Nordrhein

Rüddel: Andere statt mehr Vergütung

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Bonn -

Die Diskussion um das Apothekenhonorar stand auch beim diesjährigen „Zukunftskongress öffentliche Apotheke“ des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR) auf der Tagesordnung. Während Verbandschef Thomas Preis kritisierte, die Apotheken würden von der Einkommensituation in Deutschland vollkommen abgekoppelt, betonte CDU-Politiker Erwin Rüddel, es sei nicht an der Zeit, über eine Erhöhung der Vergütung zu diskutieren. Stattdessen wurde über alternative Vergütungsmodelle gesprochen.

Auf Preis’ Forderung nach einer jährlichen Überprüfung des Apothekenhonorars erwiderte Rüddel, dass es bereits 2013 Anpassungen gegeben habe und dass die Notdienstpauschale eingeführt worden sei. Die Kritik, dass diese keine Erhöhung der Gesamtvergütung darstelle, konnte er nicht nachvollziehen: „Man muss das alles im Paket sehen.“

Im Moment gebe es relativ stabile wirtschaftliche Verhältnisse und eine geringe Inflationsrate, begründete Rüddel seine Absage an die Honorarforderungen der Apotheker. Zudem sei im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) ein wichtiger Aspekt bereits aufgegriffen worden: „Ich könnte mir vorstellen, dass Ihnen, wenn es keine Nullretax mehr gibt, mehr geholfen ist als mit einer kleinen prozentuale Erhöhung“, meinte Rüddel.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Maria Klein-Schmeink, forderte, das ganze Honorarsystem zu überdenken – gerade mit Blick auf die Frage, wie die Apotheke der Zukunft aussehe und wie das abgesichert werden könne. „Dazu brauchen wir ganz neues Modell, eine Kombinatiom aus einem Fixkosten-bezogenen und einem Beratungsanteil”, so Klein-Schmeink. Die Entwicklung einer neuen Struktur könnte aus ihrer Sicht etwa der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen übernehmen. Der hatte zuletzt die Aufhebung der Festpreise und die Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes vorgeschlagen.

„Man braucht gute Beratungsleistung, und da sehe ich die Apotheker an vorderster Front“, so Rüddel. Das ganze Gesundheitssystem sei im Umbruch und man versuche, es durch die Delegation von ärztlicher Leistung zu festigen. Dabei müsse die Rolle der Apotheke im Beratungsystem gestärkt werden. Für dieses Mehr an Beratungsleistung, Kompetenz und Verantwortung kann er sich auch ein Mehr an Vergütung vorstellen: „Wenn ich zusätzliche Leistungen von Ihnen erwarte, dann ist für mich klar, dass diese zusätzliche Leistung auch honoriert werden muss.“ Statt einer pauschal höheren Vergütung sei es sinnvoller, bessere Leistungen besser zu honorieren.

Kathrin Vogler, Arzneimittelexpertin der Linken, will die Beratung zur Grundlage der Honorierung machen: „Ich möchte nicht, dass Ihr Honorar davon abhängt, dass sie Menschen, die ohnehin schon zu viel nehmen, noch was überhelfen, sondern auch davon, Menschen zu empfehlen, weniger Arzneimittel zu nehmen.“

Den Vorschlag eines Honorars für die Beratung begrüßte Preis. Mit Blick auf den Nacht- und Notdienstfonds erklärte der Verbandschef, es sei ein positiver Ansatz, die besondere Belastung der Apotheken mit einem Zuschuss zu würdigen. Für die komplexe Beratung in der Apotheke könne er sich eine Regelung mit Morbiditätsbezug und dem Packungsbezug als Hilfsgröße vorstellen.

Demgegenüber zeigte sich Dr. Andreas Kiefer, Präsident der BUndesapothekerkammer (BAK), offen: Es gebe viel Arbeit und die Apotheken stünden bereit, diese Arbeit zu leisten – „aber das muss bezahlt werden“, betonte er. Über eine beratungsbezogene Vergütung nachzudenken, sei ein Ansatz.

Ein zweites großes Thema waren Nullretaxationen. Preis forderte eine Anpassung im GKV-VSG, um nicht nur Vollabsetzungen bei Formfehlern zu verhindern, sondern auch bei fehlerhafter Belieferung von Rabattverträgen zumindest die Möglichkeit zur Heilung zu erhalten. Es sei ein großer Ärger, wenn Rechnungen nicht bezahlt würden, obwohl der Patient im medizinischen Sinne korrekt versorgt worden sei. „Das führt zu großer Verunsicherung bei den Apothekern“, so Preis.

Rüddel erklärte, das Thema Nullretaxationen habe in der Klausurtagung der Arbeitsgruppe Gesundheit zum Gesetzgebungsverfahren am Freitag eine wichtige Rolle gespielt. Auf Details der nicht-öffentlichen Sitzung wollte er nicht eingehen, merkte aber an, er könne sich vorstellen, dass dieser Aspekt in Änderungsvorschlägen zum GKV-VSG weiter geklärt werde. „Bei mir ist angekommen, dass es noch ein Ticken mehr sein könnte, um Sie vor wirtschaftlichen Konsequenzen zu schützen“, so Rüddel. Mit Blick auf die Ärzte, mit denen vor einem Regress Gespräche geführt werden, erklärte der CDU-Politiker, eine ähnliche Regelung könne er sich für Apotheken vorstellen.

Mit Blick auf die Freigabe des Notfallkontrazeptivums EllaONe (Ulipristal) durch die EU-Kommission kritisierte Preis die Haltung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG): „Die Verbraucher erwarten eine klare Antwort in der öffentlichen Apotheke – aber wir kriegen vom BMG keine klare Antwort.“ Inzwischen sei klar, dass sich Apotheker nach der Kennzeichnung der Packung zu richten hätten. „Aber wir müssen erwarten, dass ein hochgerüstetes und kompetentes Ministerium schnell eine Entscheidung trifft.“

Die Oppositionspolitikerinnen kritisierten das Verhalten der Regierung zur Freigabe der „Pille danach“: „Sie hätten schon etwas vorbereiten können, so überraschend war die Entscheidung der EU-Kommission auch nicht“, meinte Vogler. Und Klein-Schmeink meinte, das Verfahren habe einige Dinge deutlich gemacht, etwa das mangelnde Vertrauen in die Apotheker.

Mit dem Verweis darauf, dass die CDU nun „wieder sprachfähig zu dem Thema“ sei, erklärte Rüddel, er sei froh, dass die Sache entschieden sei, und wolle keine Vergangenheitsbewältigung machen. „Ich bekenne ganz offen, dass das keine Glanzleistung der CDU war.“ Die Entwicklung hätte schon vor mehreren Monaten in eine andere Richtung gelenkt werden können. „Jetzt sind wir da, was soll ich versuchen, etwas großartig darzustellen, was ich selbst nicht so einschätze.“ Abschließend betonte er, dass er die Apotheken für kompetent halte und überzeugt sei, dass sie auf die anstehende Aufgabe vorbereitet seien.

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