bis zu 10.000 Stück. 9 Prozent rechnen sogar damit, dass sie mehr als 10.000 Stück ausgeben werden.

Und wie wird die Aktion insgesamt bewertet? Nach Ansicht von 73 Prozent wird sie den Apotheken nur Diskussionen und Ärger einbringen und dem Ansehen der Apotheken schaden. Zwei von drei Teilnehmern fürchten, dass Warteschlangen vor der Apotheke zu steigenden Infektionszahlen führen werden.

Immerhin 74 Prozent finden, dass die Eigenbeteiligung von 2 Euro pro 6er-Pack ab Januar ein gutes Instrument ist, um die Nachfrage zu steuern – wobei 64 Prozent die Ausgabe fälschungssicherer Gutscheine über die Bundesdruckerei als übermäßigen Verwaltungsaufwand sehen.

Grundsätzlich halten 40 Prozent die Verteilung von kostenlosen oder vergünstigten Masken für eine sinnvolle Maßnahme zum Schutz von Risikopatienten. Genauso viele (38 Prozent) finden den Ansatz zwar gut, aber den Weg über die Apotheken falsch. 31 Prozent kritisieren den Schnellschuss: Die Verteilung ab Januar hätte genügt.

Und es gibt auch Kritik: 34 Prozent halten die Maßnahme für blinden Aktionismus und politisch motiviert. 26 Prozent finden es als falsches Signal, da es die Leute jetzt nach draußen treibt. 11 Prozent finden die ganze Aktion überflüssig, es seien genug Masken im Umlauf.

Die Abgabe von Schnelltests an Laien durch die Apotheke hätten 38 Prozent als sinnvollere Maßnahme im Kampf gegen die Pandemie gefunden, 57 Prozent stimmen dieser Aussage nicht zu.

An der aposcope-Umfrage nahmen am 10. Dezember insgesamt 306 verifizierte Apotheker*innen und PTA teil.

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