Rx-Versandverbot

Kassen offen für SPD-Kompromiss

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Berlin -

Der von den SPD-Gesundheitspolitikern Edgar Franke und Sabine Dittmar vorgeschlagene Kompromiss zum Streit um das Rx-Versandverbot stößt bei den Krankenkassen auf offene Ohren: „Jeder Vorschlag muss sich daran messen lassen, ob er den Versandhandel als eine der Säulen der Medikamentenversorgung weiterhin ermöglicht oder nicht“, so ein Sprecher des GKV-Spitzenverbandes.

Franke und Dittmar hatten vorgeschlagen, zur Schaffung gleichlanger Spieße für deutsche und ausländische Apotheken Boni bis zu einem Euro zuzulassen. Nach zwei Jahren soll Bilanz gezogen und das Honorar auf neue Füße gestellt werden. Nach einem EuGH-Urteil finde in Deutschland kein fairer Wettbewerb statt, da ausländische Versandapotheken nicht mehr an die einheitlichen Apothekenabgabepreise gebunden seien, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

„Nach meinem Verständnis muss man den Urteilsspruch immer im Zusammenhang mit seiner Begründung lesen“, heißt es beim GKV-Spitzenverband weiter: „Die EuGH-Richter bleiben eng an der Frage, ob eine Boni-Zahlung wettbewerbskonform ist oder nicht.“ Laut EuGH bräuchten die europäischen Versandapotheken diese Boni, um in einen fairen Wettbewerb mit den inländischen Apotheken treten zu können, „die ja ganz andere Möglichkeiten einer Kundenbindung haben“.

Für die Forderung einzelner deutscher Apotheker, Boni-Zahlungen von ausländischen Versandapotheken an Kunden als Verstoß gegen den Rahmenvertrag zu werten, gebe es daher keine rechtliche Grundlage. Daher werde der GKV-Spitzenverband „ausländische Versandapotheken, die Boni an ihre Kunden ausschütten, nicht sanktionieren“, so Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorsitzender des Kassenverbandes.

Gerade weil der EuGH Boni als nahezu einziges Instrument für ausländische Versandapotheken einstufe, um im Wettbewerb mit Präsenzapotheken in Deutschland bestehen zu können, „sehen wir keine Basis für Sanktionen“, sagte Stackelberg, „im Gegenteil – ein solcher Schritt würde dem Ziel der EuGH-Richter für Wettbewerb zwischen Versand- und Präsenzapotheken zu sorgen, geradezu entgegenstehen“.

Nach Ansicht des GKV-Spitzenverbandes muss der Gesetzgeber „zeitnah entscheiden, welche Leitplanken er nach dem EuGH-Urteil im Sozialgesetzbuch setzen will“. Danach werde sich zeigen, ob und wenn ja, wie der Rahmenvertrag zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Apothekerschaft anzupassen sei. Es bleibe bei der Aussage: „Den Versandhandel im digitalen Zeitalter komplett verbieten zu wollen, geht an den Verbraucherbedürfnissen vorbei“, so Stackelberg.

Unklar bleibt derweil der weitere Beratungsablauf: Gröhes Gesetzentwurf für das Rx-Versandverbot befindet sich in der Ressortabstimmung. Bis Mitte März soll das Verfahren abgeschlossen sein. Bedenken bestehen nach wie vor im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi). Gegenüber APOTHEKE ADHOC teilte das Ministerium dazu mit: „Das federführende BMG hat einen Vorschlag vorgelegt wie das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.10.2016 umgesetzt werden könnte. Die Gespräche hierzu laufen.“

Weil sich Union und SPD bislang nicht einigen konnten, wurde auch die Anhörung zum Rx-Versandverbotantrag der Fraktion Die Linke verschoben. Ursprünglich sollte dafür am 14. Februar ein Termin im Gesundheitsausschuss festgelegt werden. Jetzt steht die Terminierung erneut am 7. März auf der Sitzung der Ausschuss-Obleute von CDU/CSU und SPD.

Im Hintergrund laufen die Verhandlungen auf Hochtouren: Da auch die Beratung des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) wegen des Streits um die Vertraulichkeit der Erstattungspreise vertagt wurde, gibt es nicht nur einen zeitlichen Zusammenhang beider Gesetzes. Möglicherweise könnte ein Verzicht auf die von der Pharmaindustrie geforderte Vertraulichkeit ein Ja der SPD zum Rx-Versandverbot als Tauschgeschäft erleichtern.

Derweil wird die Zeit für die Verabschiedung eines Rx-Versandverbots immer knapper. Das Kabinett müsste bis Ende März eine Gesetzentwurf beschließen, der zur Notifizierung nach Brüssel geschickt werden kann. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben dann maximal sechs Monate Zeit für Einwände. So lange darf das Gesetz in Deutschland nicht in Kraft treten. Es könnte aber trotzdem vom Bundestag bis zur Sommerpause beschlossen werden. Mit seiner Unterschrift müsste der neue Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aber auf das Ja der EU warten.

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