Medikationsmanagement

ARMIN mit Verspätung

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Berlin -

Eigentlich sollten Chroniker in Sachsen und Thüringen ihre Medikation seit Anfang des Jahres systematisch durch Ärzte und Apotheker erfassen und beurteilen lassen können. Doch es gibt Verzögerungen, weil nach wie vor nur einzelne Anbieter von Arzt-EDV mitziehen. Nun soll es erst gegen Jahresende, spätestens Anfang kommenden Jahres losgehen.

Schon der Start im vergangenen Juli verlief holprig. Nur mit einem von 180 Softwaresystemen der Ärzte war die Wirkstoffverordnung möglich. Im Herbst hatten dann insgesamt drei große Software-Anbieter die entsprechenden Schnittstellen in ihre Programme integriert und sich von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zertifizieren lassen. Seitdem soll es keine Neuzugänge mehr gegeben haben.

Aufgrund technischer Schwierigkeiten hätten sich Verzögerungen ergeben, räumte der sächsische Kammerpräsident Friedemann Schmidt am Wochenende im Interview mit der „Freien Presse“ ein. Tausende Apotheken und Ärzte müssten miteinander vernetzt werden, ebenso müsse der Datenschutz beachtet werden.

Auch mit der Zahl der beteiligten Ärzte sei er nicht zufrieden: 201 Mediziner sind in Sachsen für das Modell eingeschrieben, in Thüringen sind es derzeit 326. Schmidt kritisierte: „Diese Anzahl ist nicht befriedigend.“ Nach seinen Angaben müssten mehr Ärzte als Apotheken teilnehmen. Beide Seiten hätten wohl „Angst vor einer weiter ausartenden Bürokratie“, so Schmidt.

Bei den Apothekern sieht die Teilnehmerzahl besser aus: In Sachsen haben sich 446 Kollegen für das Modell eingeschrieben, das sind 45 Prozent der 996 Apotheken im Land. In Thüringen sind sogar 460 der 563 Apotheken dabei. Auch die Softwareanbieter sind flächendeckend dabei. Schon bei der Expopharm hatte der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands (DAV), kritisiert, dass ARMIN von den Hausärzten „sabotiert“ werde.

Die Initiatoren lassen sich derweil nicht beirren: Für Anfang Mai ist in Leipzig eine gemeinsame Informationsveranstaltung für Ärzte und Apotheker geplant, weitere Termine in Chemnitz und Dresden folgen im Laufe des Monats. Parallel bereiten die Projektbegleiter Seminare zum Medikationsmanagement vor: Zwei feste Termine gibt es bereits, insgesamt sind 16 Schulungen in kleiner Runde geplant. Aktuell wird außerdem der Server für den Medikationsplan bei der KBV installiert; in den kommenden Tagen soll die Freigabe folgen.

Für das Medikationsmanagement will die AOK Plus alle Versicherten anschreiben, die regelmäßig mehr als fünf Arzneimittel einnehmen. Das sind laut AOK-Chef Rainer Striebel 300.000 der insgesamt 2,7 Millionen Versicherten. Diese sollen künftig besonders intensiv beraten werden. In mehreren Schritten erstellen Arzt und Apotheker gemeinsam für den Patienten einen Medikationsplan, der kontinuierlich betreut wird.

Dafür erhalten Ärzte und Apotheker von der AOK Plus eine zusätzliche Vergütung: Alleine für den Erstaufwand können 94,50 Euro abgerechnet werden, danach 21 Euro Pro Patient und Quartal für die Betreuung. An diesen Beträgen hat sich seit Vertragsunterzeichnung nichts geändert. Pro Wirkstoffverordnung können die Apotheker bereits 20 Cent zusätzlich mit der AOK Plus abrechnen. Die Kasse erhofft sich eine Verbesserung der Rabattquote.

Laut Schmidt können die Kassen mit dem Programm im Endeffekt Geld sparen – schließlich ließen sich teure stationäre Behandlungen nach einer fehlerhaften Arzneimittelaufnahme vermeiden. Tatsächlich geht man bei der AOK Plus von einem mehrstelligen Millionenbetrag in der fünfjährigen Laufzeit des Projektes aus.

Unabhängig davon, wie hoch die entstehenden Kosten des Programms letztlich sein sollten, werde die Finanzierung der AOK Plus die „realen Kosten einer Mitarbeiter-Stunde in einer Apotheke“ abdecken, versprach Schmidt in dem Interview.

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